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Anschlag auf Weihnachtsmarkt Kollegen von Magdeburg-Täter warnten Arbeitgeber

Der Magdeburg-Täter arbeitete als Arzt. Nun ist eine brisante E-Mail bekanntgeworden. Gegenüber Kollegen sprach Taleb A. vor dem Anschlag von Krieg. Wie hat der Arbeitgeber auf die Hinweise reagiert?

Von dpa 12.02.2025, 13:15
Nach dem Anschlag von Magdeburg sind sechs Menschen gestorben. (Archivbild)
Nach dem Anschlag von Magdeburg sind sechs Menschen gestorben. (Archivbild) Matthias Bein/dpa

Magdeburg - Der Arbeitgeber des Magdeburg-Täters hat Wochen vor dem Anschlag Hinweise erhalten, dass sich Kollegen Sorgen um die Verfassung von Taleb A. machen. Das Gesundheitsunternehmen Salus bestätigte auf Anfrage, dass es im August 2024 eine entsprechende E-Mail von einem Kollegen an Vorgesetzte gab. Wie der MDR berichtete, wurde darin eine Aussage von Taleb A. wiedergegeben. Der Arzt hat in einem Gespräch im Dienstzimmer gesagt, er befände sich in einem Krieg, „aber nicht im metaphorischen Sinn, sondern in einem wirklichen Krieg, dessen Ausgang entweder sterben oder umbringen sein wird“.

Taleb A. war seit 2020 im Maßregelvollzug in Bernburg (Salzlandkreis) als Stationsarzt tätig. Sein Aufgabengebiet umfasste die psychiatrische Betreuung von Straftätern auf drei Stationen. Kurz vor Weihnachten hatte der Mann aus Saudi-Arabien mit einem Auto auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sechs Menschen getötet und knapp 300 verletzt.

In der E-Mail regte ein Mitarbeiter an, dass man Taleb A. Hilfe anbieten müsse. Die Salus teilte dazu auf Anfrage mit, der Mitarbeiter habe die therapeutische Leitung „in Sorge um die psychische Gesundheit von Taleb A.“ informiert. Auch der Ärztliche Direktor hat die Mail erhalten.

Ärztlicher Direktor sprach mit Taleb A. über Äußerung

Taleb A. sei am Tag des Mail-Eingangs beim Ärztlichen Direktor krankgeschrieben gewesen, hieß es. „Daher war eine unmittelbare Intervention nicht möglich.“ Später habe der Ärztliche Direktor ein Krankenrückkehrgespräch geführt, „in dem Taleb A. keine Anzeichen einer Selbst- oder Fremdgefährdung erkennen ließ“.

Das angeführte Zitat sei nicht wiederholt worden. Taleb A. habe sich aber besorgt gezeigt, weil er Aktivitäten des saudi-arabischen Geheimdienstes gegen sich vermutete. „Seine Äußerung wurde als überspitzter Ausdruck einer persönlichen Konfliktbelastung interpretiert“, so die Salus-Sprecherin. Es sei bekannt gewesen, dass er sich vom Islam abgewandt hatte und als Aktivist tätig war. Insgesamt sei Taleb A. seit 2023 durch häufige Krankmeldungen aufgefallen.

Der Aufsichtsratsvorsitzende und der Geschäftsführer sind den Angaben zufolge am 4. Februar 2025 von einem Mitarbeiter über den in der Mail geschilderten Sachverhalt informiert worden. Daraufhin wurde der Sachverhalt umgehend untersucht, so die Salus-Sprecherin. Der Aufsichtsrat soll sich am 20. Februar mit der Angelegenheit befassen.

Polizei suchte Taleb A. auf der Arbeit auf

Vor dem Anschlag hatte die Polizei Taleb A. am 4. Oktober 2024 wegen einer Bedrohung aufgesucht. Mit der Gefährderansprache will die Polizei signalisieren, dass sie einen potenziellen Straftäter im Blick hat und fordert ihn auf, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen. 

Trotz der Tatsache, dass Taleb A. für die psychiatrische Betreuung von Patienten zuständig war und die Gefährderansprache auf der Arbeit erfolgte, gab es zwischen seinem Arbeitgeber, der Salus, und der Polizei keinen Austausch. Den Grund für das Aufsuchen von Taleb A. hat die Polizei laut Salus nicht mitgeteilt.

Am Donnerstag kommt der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf den Weihnachtsmarkt im Landtag von Sachsen-Anhalt zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Die Abgeordneten werden sich auch mit der Approbation des Täters und der Frage befassen, ob und inwieweit die Eignung und Befähigung für dessen Tätigkeit als Arzt im Maßregelvollzug geprüft wurde.