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Bildung „Herkulesaufgabe“: Musikschulen stellen Lehrkräfte fest an

Die Rechtsprechung hat Honorarkräfte in verschiedenen Branchen als sozialversicherungspflichtig eingestuft. Folgen hat das für Musikschulen. In Sachsen-Anhalt haben mehrere die Umstellung geschafft.

Von dpa 11.09.2024, 04:00
Musikschüler sollen künftig nur noch von Festangestellten unterrichtet werden. (Archivbild)
Musikschüler sollen künftig nur noch von Festangestellten unterrichtet werden. (Archivbild) Thomas Frey/dpa

Salzwedel/Magdeburg - Die Landkreise und kreisfreien Städte müssen höhere Kosten für ihre Musikschulen schultern. Diese stecken mittendrin in der Umstellung von Honorarlehrkräften hin zu 100 Prozent fest angestellten Lehrkräften. Das ist nach einer Rechtsprechung des Bundessozialgerichts notwendig geworden, wonach der Unterricht in der Regel mit Festangestellten durchgeführt werden muss. Honorarlehrkräfte gehörten über Jahrzehnte fest zu den Einrichtungen dazu, sagte der Geschäftsführer des Landesverbands der Musikschulen Sachsen-Anhalt, Christian Reineke. 

Im Land habe der Anteil der Honorarkräfte bei etwa 30 Prozent gelegen, 70 Prozent waren Festangestellte. Bis jetzt hätten landesweit acht Musikschulen die 100-Prozent-Marke erreicht. „Die anderen sind im Prozess“, so Reineke. Das sei auch möglich dank zusätzlicher Unterstützung des Landes Sachsen-Anhalt. Das habe die jährliche Förderung von drei Millionen Euro im Jahr 2020 auf 4,81 Millionen Euro in diesem Jahr erhöht - vor allem mit dem Fokus auf mehr Festanstellungen.

Zu wenig Musikschullehrer und Schüler-Wartelisten

Schon vor dem Urteil des Bundessozialgerichts seien die Musikschulen gefordert gewesen, sagte Reineke. Demografisch bedingt gebe es eine Renteneintrittswelle bei den Musikschullehrkräften. Es gebe nicht genug Nachwuchskräfte. Wartelisten für Musikschüler sind die Folge.

Nötig seien also attraktivere Jobs für die Lehrenden abseits kläglicher Honorare. Das habe auch das Land schon länger erkannt und die Förderung erhöht, die Rechtsprechung sei dann noch dazugekommen. Aus Sicht der Musikschulen ist das eine „Riesenchance“, um eine nachhaltige Musikschullandschaft zu etablieren, so Reineke.

Altmarkkreis Salzwedel am 100-Prozent-Ziel

„Seit dem 1. August 2024 sind alle Musikschullehrkräfte fest angestellt“, heißt es etwa aus dem Altmarkkreis Salzwedel. Insgesamt seien es 31 Lehrende: fünf in Vollzeit und 26 in Teilzeit. „Es sind nahezu alle Stellen besetzt. Die Kreismusikschule des Altmarkkreises steht bei der Personalgewinnung als Bildungseinrichtung im ländlichen Raum immer vor besonderen Herausforderungen“, hieß es. „Auch stehen Musikschulen durchaus in Konkurrenz zu allgemeinbildenden Schulen bei der Suche nach Lehrkräften.“

In diesem Jahr liege der Zuschussbedarf des Altmarkkreises für die Musikschule bei etwa 820.000 Euro. Das entspreche dem Niveau der Vorjahre. Die erhöhte Förderung des Landes Sachsen-Anhalt sei eine Hilfe, so der Landkreis. „Die Mehrkosten können jedoch nicht vollständig dadurch gedeckt werden.“ An den Gebührensätzen solle nichts verändert werden. Mit leichten Schwankungen seien in den zurückliegenden Jahren etwa 1.200 Schülerinnen und Schüler unterrichtet worden. Auf den Wartelisten stünden etwa 80 Kinder und Jugendliche.

Reineke: „Das ist eine Herkulesaufgabe“

Musikschulverbands-Geschäftsführer Reineke sagte, allein das Konservatorium Magdeburg habe bislang komplett mit fest angestellten Pädagogen gearbeitet. Inzwischen sei das auch in Halle, im Landkreis Harz, im Landkreis Börde und im Saalekreis so. Zahlen änderten sich gerade wöchentlich. „Das ist eine Herkulesaufgabe“, sagte Reineke.

Der Saalekreis beziffert die finanzielle Mehrbelastung auf rund 391.000 Euro im Jahr. Die werde man zunächst aus eigenen Mitteln finanzieren. „Wie auch in den Vorjahren beantragen wir Fördermittel beim Land.“ Der Landkreis erwartet eine höhere Förderung des Landes, weil er konsequent von Honorarverträgen auf Festanstellungen umgestellt habe.

„Wir rechnen mit rund 150.000 bis 200.000 Euro mehr. Damit reduziert sich die Mehrbelastung des Landkreises auf rund 200.000 Euro. Das kann sich in den nächsten Jahren allerdings ändern und bleibt schwer zu prognostizieren.“ Entgelte habe man zuletzt in zwei Stufen zum 1. August 2023 und zum 1. August 2024 erhöht. Der Saalekreis liege dabei aber unter dem Landesdurchschnitt.