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Nach Moorbrand bei Meppen Bundeswehr nimmt wieder kompletten Schießbetrieb auf

Im September 2018 entzündete sich bei einer Waffenerprobung bei Meppen das trockene Moor und brannte mehr als einen Monat lang. Inzwischen gibt es Neuerungen auf dem Schießplatz.

Von dpa 31.07.2024, 06:00
Raketentests lösten am 3. September 2018 den Brand im Moor bei Meppen aus. (Archivbild)
Raketentests lösten am 3. September 2018 den Brand im Moor bei Meppen aus. (Archivbild) Lars Schröer/dpa

Meppen - Fast sechs Jahre nach dem Moorbrand auf dem Gelände der Wehrtechnischen Dienststelle (WTD) 91 nimmt die Bundeswehr den uneingeschränkten Schießbetrieb wieder auf. Vom 1. August an könne die Dienststelle den Schießplatz vollständig nutzen, teilte ein Sprecher mit. Die Dienststelle testet neue Waffensysteme vor ihrem Einsatz.

Nach dem mehr als vier Wochen andauernden Brand in der Tinner Dose – so der Name des Moores – hatte die Bundeswehr ein verbessertes Brandschutzkonzept vorgelegt. Der Betrieb wurde zunächst stufenweise wieder hochgefahren.

Der Übungsbetrieb werde daher nicht wegen der von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) benannten „Zeitenwende“ nach dem russischen Angriff auf die Ukraine wieder im vollen Umfang aufgenommen, sondern weil das Maßnahmenpaket nach dem Moorbrand Stück für Stück abgearbeitet worden sei, sagte der Direktor der WTD 91, Frank Dosquet.

Ausrüstung verbessert

Die Bundeswehr habe rund 15 Millionen Euro investiert, um die Ausstattung der WTD 91 zu verbessern. Auch für den Naturschutz seien Maßnahmen ergriffen worden. So seien unter anderem Spezialfahrzeuge wie Moor- und Löschraupen, ein geschützter Bagger, Bergepanzer, aber auch Aufklärungsdrohnen beschafft worden. Um die Einsatzkräfte besser mit Löschwasser zu versorgen, seien zusätzliche Brunnen angelegt worden, sagte Dosquet.

Intensiverer Austausch zwischen Bundeswehr und Landkreis

Inzwischen bestehe ein „kurzer Dienstweg“ zwischen der WTD 91 und dem Landkreis bei eilbedürftigen Lagen, sagte eine Sprecherin des Landkreises Emsland. Unter anderem könne ein Stab für außergewöhnliche Ereignisse in einer Krise sofort von der rund um die Uhr besetzten Leitstelle aktiviert werden.

„Unserer Einschätzung nach besteht im Vergleich zu der Zeit vor dem Moorbrand ein intensiverer Austausch zwischen dem Landkreis (Katastrophenschutz) und der WTD“, erklärte die Sprecherin. Gegen Ende des Jahres solle es eine große Übung mit der Bundeswehrfeuerwehr, Einheiten der Kreisfeuerwehr und den Feuerwehren der an das Bundeswehrgelände grenzenden Gemeinden Sögel, Meppen, Haren und Lathen geben.

Fehler bei der Brandbekämpfung

Der Brand brach am 3. September 2018 nach Raketentests aus. Vom Hubschrauber „Tiger“ aus waren auf dem Übungsgelände an mehreren Tagen 70-mm-Raketen abgefeuert worden. Dabei entzündete sich das Feuer in dem in jenem Jahr extrem trockenen Moor. Gelöscht wurde der unterirdisch schwelende Brand erst am 10. Oktober 2018. 

Zwischenzeitlich wurde auch die Evakuierung zweier Gemeinden erwogen. Die Rauchfahne war auf Satellitenbildern zu sehen. Sogar in Hamburg soll Rauchgeruch wahrgenommen worden sein. 

Bei der Brandbekämpfung waren der Bundeswehr Pannen unterlaufen, hieß es in einer Schadensanalyse des Verteidigungsministeriums im Nachgang des Brandes. Eine von zwei Löschraupen war während des Tests in Reparatur, die zweite fiel im laufenden Löscheinsatz aus. Dadurch wurde Zeit verloren. Aufkommende Winde fachten das Feuer zusätzlich an.

Fehleinschätzungen der Verantwortlichen des Testgeländes hatten die Lage ebenfalls verschärft. Erst mit Verspätung forderte die Dienststelle Unterstützung beim Landkreis und dem Technischen Hilfswerk an. Zeitweise waren 1.700 Einsatzkräfte von Bundeswehr, zivilen Feuerwehren aus ganz Niedersachsen und dem Technischen Hilfswerk im Einsatz. 

Bundeswehr zieht Lehren aus dem Moorbrand

Die Bundeswehr habe Lehren aus dem Moorbrand von 2018 gezogen, sagte Dosquet. „Wir stehen inzwischen für mehr Transparenz, auch zum Landkreis und den Nachbarkommunen.“ Die Bundeswehr habe inzwischen auch verstanden, sich in einer solchen Großlage Hilfe von außen zu holen. In dieser Frage habe ein Umdenken stattgefunden. Organisatorisch sei man in inzwischen in der Lage, innerhalb von Minuten ein Lagezentrum einzurichten. Das gelte nicht nur für Brände, sondern auch für andere Großlagen wie Unfälle oder Terrorlagen. Und schon bei der Planung von Übungen werde die Bundeswehrfeuerwehr im Zuge des vorbeugenden Brandschutzes hinzugezogen. Dabei wird die aktuelle Feuchtigkeits- und Trockensituation des Moores vor einer Freigabe berücksichtigt.

Studie zur Wiedervernässung des Moores

Der Brand zerstörte wertvolle Moorflächen. Daher wurde ein Arbeitskreis zur Aufarbeitung der Umweltschäden nach dem Moorbrand (AKAUM) eingerichtet, in dem Vertreter der Bundeswehr, des Landes Niedersachsen, der Landkreis und des Naturschutzbundes (Nabe) vertreten sind. Dieser Arbeitskreis tage mehrmals im Jahr, erklärte die Kreissprecherin. 

Ziel ist es demnach, dass die Themen Schießplatznutzung, Naturschutz und Brandschutz möglichst im Einvernehmen abgestimmt werden. Der Arbeitskreis habe eine Potenzialstudie zur Wiedervernässung in Auftrag gegeben. Mit Ergebnissen sei erst in den kommenden zweieinhalb Jahren zu rechnen, hieß es. 

Umweltschäden noch nicht beseitigt

Einige Bereiche des Moores seien inzwischen renaturiert worden. Im östlichen Teil sei man noch nicht so weit, weil dort landwirtschaftliche Flächen angrenzen, und diese bei einer Wiedervernässung des Moores nur schwer zu bewirtschaften seien, sagte Dosquet. Hier warte man auf das Land Niedersachsen für eine Flurbereinigung.

Der Regionalverband Emsland/Grafschaft Bentheim des Naturschutzbundes (Nabu) kritisierte die Aufarbeitung des Moorbrandes seitens der Bundeswehr als unzureichend. Die naturschutzfachlichen Schäden aus dem Brand seien noch lange nicht beseitigt, sagte deren Expertin Katja Hübner. „Auf 500 bis 600 Hektar wurde die typische Moorvegetation zerstört und nun wachsen dort Gehölze wie Birken und Pappeln.“

Die Bundeswehr beseitige zwar mit eigens angeschafften Maschinen diesen Aufwuchs, das gehe aber sehr langsam voran. Auch die Wiedervernässung erfolge aus Sicht des Nabu zu langsam, auch, weil die Wiedervernässungsstudie noch nicht vorliege.„Dabei liegt die Wiedervernässung des Moores als wichtigste Brandschutzmaßnahme auch im zentralen dienstlichen Interesse der WTD“, erklärte Hübner. Denn ein nasses Moor brenne deutlich schlechter als trockenes.