Landesenergieagentur Sachsen-Anhalt Spitzengehalt für Parteifreund
Der Landesrechnungshof von Sachsen-Anhalt hat "erhebliche Mängel" bei
der Gründung der Landesenergieagentur (Lena) festgestellt. Vor allem die
Besetzung des Geschäftsführer-Postens wirft Fragen auf.
Magdeburg l In einem Prüfbericht kritisieren die obersten Kassenkontrolleure, dass mit dem ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Marko Mühlstein (40) ein Geschäftsführer berufen wurde, der kein Hochschulstudium aufweisen kann. Bei einem Monatsgrundgehalt entsprechend B 2 (rund 6500 Euro brutto) ist ein Hochschulabschluss nach Auffassung der Prüfer aber notwendig. Der Rechnungshof verweist darauf, dass die vier anderen zum Bewerbungsgespräch eingeladenen Kandidaten alle zumindest ein Fachhochschul-Studium absolviert hatten.
Im Prüfbericht heißt es: "Für den Landesrechnungshof ist nicht nachvollziehbar, weshalb für die Ausschreibung und Besetzung der Geschäftsführerposition geringere Qualifikationsanforderungen als für vergleichbare Landesbeschäftigte definiert worden sind. Zudem konnte der Rechnungshof die Gründe nicht nachvollziehen, aus denen der ausgewählte Bewerber, der als einziger nicht über einen Fachhochschulabschluss verfügt, für die Besetzung des Geschäftsführerpostens ausgewählt wurde."
Der Rechnungshof rügte zudem, dass die Personalauswahl für die Position des Geschäftsführers nicht ordnungsgemäß dokumentiert worden sei. Mühlstein, der "staatlich geprüfter Umweltschutztechniker" ist, galt von Anfang an als Wunschkandidat von Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) für den Chefsessel der "Lena". Schon im April 2011, nach den Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD und somit lange vor der Ausschreibung, war der SPD-Politiker mit diesem Job in Verbindung gebracht worden. Im Landtag wird seitdem gemutmaßt, dass in der landeseigenen Gesellschaft Versorgungsposten geschaffen werden.
Mühlstein, der von 2005 bis 2009 im Bundestag saß, hatte zuletzt als Sachbearbeiter für das Schulsanierungsprogramm "Stark III" im Finanzministerium gearbeitet. Er besitzt eine unbefristete Rückkehroption zum Finanzministerium. Der Rechnungshof hält es für "nicht zulässig, eine solche Option ohne rechtliche Grundlage zu vereinbaren". Diese Zusage stelle eine "außertarifliche Bevorteilung" gegenüber den anderen Landesbediensteten dar.
Ein Sprecher des Finanzministeriums wies die Kritik der Rechnungsprüfer zurück. "Die zum Geschäftsführer bestellte Person war unter den Bewerbern die für diese Position am besten geeignete Persönlichkeit und erfüllt das Anforderungsprofil der Ausschreibung", sagte er. Die Rückkehroption kommentierte er so: "Das Land kann ehemaligen Landesbeschäftigten eine Wiedereinstellungszusage erteilen, insbesondere wenn dies im dienstlichen Interesse liegt, wie es hier der Fall war."
Der Rechnungshof kritisiert zudem die Höhe des Gehalts. Angesichts der Größe der "Lena" und der in der Ausschreibung geforderten Qualifikation sei die Ausschöpfung der Obergrenze, die der Landtag für Geschäftsführer bei Landesgesellschaften vorgebe, "nicht nachvollziehbar". Besonders kritisch sei die Überschreitung der Obergrenze bei Einbeziehung der vereinbarten Tantiemenzahlungen (bis zu 8000 Euro jährlich) und der Zahlungen für die private Altersvorsorge (600 Euro monatlich) zu bewerten. Der Sprecher des Finanzministeriums sagte dagegen, es werde ein für die Geschäftsführertätigkeit angemessenes Gehalt gezahlt.
Der Rechnungshof moniert zudem, dass eine "Personalbedarfsermittlung" für die geplanten neun Mitarbeiter-Stellen fehle. Aufgaben und Ziele von "Lena" seien bislang "nicht hinreichend konkret definiert", so dass derzeit nicht beurteilt werden könne, "welche interne Organisationsstruktur notwendig und angemessen ist".
Das Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft, das die Fachaufsicht hat, will darauf "hinwirken, die langfristigen Ziele der \\\'Lena\\\' bis spätestes Ende dieses Jahres konkret zu definieren".
Die Landesenergieagentur war im Dezember 2012 gegründet worden und soll die Themen erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Energiespeicher bearbeiten sowie Bürger, Betriebe und Kommunen beraten. Das Land muss die Agentur mit jährlich rund 1,2 Millionen Euro bezuschussen.