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Gesellschaft Rosa von Praunheim: Ausstellung sollte Diskussion anregen

Von dpa 27.07.2023, 16:51
Eine vom Wind verfangene Regenbogenflagge hängt über dem Eingang der Nürnberger Kirche St. Egidien.
Eine vom Wind verfangene Regenbogenflagge hängt über dem Eingang der Nürnberger Kirche St. Egidien. Daniel Karmann/dpa

Nürnberg/Berlin - Der Berliner Filmemacher und Künstler Rosa von Praunheim sieht seine wegen Protesten nach nur wenigen Tagen geschlossene Ausstellung in einer Nürnberger Kirche trotzdem als Erfolg. „Ich war begeistert natürlich, dass da eine Reaktion ist. Ist doch schön, wenn Leute sich aufregen“, sagte der 80-Jährige dem Bayerischen Rundfunk. Er freue sich über die regen Diskussionen, die seine Bilder ausgelöst haben. Nach Nürnberg soll die Schau weiter nach München und Hamburg gehen, kündigte er an. „Die wird dann auch außerhalb der Kirche weiter bestehen.“

Die Ausstellung in der Egidienkirche thematisiert den Umgang mit Liebe, Sex und Homosexualität im Christentum - zum Teil mit recht provokanten Motiven. Eins zeigt zum Beispiel den früheren Papst Benedikt XVI. umgeben von homosexuellen Männern, ein anderes eine Jesus-Figur, die diese beim Sex zu segnen scheint. Nur fünf Tage nach der Eröffnung entschied der Kirchenvorstand wegen vieler kritischer und empörter Stimmen, die Ausstellung vorerst geschlossen zu lassen. Eine endgültige Entscheidung steht noch aus.

„Der Pfarrer ist sehr mutig, dass er das überhaupt gemacht hat, dass er mich eingeladen hat“, sagte von Praunheim. Er könne nachvollziehen, dass sich Leute in ihrem religiösem Empfinden verletzt fühlten. Er selbst sei streng katholisch und autoritär erzogen worden. „Ich bin erzogen worden, dass ich als Schwuler eben Höllenstrafen leiden muss“, so von Praunheim. Davon habe er sich langsam befreien und zu seinem Schwulsein stehen können. Der in Berlin lebende Künstler gilt als einer der Wegbereiter der politischen Schwulen- und Lesbenbewegung in Deutschland.

Für die Bildserie habe er religiöse Kitschmotive aus dem Internet verarbeitet, sagte von Praunheim. „Wir sind seit Jahrhunderten beschallt worden mit diesen Kitschbildern der Kirche mit den Helden, den Maria- und Jesus-Kitschbildern und so weiter. Das ist ja eine größere Beleidigung als meine Bilder.“ Es sei wichtig, dass diese nun Aufmerksamkeit erregten und zu Diskussionen führten. „Wir sind ja in einer Zeit, die wieder ins konservative, reaktionäre, rechte Lager schlittert und müssen aufpassen, dass die Schwulen nicht wieder eins auf den Deckel kriegen.“

Die deutsche Sektion der Internationalen Kunstkritikervereinigung AICA kritisierte die vorläufige Schließung der Ausstellung scharf. „Die Freiheit der Kunst hängt ab vom kritischen Streit über sie. Dieser muss sich auf Fakten stützen, also auf die konkrete Machart von Bildern und Bilddetails“, teilte deren Präsident Kolja Reichert mit. „In Nürnberg haben dagegen unbegründete Meinungen, Ressentiments und die Berufung auf Gefühle zur Schließung einer Kunstausstellung geführt.“