Landgericht Verden Soldat vor Gericht: Lebenslange Haft wegen Mordes gefordert
Ein Soldat erschießt vier Menschen, darunter ein Kleinkind. Auch die Verteidigung rechnet mit einer lebenslangen Haftstrafe. Sie hält den Angeklagten für innerlich tot.

Verden - Im Prozess um die Mordserie mit vier Toten im niedersächsischen Landkreis Rotenburg (Wümme) haben Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung lebenslange Haft für den angeklagten Soldaten gefordert. Aus Sicht der Prozessbeteiligten gibt es keine Zweifel daran, dass der 33-Jährige drei Erwachsene ermordet und ein Kind fahrlässig getötet hat. Der Deutsche hat die Taten vor Gericht eingeräumt.
Demnach erschoss er in der Nacht zum 1. März 2024 in zwei Häusern vier Menschen aus dem Umfeld seiner damaligen Ehefrau: den 30 Jahre alten neuen Lebensgefährten der Frau, dessen 55 Jahre alte Mutter, die 33 Jahre alte beste Freundin seiner Frau und deren dreijährige Tochter. Das Kind tötete er seinen Angaben zufolge nicht mit Absicht. Demnach schoss er auf die Frau und sah nicht, dass sie ihre Tochter unter einer Decke im Arm hielt. Staatsanwaltschaft und Nebenklage halten die Aussage für glaubwürdig und werten diese Tat daher nicht als Mord, sondern als fahrlässige Tötung.
„Wie ein Berufskiller“
Der Angeklagte habe die Taten nach dem militärischen Muster des Häuserkampfes begangen, führte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer aus. „Rein, Vernichten, Raus“, sagte sie auch mit Blick auf Aussagen des Angeklagten. Die Formulierung „wie ein Berufskiller“, komme ihr in den Kopf. „Man könnte fast von Hinrichtung sprechen.“
Hintergrund der Taten waren demnach Sorgen des Soldaten, seine Familie und seine Bundeswehrkarriere zu verlieren. Die Ehe sei schon länger schwierig gewesen, die Frau habe ihn betrogen, einen neuen Partner gehabt und ihn aus dem Haus werfen wollen. Die beste Freundin seiner Frau soll der Mann schon länger als Bedrohung für seine Ehe und Familie wahrgenommen haben.
Bei den Taten habe abgrundtiefer Hass eine Rolle gespielt, so die Staatsanwältin. „Sie haben vier Menschen das Leben genommen“, sagte sie. „Es hätte für die Probleme andere Lösungen gegeben.“ Das emotionslose Verhalten des Angeklagten vor Gericht bezeichnete die Juristin als schwer aushaltbar.
Besondere Schwere der Schuld gefordert
Die Staatsanwältin forderte in ihrem Plädoyer, dass das Gericht die besondere Schwere der Schuld feststellt. Als Begründung sagte sie, der Angeklagte habe in einer Nacht drei Menschen ermordet, die Taten systematisch geplant und erschreckend nüchtern abgearbeitet. Sollte das Gericht eine besondere Schwere der Schuld feststellen, wäre eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren nahezu ausgeschlossen.
Die Nebenklage schloss sich dieser Forderung an. Wie die Staatsanwältin verwiesen auch die Vertreter der Nebenklage auf das große Leid, dass der Angeklagte verursacht hat. Der Mann habe drei Kindern die nächsten Angehörigen genommen, sagte ein Anwalt. Mehrere Menschen seien schwer traumatisiert.
Die Verteidigung argumentierte gegen die Feststellung einer besonderen Schwere der Schuld und führte aus, dass es neben den vier zu beklagenden Toten einen weiteren Toten gebe. Für sie sei auch der Angeklagte gestorben, sagte die Pflichtverteidigerin. Neben ihr sitze nur eine Hülle, führte sie aus.
Denn der Soldat, der nach eigenen Angaben bei der Bundeswehr jahrelang vorbereitet wurde, Menschen zu erschießen, sei nicht mehr in der Lage, Emotionen zu zeigen. Vor der Tat sei dies in ihm erloschen. Daher könne er auch gegenüber den Hinterbliebenen kein Mitgefühl zeigen, erklärte die Juristin. „Er weiß, dass er wegen mehrfachen Mordes verurteilt wird“, sagte sie. Das Urteil wird am kommenden Freitag erwartet.