Abrax, Brabax und Califax Das Knollennasen-Trio aus der DDR: 70 Jahre „Mosaik“
1955 erschien das erste Heft der Zeitschrift „Mosaik“. Der Comic aus der DDR durfte nicht als solcher bezeichnet werden. Inzwischen ist es die älteste deutsche Comiczeitschrift.
Berlin - Die Kobolde Dig, Dag und Digedag sollten östlich der Mauer unter anderem Micky Maus Paroli bieten. 1955 erschien in Ost-Berlin die erste Ausgabe der Comiczeitschrift „Mosaik“ mit den drei Helden. Den Mauerfall hat sie im Gegensatz zu den meisten anderen Printmedien der DDR gut überlebt. Im kommenden Jahr wird die Publikation, die einst Mangelware war, 70 Jahre alt.
„So ein bemerkenswertes Ereignis muss gefeiert werden - und zwar gleich zwölfmal. Also einmal in jedem Monat“, kündigte der Berliner Verlag Mosaik Steinchen für Steinchen an. „Mosaik“ ist unter den aktuell erscheinenden deutschen Comiczeitschriften die Älteste.
Wort „Comic“ war einst tabu
Die Staatsführung der jungen DDR habe befürchtet, dass die bunten Comic-Heftchen aus dem Westen zur Verrohung der Jugend beitragen würden, schildert das Berliner DDR-Museum auf seiner Internetseite. Die Jugendorganisation FDJ erkannte demnach das Potenzial des neuen Mediums und verlangte zur Abgrenzung von westlichen Comics eigene Heftreihen. Allerdings war das Wort „Comic“ tabu. Die Hefte boten stattdessen „Bildgeschichten“.
„Mosaik“ erschien erstmals im Dezember 1955. Der Grafiker Hannes Hegen hatte die Helden Dig, Dag und Digedag geschaffen. Sie reisten in verschiedene Länder. Auch in jene, die für die meisten DDR-Bürger unerreichbar waren. Es gab zudem Zeitreisen, etwa ins antike Rom. Nach einem Streit mit dem Verlag Junge Welt um wirtschaftliche Belange stieg Hegen 1975 aus. Dies war das Ende der Digedags - nach 229 Heften.
Die Abrafaxe und ein Versprechen
Seit Januar 1976 sind Abrax, Brabax und Califax unterwegs. Nach Angaben des Verlags lag die Auflage damals bei 705.000 Exemplaren. Das allererste Abrafaxe-Heft hieß „Das Geheimnis der Grotte“. Der Harlekin kündigt darin an, dass das Knollennasen-Trio fortan die Spaßmacher der Welt begleiten werde - unter anderem Till Eulenspiegel. Doch auf diesen mussten die Leser fast 50 Jahre lang warten.
Zu Beginn des kommenden Jahres werde das Versprechen nun eingelöst, verriet Verlagssprecher Robert Löffler der Deutschen Presse-Agentur. „Die Abrafaxe machen einen Zeitsprung zu Till Eulenspiegel.“ Immer wieder hätten Leser nach ihm gefragt. 2025 ist das 50. Abenteuer-Jahr der Abrafaxe.
Viele Leute werden eine neue Seite von Eulenspiegel kennenlernen. Ich fand es wichtig, dass er keine Kasperpuppe ist, sondern sehr kratzbürstig“, berichtet Jens-Uwe Schubert. Der 61-Jährige denkt sich seit 1991 die Abenteuer der Abrafaxe aus. „Wir bemühen uns, vom Klischee einer Figur immer ein Stück zur Seite zu gehen.“
Wie die Geschichten entstehen
Um möglichst nah an den historischen Fakten zu bleiben, recherchiert Schubert viel. „Viele alte Bücher sind ja inzwischen digitalisiert, das erleichtert mir die Arbeit. Wir kaufen aber auch antiquarische Sachen.“ Redaktionsleiterin Maren Ahrens betont: „Wir erzählen historische Zusammenhänge nebenbei.“
Schuberts Texte werden dann von den bisher sieben Zeichnern bebildert - noch immer per Hand. Sie arbeiten meist auf Papier, seit Kurzem gibt es aber auch einige Zeichentablets.
Das Zeichner-Team sitzt auf einer Etage einer Villa im Berliner Westen, dem Sitz des Verlags. Im kommenden Jahr wird es dort ein wenig voller: Wegen des Jubiläums wurden zwei weitere Zeichner eingestellt, wie Herausgeber Klaus D. Schleiter berichtet.
Er hatte die Zeitschrift 1991 gemeinsam mit Anne Hauser-Thiele übernommen und damit gerettet. Das „Mosaik“ war im DDR-Verlag Junge Welt erschienen, der nach dem Mauerfall liquidiert wurde. Hauser-Thiele und Schleiter hatten eine gemeinsame Werbeagentur.
Ausgewanderte Ostdeutsche unter den Abonnenten
Schleiter sagt über das Comic-Heft: „Bei den Storys, die wir erzählen, sollen die Leser sagen "Wow, das wusste ich noch nicht".“ Die Zeitschrift sei ein Familienmagazin. Die Auflage liegt nach Angaben des Verlags aktuell bei rund 110.0000 Heften - darunter 40.000 im Abonnement. Unter den Abonnenten seien auch ausgewanderte Ostdeutsche etwa in Australien und Norwegen.
Zum Vergleich: Die Jugendzeitschrift „Bravo“, die ein halbes Jahr jünger ist als das „Mosaik“ und auch monatlich erscheint, hatte im dritten Quartal 2023 laut Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) eine verkaufte Auflage von rund 50.000 Heften. Davon gingen rund 9.700 an Abonnenten.
600. Abrafaxe-Abenteuer am Jahresende
Insgesamt zählen zum „Mosaik“-Team rund 20 Mitarbeiter. Im kommenden Jahr haben sie deutlich mehr zu tun: Jeden Monat warte eine Überraschung auf die Leser, kündigte Löffler an, ohne Details zu verraten. Zudem gebe es für die Abonnenten das ganze Jahr lang einen exklusiven Titel. Also einen, der sich von den Heften am Kiosk unterscheidet. Am Jahresende erscheint die 600. „Mosaik“-Ausgabe mit den Abenteuern der Abrafaxe.