Buchenwald: Gedenken an NS-Opfer mit Warnung an den Landtag

Weimar - Beim Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus hat Buchenwald-Gedenkstättenleiter Jens-Christian Wagner erneut vor einer Wahl des AfD-Politikers Jörg Prophet zum Vize-Landtagspräsidenten gewarnt. „Bitte, bitte wählen Sie keinen notorischen Geschichts- und Holocaustverharmloser in eines der höchsten Ämter unseres Landes“, sagte Wagner im Beisein mehrerer Thüringer Landespolitiker bei einer Kranzniederlegung auf dem Gelände der Gedenkstätte Buchenwald. Bei dem Gedenken anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz waren Ministerpräsident Mario Voigt, Landtagspräsident Thadäus König (beide CDU) und mehrere Minister sowie Landtagsabgeordnete anwesend.

Die Wahl des Vize-Landtagspräsidenten steht für Donnerstag auf der Tagesordnung des Thüringer Landtags - einen Tag nach der offiziellen Gedenkstunde im Parlament. Die AfD schickt Prophet als Kandidaten ins Rennen. Linke und SPD lehnen es generell ab, einen AfD-Kandidaten in das Amt zu wählen. 

CDU und BSW haben Offenheit signalisiert, wenn die AfD im Gegenzug Zugeständnisse bei der Besetzung wichtiger Gremien macht - etwa beim Richterwahlausschuss und beim Staatsanwältewahlausschuss. Doch auch unter CDU- und BSW-Abgeordneten gilt Prophet als umstritten. Ob er tatsächlich mit einer Mehrheit rechnen kann, ist offen. 

Wagner warf Prophet vor, in den vergangenen Jahren „so gut wie jede aktuelle geschichtsrevisionistische Legende“ verbreitet zu haben. Auch im Thüringer Verfassungsschutzbericht 2021 wurde ein Text von Prophet als Beispiel für die „geschichtsrevisionistische Agenda“ der AfD angeführt. Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet. 

Wagner sagte, Prophet spreche von „Schuldkult“ und verwende damit einen Begriff, der die kritische Auseinandersetzung mit den Verbrechen der Nationalsozialisten und die Gedenkstättenarbeit diskreditiere. Außerdem habe er die britischen Luftangriffe auf Dresden mit dem industriellen Massenmord an Jüdinnen und Juden in Auschwitz gleichgesetzt.

„Für die Überlebenden der Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora wäre es (...) ein unerträglicher Gedanke, wenn er tatsächlich zum Vizepräsidenten des Thüringer Landtags gewählt wird“, sagte Wagner. In Richtung der Landespolitiker sagte Wagner, das Bekenntnis zur historischen Verantwortung müsse sich auch im politischen Handeln zeigen.