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Karneval in Zerbst Kleinster Rosenmontagsumzug Deutschlands in Reuden

Seinem Ruf als kleinster Rosenmontagsumzug des Landes wird Reuden/Anhalt wieder gerecht. Statt Absage gibt es ein Karnevalsgefährt. Warum die Tradition fortgesetzt wird.

Von Petra Wiese 14.02.2024, 08:00
Achim und Kerstin Stier fuhren den einzigen Umzugswagen durch Reuden/Anhalt am Rosenmontag.
Achim und Kerstin Stier fuhren den einzigen Umzugswagen durch Reuden/Anhalt am Rosenmontag. Foto: Petra Wiese

Reuden/Anhalt. - Mit einer Absage des Rosenmontagsumzuges wollten sich Achim und Kerstin Stier nicht zufrieden geben. Die langjährige Tradition in Reuden/Anhalt sollte auch in diesem Jahr nicht sterben. Das Paar war seit Jahren mit dabei im mal kürzer oder mal längeren Karnevalstross durch das Dorf. „Unser sechstes Mal“, weiß Kerstin Stier es genau.

Eigentlich wollte auch Martin Lindemann dabei sein, sein Gefährt war wohl auch schon vorbereitet, aber er fiel krankheitsbedingt aus. Dann sollten die Stiers in diesem Jahr eben Alleinunterhalter sein. Mit dem einzigen Wagen wurde Reuden dem Anspruch gerecht, den kleinsten Rosenmontagsumzug des Landes zu präsentieren.

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Irritiert von der Absage der Veranstaltung fehlte denn auch das breite Publikum. Nur etwas mehr als 20 Reudener kamen zum Treffpunkt am Dorfplatz. Da wurde zunächst der Wagen begutachtet. Achim Stier hatte seinen Lanz Aulendorf, Baujahr 1957, angespannt. Der Wagen dahinter bot ein buntes Bild in überwiegend Blau mit Girlanden und Luftschlangen und vielen kleinen Spielzeugtrollfiguren.

Kritik an der Ampelregierung

Hingucker war eine selbstgebaute Ampel beziehungsweise eine „Hampelampel“. Daumen hoch oder der Stinkefinger ließen sich wie bei einer Marionette in die Höhe strecken. Damit war das Motto des Wagens und damit des Reudener Umzuges klar: Die Ampelregierung wurde aufs Korn genommen. Drei Tage habe er daran herumgebastelt, erzählte Achim Stier. Auch die Schriftzüge am Wagen waren dem Motto angepasst.

Bei der Deko waren die Nachbarn eingesprungen, so Kerstin Stier. Die fragen immer, ob sie etwas brauche, und so werde das ganze Jahr über gesammelt. Spielzeug und Süßigkeiten hat Kerstin Stier unter ihre Sitzbank auf den Wagen geladen. Die Musik wurde auch noch kurzfristig in Gang gebracht, und so konnte es losgehen.

Eine Runde um die Dorfkirche in Reuden

Eine Runde die Zipsdorfer Straße rauf und wieder runter fuhr das Gefährt von den wenigen Reudenern begleitet. Zwei Jungs sammelten eifrig auf, was geflogen kam. Ein paar Haustüren gingen auf und grüßten die Umzügler. Dass nur ein Wagen am Rosenmontag unterwegs ist, kam schon mal vor. Das war im Corona-Jahr beim Lockdown, als Martin Lindemann die Fahne hoch hielt.

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Seine Frau sei der Faschingsfan, so Achim Stier, „ich mache mit“. Jedes Jahr fährt der 63-Jährige den alten Traktor, der sonst immer noch zum Trecker-Treffen nach Medewitz fährt oder zu Hause für kleine Arbeiten zum Einsatz kommt, vor. „Weil es Spaß macht“, sagt Kerstin Stier über ihre Rosenmontagsfreude. Die 57-jährige Krankenschwester mag das Verkleiden und, „dass man Leute trifft“. „Ich kann dem Dorf was Gutes tun“, freut sie sich. Sie stammt eigentlich aus Sachsen. Seit sechs Jahren sind die beiden ein Paar. Achim Stier ist eigentlich Hannoveraner und kam vor 22 Jahren nach Reuden, wo er sich sehr wohl fühlt.

Erster Rosenmontagsumzug in Reuden war 1994

Schade, dass der Rosenmontagsumzug so wenig Beachtung fand, ließ auch das Fußvolk durchblicken. Dass hinterher keine Gastronomie sein würde, wäre wohl weniger das Problem gewesen. Den ersten Rosenmontagsumzug in Reuden gab es übrigens im Februar 1994.

Damals war die Initiative vom Biker-Café „Tequila Drive“ und dem Motorradclub „Kaktusblüte“ ausgegangen. Es gab dann Jahre, wo die Gaststätte „Zur alten Waage“ Ausgangs- und Endpunkt des Umzuges war und hinterher zünftig gefeiert wurde.

Im vergangenen Jahr hatte der Ortschaftsrat den Rosenmontag organisiert, und es wurde im Festzelt auf dem Dorfplatz gefeiert. 2023 hatte es auch noch ein Prinzenpaar gegeben, das im Umzug gefahren wurde.