Wissenschaft Schwebend durch die Röhre - Hyperloop-Teststrecke eröffnet
Sieht so die Mobilität der Zukunft aus? Superschnelle Transport-Kapseln, die durch nahezu luftleere Röhren rasen. In Ostfriesland wird an der Technologie geforscht - nun auch mit einer Testanlage.

Emden - Was zunächst wie Science-Fiction klingt, könnte - wenn es nach ostfriesischen Forschern geht - schon bald real werden: Transportkapseln, die in hohem Tempo durch luftleere Röhren flitzen und so Waren oder Menschen von einem Ort zum anderen bringen. Hyperloop heißt diese Technik. „Wir sind jetzt sei zehn Jahren an dem Thema dran“, sagt Thomas Schüning, Professor am Hyperloop-Institut der Hochschule Emden/Leer in Ostfriesland. Nun ist auf dem Emder Campus eine Testanlage eröffnet worden, mit der Studierende und Forscher die Technik weiterentwickeln wollen.
Eigentlich sollte Niedersachsens Wissenschaftsminister Falko Mohrs (SPD) die Teströhre eröffnen. Da zu einem Termin in Berlin musste, wurde er von einem Abteilungsleiter seines Ministeriums vertreten.
Wie Hyperloop funktioniert
Hinter der Hyperloop-Technologie verbirgt sich eine Art Rohrpost-Transportsystem, nur viel größer. Bei der Technologie werden Transportkapseln, auch Pods genannt, mit einer Geschwindigkeit von bis zu 700 Kilometern pro Stunde durch eine weitgehend luftleere Röhre befördert. Ermöglicht wird dies durch Magnetschwebetechnik. Durch das Vakuum gibt es beim Transport kaum Luftwiderstand und Reibung.
„Hyperloop ist eine ganz tolle Technologie, wo wir ganz viel Energie sparen können und trotzdem komfortabel und auch zügig ans Ziel kommen“, sagt Schüning. Experten sehen in der Technik eine mögliche Alternative zum Zug- und Flugverkehr. Reise- und Transportzeiten könnten sich durch die hohen Geschwindigkeiten der Hyperloop-Technik drastisch reduzieren lassen.
Die 27 Meter lange Teströhre „goTube“, die nun auf dem Emder Campus installiert ist, ist aus Stahl, schnurgerade aufgebaut und an beiden Seiten mit Hubtoren verschlossen. Es sei die längste Testanlage dieser Art in Deutschland, sagt Walter Neu, ebenfalls Professor am Hyperloop-Institut. Höchstgeschwindigkeiten werden in der kurzen Röhre allerdings nicht erreicht.
Was Hyperloop mit Elon Musk zu tun hat
Im Inneren der Röhre, die einen Durchmesser von 1,6 Metern hat, verlaufen Schienen. „Wir wollen zunächst mit dem Gütertransport anfangen“, sagte Schüning. Schienen seien dafür die technisch einfachste Lösung. Später soll auch ein Antrieb mit Magnetschwebetechnik erprobt werden.
Neben Antriebstechniken wollen die Wissenschaftler zusammen mit ihren Studierenden auch die Vakuumtechnik und Materialeigenschaften testen.
Die Idee zur Mobilität in der Vakuumröhre gibt es schon Länger. SpaceX-Gründer Elon Musk hatte vor rund zehn Jahren Wettbewerbe rund um die Hyperloop-Technik für Studierende weltweit ausgelobt. Auch Studierende aus Ostfriesland beteiligten sich daran. Danach bildete sich an der Hochschule Emden ein Forschungsschwerpunkt aus, der auch vom Land Niedersachsen gefördert wird.
Was für einen Praxis-Einsatz noch fehlt
Die Hochschule arbeitet dabei in einem europäischen Netzwerk. Erst vor wenigen Monaten haben sich die Emder Wissenschaftler mit anderen Hyperloop-Entwicklern, Bahnbetreibern, Ingenieurbüros und Forschungseinrichtungen aus 13 Ländern zu dem Projekt „Hyper4Rail“ zusammengeschlossen. Dabei soll ein Fahrplan für die Entwicklung und die Einführung von Hyperloop-Systemen in Europa erstellt werden. Ziel des Projektkonsortiums ist es, die Hyperloop-Technologie bis zu den 2030er Jahren zu industrialisieren und in großem Maßstab einzusetzen.
Für einen Einsatz der Technik zunächst im Warentransport sehen die Forscher große Chancen. Eine Realisierung hänge aber von Investitionsentscheidungen ab. „Wenn man das möchte, kann man das, denke ich, in weniger als fünf Jahren realisieren, weil alle Technologien vorhanden sind, um das Ganze betreiben zu können“, sagte Neu. „Wenn wir über Personentransport sprechen, sind wir eher bei einer Zeitskala von zehn Jahren.“
Was für alles noch fehlt, ist eine größere Teststrecke, bei der die Hyperloop-Technik im Dauerbetrieb getestet werden kann. Zwar gibt es ähnliche Anlagen wie in Emden auch andernorts, etwa bei München und im niederländischen Veendam bei Groningen. Dort ist die Anlage mit 420 Meter sogar noch deutlich größer. Aber diese Strecken verlaufen alle linear.
Deshalb ist seit Jahren auch immer wieder die nach einem Unfall stillgelegte Teststrecke des Transrapid im benachbarten Lathen im Emsland im Gespräch. Die Strecke bietet aus Sicht der Wissenschaftler großes Potenzial. „Wir könnten da 24/7 im Kreis fahren“, sagte Schüning. Damit die Technik irgendwann einmal in einen Regelbetrieb gehen könne, seien vorher Dauertestfahrten nötig.