Weitere Schiffswerften entstehen in Altenplathow / Neben Neubauten und Reparaturen auch Ausflugsfahrten im Angebot Adolph Schütze gründet 1885 die erste Werft in Genthin
Der Schiffswerft am Plauer Kanal ließ die Stadt Genthin 1921 eine besondere Ehre zuteil werden. Notgeld mit einer Abbildung der Werft wurde herausgegeben. Die Umschrift lautete: "Wo sich Männer finden, die für Ehr und Recht mutig sich verbinden, weilt ein frei Geschlecht."
Genthin l In den Jahren von 1865 bis 1872 wurde der Ihlekanal gebaut und gleichzeitig an den Plauer Kanal angeschlossen. Der Kanal zweigte bei Seedorf vom Plauer Kanal ab und verlief bis Burg im Tal der Ihle und mündet bei Niegripp in die Elbe. Er wurde auf Drängen der Stadt Burg gebaut, die den Wunsch hatte, an das Wasserstraßennetz angeschlossen zu werden, um so eine Möglichkeit zu bekommen, ihre erzeugten Güter nach Berlin und ins Umland abzusetzen.
Als der Kanal gebaut war, erhöhte sich der Schiffs- und Güterverkehr zwischen dem Plauer See und der Elbe um das Doppelte. Das wiederum hatte auch große Vorteile für die Stadt Genthin. Nun war die Möglichkeit gegeben, einen ganz neuen Zweig des Handwerks anzusiedeln.
Im Jahre 1885 gründete der Schiffsbaumeister Adolph Schütze in der Hafenstraße 5 am Plauer Kanal die erste Schiffswerft. Er ließ ein großes Hafenbecken ausheben, um mehrere Schiffe zur Reparatur anzunehmen, auch Neubauten von hölzernen und eisernen Kähnen standen auf seinem Programm. Es war auch eine Slipanlage mit Wagenaufzug vorhanden. Die Werft besaß eine Reparaturhelling mit einer Kapazität von drei Schiffen und eine Neubauhelling. Aber auch Kähne wurden hier abgewrackt, und das gewonnene Holz wurde an die Bevölkerung verkauft. Denn es handelte sich ja um Holzkähne, da das Eisen erst langsam im Schiffsbau Einzug hielt.
Aber noch lange, bis in die vierziger Jahre, hielten die Schiffseigner an dem Holzboden im Schiffsbau fest, obwohl Schiffe, die in der später sich durchsetzenden Kompositbauweise Metallplanken hatten, auch das Deck war aus Metall. Gleichzeitig kam auf dem Elbe-Havel-Kanal die Schleppschifffahrt zum Tragen. Im Adress- und Auskunftsbuch der Stadt Genthin von 1900 wurden die Schiffer, die einen Schleppkahn besaßen, als Schiffseigner, die aber einen Schleppdampfer besaßen, als Dampfschiffsbesitzer aufgeführt, um so die Unterschiede deutlich zu machen. Dass man die Dampfmaschine für den Transport auf dem Wasser benutzte, war ja in dem Gründungsjahr der Werft Schütze zum Teil noch in den Anfängen. Das erste Personendampfschiff wurde als Heckraddampfer auf der Elbe zwischen Hamburg und Dresden im Jahre 1836 eingesetzt.
Auch die Werft musste sich den Aufgaben stellen, sollte ein Dampfer zur Reparatur angemeldet sein. Aber für Neubauten war die Brandenburger Werft Weimann die richtige Adresse. Im Jahre 1920 erhielt die Werft Schütze von der Regierung einen Bauauftrag für drei Schleppkähne, die als Reparationsleistung an Frankreich abgeliefert werden mussten. Nach ihrer Fertigstellung überführten sie Werftangehörige über Hamburg nach Bremerhafen. Auch der Bau von Motorschiffen war ein fester Bestandteil des Produktionsprogramms der Werft.
Als die Kriegsführung im Dritten Reich die Invasion auf England unter dem Stichwort "Seelöwe" plante, bekam auch die Schiffswerft vom Marine- konstruktionsamt einen Auftrag. Es mussten zwei Schleppkähne zu Fährprämen umgebaut werden. Der Steven wurde entfernt und eine mechanisch absenkbare Bugklappe musste eingebaut werden. Das Unternehmen "Seelöwe" fand nicht statt. Wo die Schiffe abgeblieben sind, ist mir nicht bekannt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, wo die ganze Wirtschaft am Boden lag, war es ein Umsiedler, der bei Schiffsbaumeister Schütze Arbeit gefunden hatte, und Stellmacher von Beruf war, der nun die viel begehrten Handwagen baute. Er reparierte auch Panjewagen, das waren Pferdewagen der Roten Armee. Die Handwagen wurden zur Lebensnotwendigkeit. Brauchte man Brennholz aus dem Wald oder bekam man ein paar Kartoffeln, immer musste man ein Fahrzeug haben.
Nach dem Kriege hatte vor allen Dingen der Reparatursektor Hochkonjunktur. Aber das hohe Belegschaftsalter und auch im Schiffsbausektor restriktive Maßnahmen führten zur Schließung der Werft im Jahre 1960. Drei Jahre nutzte noch die sich auf dem großen Gelände neben der Werft gebildete Schrottsammelstelle den Hafen und die Slipanlage zur Verschrottung von Schiffen, besser gesagt Kähnen.
Die Stadt Genthin ließ der Schiffswerft eine ganz besondere Ehre zuteil werden. Im Jahre 1921, am 1. Juli, gab die Stadt mit der Abbildung der Schiffswerft Schütze Notgeld im Wert von 50 Pfennigen und kurze Zeit später einen 500 000 Markschein mit gleicher Abbildung heraus. Beide Scheine hatten die Umschrift "Wo sich Männer finden, die für Ehr und Recht mutig sich verbinden, weilt ein frei Geschlecht".
Das war nicht die einzige Schiffswerft, die Genthin hatte. Aber keine lag so günstig am Plauer Kanal. Am Seedorfer Weg baute Otto Habedank 1894 eine große Schiffswerft mit eigenem Hafen, der zur Wasserseite mit einer Schwimmbrücke verschlossen war. Das Gleiche war auch am Hafen von der Werft Schütze. Es war Vorschrift, damit man ungehindert den Treidelweg benutzen konnte. Er baute eine Slipanlage und auf der Helling war Platz für drei Schiffe. Später kam noch ein Teilhaber dazu und von nun an hieß die Werft Habedank und Gröpler. Zu Glanzzeiten hatte die Werft 50 Schiffbauer in Lohn und Brot. Die Werft hat den Krieg überlebt. Sie hat in den 70er Jahren aufgehört zu bestehen. Später wurde der See- und Motorstützpunkt der GST (Gesellschaft für Sport und Technik) daraus.
Nur etwa 500 Meter von dieser Werft entfernt gründete Heinrich Marwitz noch eine Schiffswerft. Diese hatte keinen eigenen Hafen. Die Werft nutzte das Kanalufer, um Schiffe an Land mit einem Wagenaufzug (Slipanlage) zu ziehen. Auch war die Werft kleiner und nicht so gut ausgerüstet wie der Nachbar Habedank und Gröpler. Heinrich Marwitz konnte aber, wie er in einem Inserat mitteilte, das er im Adressbuch der Stadt Genthin und des Kreises Jerichow II von 1925 aufgegeben hatte, Neubauten und Reparaturen von eisernen und hölzernen Flussfahrzeugen, die Anfertigung von Wohnschiffen und dergleichen durchführen.
Das alles änderte sich um 1930, als der Plauer Kanal begradigt wurde und die Insel in Altenplathow entstand. Nun lagen beide Werften nicht mehr an der neuen Wasserstraße. Sie lagen am Altarm oder Nebenarm. Nun musste man schon Bescheid wissen, wenn man sie aufsuchen wollte. Anders bei der Schiffswerft Schütze, die nach wie vor günstig an der befahrenen Wasserstraße lag. An der Brücke am Wasserturm hatte sich der Bootsbauer Stübing seinen Liegeplatz gesichert. Er verlieh Ruder- und Paddelboote, baute diese auch. Im Adressbuch der Stadt Genthin und des Kreises Jerichow II von 1925 inserierte er "Gustav Stübing, Genthin, Fernsprecher 522, Poststraße 4, Bootsbau und Verleihgeschäft, Anfertigung sämtlicher Boote, wie Ruderboote, Motorboote, Paddelboote, Kanadier, Bootsstand Genthiner Brücke". Aber das war nicht alles. Er fuhr im Sommer jeden Sonntag von Genthin nach Seedorf zur Gaststätte Feind und machte Ausflugsfahrten auf Bestellung.
Auch die Schiffswerft Habedank und Gröpler führte diese Fahrten durch, aber in weit größerem Stil. Sie bot Möglichkeiten für Ausflüge bis zu 150 Personen für Vereine und so weiter an.
Mit dem Zweiten Weltkrieg wurden auch all diese Möglichkeiten langsam eingestellt. Die Werft Marwitz hat den Krieg nicht überlebt. Auch die Technik auf der Wasserstraße hat sich rasant verändert. Das Stoßboot gibt es nicht mehr. Der Z-Antrieb, der in Genthin entwickelt wurde, gehört der Vergangenheit an. Seit 1960 bestimmt neben den immer größeren Motorschiffen die Schubbooteinheit von 150 Meter Länge das Bild auf der Wasserstraße. Es gibt nur noch eine Schiffswerft in Genthint, die sich auf dem ehemaligen Gelände des Wasserbauamtes 1955 bis 1960 etabliert hat.