Litfaßsäulen Litfaßsäulen - Nostalgischer Charme trotzt Digitalisierung
Mehr als 170 Jahre nach ihrer Erfindung sind die runden Werbesäulen noch vielerorts in Thüringen anzutreffen. Als Kontrapunkt zu digitalen Medien sind sie teils weiter hochgeschätzt.

Erfurt/Weimar - Auch in Zeiten digitaler Werbetafeln hat die Litfaßsäule weiterhin ihren festen Platz im Stadtbild vieler Thüringer Kommunen. „Litfaßsäulen bieten eine lokale, zielgerichtete Werbemöglichkeit mit einem nostalgischen und authentischen Charme, der in über digitalisierten Zeiten besonders auffällt“, fasst Sprecherin Anke Pfannstiel für die Stadt Mühlhausen zusammen. Sieben der insgesamt 17 Säulen in Mühlhausen stünden unter Denkmalschutz und seien erst 2023 renoviert worden. Unabhängig von „digitalen Algorithmen“ werde ein breites Publikum angesprochen.
Auch die Stadt Gera will auf die aktuell zehn im Stadtgebiet verteilten Säulen nicht verzichten, wie Felix Eckerle vom Kulturamt sagt. „Sie fallen auch heute noch - oder besonders wieder - durch ihre Form auf und eignen sich somit bestens als Werbeträger.“ Nach wie vor hätten sie eine zentrale Stellung als Teil des Offline-Werbeportfolios der Stadt. In der Stadt Gotha sind einer Sprecherin zufolge aktuell 38 Litfaßsäulen in Nutzung. Selbst in Städten wie Jena und Erfurt, die inzwischen zahlreiche digitale Großflächen im Betrieb haben, sind die Säulen bis heute wichtig.
In Jena stünden aktuell sechs digitale Großflächen und 41 Litfaßsäulen, erklärt eine Sprecherin. In Erfurt gibt es 13 sogenannte „Digital-Boards“ mit 18 Bildschirmen und zwei digitale City-Light-Poster, die weiter ausgebaut werden sollen. Dem gegenüber stehen rund 200 Litfaßsäulen in der Landeshauptstadt. Erst 2016 sei geprüft worden, wie relevant diese Form der Werbung überhaupt noch sei, erklärt Sprecherin Wenke Ehrt. Aufgrund der sehr effektiven Streuung von Informationen im öffentlichen Raum sei die Entscheidung gefallen, die Anzahl beizubehalten.
Kultur-Litfaßsäulen als Bühne für Vereine und Initiativen
Dass selbst Säulen, die nicht aktiv für Werbezwecke genutzt werden, einen großen Wert für das städtische Leben haben können, zeigt sich in Weimar: Bereits seit mehr als 25 Jahren würden ein Drittel der 20 Säulen im Stadtgebiet als sogenannte Kultur-Litfaßsäulen genutzt, so Sprecherin Mandy Plickert. Vereine, Initiativen und Kulturinstitutionen könnten die Flächen unentgeltlich nutzen, um für Veranstaltungen zu werben. Ein freies Bekleben, wie es in den Anfangsjahren der Litfaßsäule üblich war, ist freilich nicht vorgesehen: Vielmehr könnten einmal im Monat Informationen über kulturelle Veranstaltungen in der Kulturdirektion eingereicht werden.
Die Stadt gestalte dann ein Plakat, das von einer Firma aufgeklebt werde. Aktuell werde dieses Angebot von den Kulturschaffenden in Weimar rege genutzt. Da seit 2023 aus Kostengründen nur noch großformatige A1-Plakate geklebt würden, könnten derzeit nicht alle Plakatierungswünsche erfüllt werden, die Stadt befinde sich jedoch in Gesprächen mit dem Anbieter, um dieses Problem zu lösen. Auch in Erfurt sind die Erfahrungen mit den Kultur-Säulen sehr gut: Aus ursprünglich drei Kultur-Litfaßsäulen seien inzwischen 36 geworden, die stets gut genutzt seien und gerade für kleine Vereine und gemeinnützige oder kulturelle Einrichtungen eine günstige Werbemöglichkeit darstellten, so Ehrt.
Zukunft ungewiss: Digital verdrängt das Traditionelle
Doch nicht überall kommt den traditionsreichen Säulen eine so zentrale Stellung zu. So würden etwa in Arnstadt die sieben noch verbliebenen Litfaßsäulen gar nicht genutzt, weil sich kein Anbieter finde, der die Säulen bekleben wolle, erklärt eine Sprecherin der Stadt.
Trotz der hohen Wertschätzung der Litfaßsäulen sei der Trend allerdings klar, meint ein Sprecher der Plakatierungsfirma Ströer, die nach eigenen Angaben mehr als 400 Litfaßsäulen im gesamten Freistaat bewirtschaftet. Obwohl es mittlerweile hochwertige verglaste und hinterleuchtete Säulen gebe, die Plakate vor Wind und Wetter schützten, gehe der Trend eindeutig in Richtung digitaler Werbeträger.