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Nahostkonflikt Streit um Palästina-Flagge - Lehrer bleibt straffrei

Ein Schüler zeigt nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel eine Palästina-Flagge. Ein Lehrer will dies unterbinden. Die Situation eskaliert - und beschäftigt die Justiz.

Von dpa 24.01.2025, 03:30
Ein Lehrer steht nach einem Streit über eine Palästina-Flagge vor Gericht. (Archivbild)
Ein Lehrer steht nach einem Streit über eine Palästina-Flagge vor Gericht. (Archivbild) Marion van der Kraats/dpa

Berlin - Nach Gewalt auf einem Schulhof in Berlin-Neukölln im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt ist das Verfahren gegen einen Lehrer eingestellt worden. Der 62-Jährige war wegen Körperverletzung im Amt angeklagt. Er soll nun innerhalb von sechs Monaten eine Geldauflage von 800 Euro zahlen, dann ist der Fall endgültig erledigt. 

Hintergrund: Zwei Tage nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel 2023 gerieten an einem Berliner Gymnasium Lehrer und Schüler aneinander. Der Schüler hat eine Palästina-Flagge gezeigt. Die Anklage warf dem Lehrer vor, dem inzwischen 16-Jährigen mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen zu haben. 

Gericht: Provokationen vor dem Vorfall

Ursprünglich sollte der Lehrer für Sport und Geografie eine Geldstrafe von 3.000 Euro (30 Tagessätze zu je 100 Euro) zahlen. Gegen einen entsprechenden Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten hatte er jedoch Einspruch eingelegt. Darum kam es zur mündlichen Verhandlung. Der Schüler trat in dem Prozess als Nebenkläger auf und sagte unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus. 

Die Vorsitzende Richterin Imke Hammer sagte, es gebe mehrere Gründe für eine Einstellung des Verfahrens: Die Staatsanwaltschaft sei selbst von einem minderschweren Fall ausgegangen. Dem Geschehen seien Provokationen vorausgegangen. Der Lehrer sei selbst verletzt worden und arbeite seitdem nicht mehr. Zudem sei er der Bedrohung durch Schüler ausgesetzt.

Lehrer: „Ich hörte Jubel“

Der Lehrer wies den Vorwurf eines absichtlichen Schlags vor Gericht zurück. „Ich hörte Jubel“, schilderte er. Er sei zu der Gruppe gegangen, wo der Jubel hergekommen sei und ein Vermummter eine Palästina-Flagge gezeigt habe. Er habe dies als politische Demonstration aufgefasst. „Mir war klar, dass ich da einschreiten muss“, so der 62-Jährige. 

Ein Schüler habe dann demonstrativ die Flagge in seine Richtung gezeigt. Er habe ihn aufgefordert, sie wegzupacken und mit zur Schulleitung zu kommen. Weil er dies nicht getan habe, sei es zu einer Konfrontation „von Angesicht zu Angesicht“ gekommen. Plötzlich habe ihn der Schüler angegriffen und seinen Kopf gegen seine Stirn bewegt. Reflexmäßig habe er ihn weggeschoben. 

Polizei stuft Lehrer als gefährdet ein

Für ihn sei die Situation beendet gewesen. Wie der Lehrer schilderte, wurde er dann jedoch von dem Schüler angegriffen. Mit ausgestrecktem Bein habe er ihn in den Bauch getreten. „Der Junge ist Kampfsportler“, so der Mann. 

Der 62-Jährige ist seit dem Vorfall nach eigenen Angaben krankgeschrieben und in psychologischer Behandlung. „Ich wurde von der Polizei als gefährdete Person eingestuft. Ich sollte auf keinen Fall in die Schule gehen“, schilderte er. Tatsächlich habe eine der Schülerinnen im Internet dazu aufgefordert, ihn „behindert“ zu schlagen. Gegen diese Jugendliche werde es demnächst zum Prozess kommen. 

Staatsanwaltschaft klagt auch Schüler an 

Auch gegen den 16-Jährigen hat die Berliner Staatsanwaltschaft wegen Körperverletzung Anklage erhoben. Ob und wann es in diesem Fall vor einem Jugendrichter zum Prozess kommt, ist nach Angaben einer Gerichtssprecherin noch offen. Das Gericht müsse noch prüfen, ob es einen hinreichenden Tatverdacht gebe.

Der Schüler sagte im Prozess gegen den Lehrer unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus. Sein Rechtsanwalt erklärte, den Kopfstoß habe es nicht gegeben. Durch den Schlag ins Gesicht habe sein Mandant mehrere Wochen Schmerzen im Gesicht gehabt. Sein Mandant habe in einer eindeutigen Selbstverteidigungssituation gehandelt. Der Jugendliche habe die Schule wechseln müssen.