Sprunghafter Anstieg der Flüge geht auf Fehler in der Statistik zurück / Ausbaugegner kritisieren "Zahlenspiele" Stadt verrechnet sich bei Fliegern am Flugplatz
Magdeburg. Neuer Streit um den Magdeburger Flugplatz: Landtagsabgeordneter und Grünen-Stadtrat Olaf Meister wirft der Stadtverwaltung vor, sich in der Statistik für Starts und Landungen gründlich verrechnet zu haben. Brisant: Die Zahlen flossen in ein Papier der Stadt pro Flugplatzausbau ein.
Für heftigen Streit sorgen die Ausbaupläne für den Flugplatz in Magdeburg-Süd schon immer. Entsprechend fiel im Stadtrat auch die Kritik an einem neuen Untersuchungsbericht zum Ausbaubedarf im Juni dieses Jahres aus. "Besonders auffällig in der Vorlage war der sprunghafte Anstieg der Motorflüge von 13 239 im Jahr 2011 auf 31 722 im Jahr 2012", sagt Grünen-Stadtrat und Ausbaugegner Olaf Meister.
Dieser starke Anstieg um mehr als das Doppelte "macht stutzig", so Meister: "Denn bei mehr als 15 000 Flügen pro Jahr hätten am Verkehrslandeplatz schon längst Lärmschutzmaßnahmen ergriffen werden müssen. Dies ist aber nicht erfolgt."
Der Grünen-Politiker stellte eine Kleine Anfrage an die Landesregierung (das Land führt selbst eine Flugstatistik), um Klarheit zu schaffen - und erhielt eine überraschende Antwort. "Die Landesregierung geht von einem simplen Rechenfehler der Magdeburger Verwaltung aus." Tatsächlich sei die Zahl der Motorflüge auf knapp 12 000 gesunken, heißt es in der Anwort des Landes, die der Volksstimme vorliegt.
Meister dazu: "Bei einer Informationsvorlage für den Stadtrat, die letztlich dazu dienen sollte, eine Millionen Euro schwere Entscheidung zu treffen, ,verrechnet\' man sich bei der entscheidenden Zahl! Da scheinen Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit naheliegend." Die Stadt verspiele damit "das Vertrauen sowohl der direkten Anwohner als auch der breiten Öffentlichkeit", schimpft Meister: "Wer will bei solchen Zahlenspielen jetzt schon sicher sagen, ob man es mit dem Zählen in Hinblick auf die Lärmschutzvorgaben tatsächlich so genau nimmt?"
Die Stadtverwaltung gab auf Volksstimme-Anfrage eine korrigierte Flugstatistik heraus. In einer schriftlichen Stellungnahme erklärte das zuständige Wirtschaftsdezernat den Fehler so: Die Ursache für die hohen Zahlen der Flugbewegungen im Jahr 2012 sei, dass Ultraleichtflugzeuge in der Statistik unter "Motorflugverkehr" verbucht wurden. In den anderen Jahren seien diese Flüge "richtigerweise" nicht mit in dieser Rubrik erfasst worden, räumt das Dezernat ein.
Die Ultraleichtflüge seien tatsächlich nicht den Motorflügen zuzuordnen, da sie "lediglich Luftsportgeräte darstellen". Diese würden nicht unter die Lärmschutzverordnung fallen. Die Stadt bestätigte mit ihrer "bereinigten Statistik" die Zahl von rund 12 000 Starts und Landungen. Für Grünen-Stadtrat Olaf Meister steht nach dieser Rechenpanne unterdessen fest: "Die Frage nach dem Ausbaubedarf sollte sich damit erledigt haben."
Das sieht das Wirtschaftsdezernat allerdings trotzdem völlig anders: Ungeachtet der "Zahlenkosmetik" bleibe die Grundaussage des Flugplatz-Gutachtens unverändert bestehen: pro Ausbau. "Mit der Korrektur werden richtigerweise allein die Ultraleichtflugbewegungen aus der Statistik der Motorflüge herausgerechnet. Diese Ultraleichtflugbewegungen waren jedoch ohnehin nicht Bestandteil des Prüfauftrages des Stadtrats, da Ultraleichtfluggeräte von den relevanten Bestimmungen der EU für den Luftverkehr nicht betroffen sind", erklärt das Dezernat.
Genau diese EU-Vorgaben sind der eigentliche Dreh- und Angelpunkt der Ausbaudebatte. Bereits im Gutachten vom Juni hatte die Magdeburger Verwaltung dargelegt, die aktuell 1000 Meter lange Start- und Landebahn genüge neuen europarechtlichen Auflagen nicht mehr.
Um den Status quo als Geschäftsflughafen zu sichern, sei ein Ausbau auf 1400 oder besser noch 1800 Meter notwendig. Kostenschätzung: rund 8 Millionen Euro. Die Wirtschaft fordere ebenso den Erhalt des Geschäftsflugplatzes, hieß es weiter. Während die Ausbaugegner dagegen protestieren, ist die Finanzierung eines mögliche Ausbaus ohnehin völlig offen. Das Land lehnt bislang eine Förderung ab.
Das Thema ruht derzeit. Die Verwaltung will erklärtermaßen selbst keinen neuen Ausbauantrag einbringen. Die Stadträte müssten eine Entscheidung herbeiführen. Entsprechende Anträge liegen bisher nicht vor, und aus dem Rathaus ist zu vernehmen, dass in den nächsten Monaten - die Kommunalwahl im Mai steht vor der Tür - wohl mit keinem neuen Vorstoß zu rechnen sei.