Femizid Höchststrafe wegen Mordes: Ex-Frau „öffentlich hingerichtet“
Eine 36-Jährige trennt sich von ihrem gewalttätigen Mann. Er stellt ihr nach. Sie unternimmt viel, um sich zu schützen. Dennoch wird die Mutter vor einem Haus erstochen, das ihr Schutz bieten sollte.

Berlin - Eine Passantin warf sich noch schützend über die am Boden liegende Frau, doch der Angreifer ließ nicht von seinem Opfer ab. Sechs Monate nach dem tödlichen Angriff auf die Mutter von vier Kindern hat das Berliner Landgericht eine lebenslange Freiheitsstrafe gegen ihren Ex-Mann verhängt. Der 50-Jährige habe die 36 Jahre alte Frau „in absolutem Tötungswillen unter den Augen zahlreicher Zeugen öffentlich hingerichtet“, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Dobrikat.
Das Gericht sprach den 50-Jährigen des Mordes aus niedrigen Beweggründen schuldig. Zudem wurde eine besondere Schwere der Schuld festgestellt - eine Haftentlassung nach 15 Jahren wäre dadurch in der Regel nahezu ausgeschlossen. Mit dem Urteil folgte das Gericht im Wesentlichen dem Antrag der Staatsanwältin. Der Verteidiger hatte auf einen Schuldspruch wegen Totschlags plädiert.
Zu dem Verbrechen war es vor einem Haus in Berlin-Zehlendorf gekommen, wo die 36-Jährige in einer geschützten Wohnung untergebracht war. Die Frau hatte sich im Jahr 2020 von dem Libanesen getrennt und zwei Jahre später scheiden lassen. Weil er ihr nachstellte und sie bedrohte, erwirkte die Frau nach der Trennung über ein Gericht eine sogenannte Gewaltschutzverfügung und ein Annäherungsverbot.
Die Frau emanzipierte sich mehr und mehr
Der Angeklagte habe mit dem Ende der Beziehung nicht umgehen können, hieß es weiter im Urteil. Während sich seine Ex-Frau „mehr und mehr emanzipierte, sich freischwamm“, sei das Leben des 50-Jährigen von immer mehr Abstrichen geprägt gewesen. Der Angeklagte habe sich dadurch in seiner Ehre verletzt gefühlt. Massiver Hass habe sich über die Jahre aufgestaut.
Immer wieder habe er der Frau nachgestellt, sie bedroht und sie schließlich am 28. August 2024 angegriffen, so der Richter. Als er sie vor dem Haus sah, habe er sich entschlossen, eine „öffentliche Hinrichtung zu vollziehen“. Nach Schlägen und Tritten habe er auf die Frau eingestochen, ein Stich traf das Herz. Obwohl sich eine Zeugin noch schützend über die 36-Jährige beugte, sei der Angeklagte weiterhin auf der Suche nach Genugtuung gewesen und habe massiv mit den Füßen nach dem Kopf seiner Ex-Frau getreten.
Täter zeigte keine Reue
Reue habe der Täter nicht gezeigt. Nach den tödlichen Stichen habe er sich in aller Ruhe eine Zigarette angezündet und seinen Bruder angerufen, um ihm stolz von der Tat zu berichten. Bei seiner Festnahme am Tatort äußerte er nach Angaben von Zeugen, sie habe „nicht verdient zu leben, es sei um seine Ehre gegangen“.
Der Angeklagte hatte im Prozess erklärt, es habe immer wieder Streit um das Sorgerecht gegeben. Am Tattag sei er zu dem Haus, um „etwas von den Kindern zu sehen oder zu hören“. Als die 36-Jährige vor ihm stand, sei es zum Streit gekommen, er habe die Beherrschung verloren und zugestochen. Es sei keine geplante Tat gewesen.
Die Strafkammer sehe nicht, dass es dem Angeklagten um die Kinder ging, so der Richter. Vielmehr habe er sie durch seine Tat zu Halbwaisen gemacht. „Sie stehen jetzt allein da und können von Glück sprechen, dass sie von Familienmitgliedern aufgenommen wurden.“ Ein Nebenklage-Anwalt hatte gesagt: „Den Kindern geht es sehr, sehr schlecht.“
Emotionen kochten hoch im Prozess
Die Kinder der Getöteten sowie ihre Eltern und mehrere Geschwister waren Nebenkläger im Prozess. Immer wieder kochten die Emotionen während der Verhandlung hoch, es kam zu Zwischenrufen von Zuschauern, die sich durch das Verhalten des Angeklagten provoziert fühlten. Auch nach der Urteilsverkündung wurde es laut - einige Verwandte und Bekannte des Opfers bejubelten das Urteil und beschimpften gleichzeitig den Angeklagten. Justizvollzugsbeamte begleiteten die Zuschauer aus dem Saal.
Die Staatsanwaltschaft geht von einem sogenannten Femizid aus. Femizid bedeutet, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet werden. Das Gericht ging auf den Begriff nicht ein. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.