HSB und Nationalpark weisen BUND-Forderungen zurück / Verkehrsminister Daehre kündigt besseren technischen Brandschutz an Plötzlich sind Dieselloks zum Brocken keine Alternative mehr
Dampflokomotiven, die statt von Kohle mit Hilfe von Öl angetrieben werden, HSB-Freifahrten für Ranger und die doppelte Forderung an den Nationalpark, den Wald dort besser "aufzuräumen". Nach der Brandserie im Schutzgebiet entlang der Brockenbahngleise ist die seit Jahren inhaltlich festgefahrene Debatte in Bewegung geraten. Nur bei den Dieselloks gibt es einen Rückzieher, sogar vom Minister.
Wernigerode. Am kommenden Mittwoch, so heißt es aus dem Magdeburger Verkehrsministerium, kommen die Themen Harzer Schmalspurbahnen (HSB) und Nationalpark Harz, Brandschutz der Dampfrösser und die Waldbrandserie entlang der Brockenbahnstrecke im Schutzgebiet zur Sprache.
Karl-Heinz Daehre hatte jüngst am Brockenstammtisch einen verbesserten technischen Brandschutz angekündigt. Mit HSB-Verantwortlichen sei er sich darin einig, dass der Maschenabstand der sogenannten Funkensiebe von vier auf drei Millimeter verringert werden solle. Das bedeute einen um 25 Prozent höheren Brandschutz, so der Minister.
Auf dem Harzgipfel forderte der CDU-Politiker zugleich vom Nationalpark, dieser möge entlang der Gleise für einen besser aufgeräumten Wald sorgen, auch das trage dazu bei, die Brandgefahr zu verringern.
Dass bei extremer Hitze die Dampfrösser durch Dieselloks ersetzt werden sollen, diese Forderung erhob der Politiker allerdings nicht. Dabei hatte es wenige Tage zuvor aus seinem Verkehrsministerium auf Nachfrage noch geheißen: "Falls keine technischen Möglichkeiten bestehen, die Risiken wirkungsvoll zu minimieren, sehen wir im vorübergehenden Einsatz von Dieselloks eine Alternative."
Drei-Millimeter-Siebe bereits in neun Loks
Karl-Heinz Daehre, von der Volksstimme befragt, warum er den Einsatz von Dieselloks in Hitzeperioden mit keinem Wort erwähnt habe: "Weil es dafür keine Veranlassung gibt."
Die Harzer Schmalspurbahnen gaben eine Übersicht zum aktuellen Brandschutz ihrer Dampflokomotiven. Laut Sprecher Dirk Bahnsen gehörten 17 sogenannte Neubauloks zum Bestand, davon seien derzeit sieben Fahrzeuge außer Betrieb. Zwei der fahrbereiten HSB-Dampfrösser wiesen Funkensiebe mit einer Maschenweite von vier Millimetern auf, immerhin acht solcher Lokomotiven seien bereits nach ihrer Hauptuntersuchung (dort mit erneuertem Rahmen und Zylindern versehen) mit den Drei-Millimeter-Sieben ausgestattet worden, listete Bahnsen im Volksstimme-Gespräch auf. Selbst von den drei historischen Mallet-Lokomotiven fahre eine erste mit dem engmaschigeren Funkensieb.
Verwundert reagierten unterdessen Harzer Schmalspurbahnen und die Verwaltung des Nationalparks auf Forderungen des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Für die Harzer Kreisgruppe hatte Ulrich Kasten mitgeteilt, sofort sollen die Nationalparkmitarbeiter im Dienst wieder die Züge der Brockenbahn unentgeltlich benutzen dürfen; dies verbessere die Kooperation und trage zur Brandsicherheit bei.
Die HSB erklärte, diese Regelung gäbe es seit langem – übrigens auch für die Mitarbeiter anderer Institutionen auf dem Harzgipfel – darum wäre diese Forderung hinfällig. Für den Nationalpark teilte Friedhart Knolle mit, bahnfahrende Ranger allein würden die Brandgefahr wohl kaum verringern können. Stattdessen werde von der Leitung des Schutzgebietes favorisiert, in extremen Hitzeperioden das bereits einmal bewährte gemeinsame Streckenbegehen wieder aufzunehmen.
Freie Zugfahrten kein Schutz vor Flammen
Dem BUND-Vorstoß, an besonders brandgefährdeten Abschnitten im Nationalpark sollte ein Brandschutzstreifen angelegt werden, erteilte Knolle ebenso eine Abfuhr: "Die Forderung nach weiteren Brandschutzstreifen halten wir für wenig zielführend. Angesichts der mehrere Hektar großen Waldverluste, die wir schon wegen der Brände in diesem Sommer hatten, wäre es nicht der richtige Weg, weiteren Wald zu zerstören." Zumal dies nichts am eigentlichen Problem verbessern würde, nämlich der Technik der Loks, schätzte der Nationalparksprecher ein. Aus Gesprächen mit der HSB wisse er, dass es für diese Auffassung Verständnis gebe.
Nationalpark-Chef Andreas Pusch sagte im Volksstimme-Gespräch, er hege große Sympathien für ölgefeuerte Dampflokomotiven. Bekanntlich gehe von diesen Schienenfahrzeugen keine Brandgefahr aus, weil es dort keinen Funkenflug geben könne. Der Volksstimme-Leser Helmut Bendel hatte in seiner Zuschrift angeregt, die bereits einmal bei der HSB praktizierte Ölfeuerung wieder einzuführen. Der promovierte Ingenieur und frühere Reichsbahner aus Wernigerode hatte zudem darauf hingewiesen, dass auch die Zittauer Schmalspurbahn eine Lok entsprechend habe umbauen lassen.
Ölfeuerung technisch kein Problem, aber …
Ja, so bestätigte HSB-Sprecher Dirk Bahnsen, von 1976 bis 1984 seien die Dampfloks im Harz mit (Schwer-) Öl befeuert, dann jedoch wieder auf die traditionelle Kohle-Rost-Feuerung umgerüstet worden. Die DDR-Devisenknappheit war seinerzeit der Grund dafür. Technisch sei eine erneute Umrüstung auf eine Leichtölfeuerung möglich. Allerdings sei diese wohl noch nicht bis ins letzte Detail ausgereift, schätzte der Sprecher ein. Auch bei der HSB habe man "überwiegend gute Erfahrungen gemacht, bis hin zur Leistungssteigerung der Dampfloks." Genau das sei wohl das entscheidende Problem, so Bahnsen: "Es hat vermehrt Kesselschäden gegeben." Auch die Zittauer Öl-Dampflok würde (deswegen?) bereits seit Jahren nicht mehr in Betrieb sein.
Umbaukosten von bis zu 250 000 Euro pro Lok sowie weitere Investitionen beispielsweise in ein Tankstellennetz an der HSB-Strecke seien im Falle einer Entscheidung zugunsten von ölgefeuerten Lokomotiven ebenfalls zu beachten. Bahnsen: "Wir müssen uns in der Waldbrand-Debatte stets die Frage stellen. Stehen der technische und der finanzielle Aufwand in einem vertretbaren Verhältnis?"Übrigens