Wissenschaft Becherpfand und Zauberpulver
Sachsen-Anhalts Schüler zeigen bei "Jugend forscht", dass sie Grips haben. In Magdeburg präsentierten sie jetzt 38 Exponate.
Magdeburg l Ob bei Fußballspielen oder Konzerten - jährlich gehen Millionen Trinkbecher über die Tresen. Viele wandern in den Müll. Einige Hersteller bieten aber schon wiederverwendbare Pfandbecher an; doch das Rückgeben ist nervig, weil mit langem Schlangestehen verbunden. Zudem ist es teuer, weil es Servicepersonal bindet. Die Lösung: ein Pfandbecher-Rücknahmeautomat. Allerdings soll der die richtigen Becher von denen der Wegwerf-Konkurrenz unterscheiden können. André Linke aus Gräfenhainichen (Landkreis Wittenberg) hat die Lösung.
Er entwickelte ein Modul aus Kamera, Software und Minirechner, das blitzschnell Form und Farbe erkennt. So schluckt der Automat nur die richtigen Becher. „Mein Physiklehrer hat Kontakt zu Herstellern und mich auf die Idee gebracht.“ Der Zwölftklässler hat sie nun umgesetzt. Mal sehen, ob die Hersteller zufrieden sind. Die Jury hat er jedenfalls überzeugt: André Linke bekam dafür den ersten Preis im Fachgebiet Mathe/Informatik. Nach dem Abi will er in Magdeburg Computervisualistik und Mathematik studieren.
Ganz vorn landete auch Cornelius Miller vom Norbertusgymnasium in Magdeburg. Der 18-Jährige überzeugte im Fach Chemie. Angetan hat es ihm ein ganz spezielles Pulver: Bärlappsporen. Die Moospflanze, die vor allem in Asien vorkommt, liefert das gelbliche, puderartige Pülverchen. Bislang nutzen es vor allem Pyrotechniker. Mit Luft vermischt entsteht eine hochexplosive Mixtur. Auch Rockbands zaubern bei ihren Bühnenshows daraus gerne Feuerbälle. Doch das Pulver ist auch in anderer Hinsicht ein Knaller: Es bindet Öl und weist Wasser ab. „Daher habe ich mirüberlegt: Kann man mit den Sporen nicht noch mehr machen?“ Kann man. Cornelius Miller zeigt, dass etwa mit Öl verschmierte Federn sich kinderleicht mit dem Pulver reinigen lassen. Einsatzgebiet? Etwa bei Ölkatastrophen im Meer. Bislang müssen die Vögel mit einer Seifenlauge gereinigt werden, erzählt er. Mit den Sporen ging das deutlich schonender.
Insgesamt 65 Nachwuchs-Tüftler hatten sich in den beiden Alterssparten „Jugend forscht“ sowie „Schüler experimentieren“ für das Landesfinale qualifiziert. An den vergangenen beiden Tagen präsentierten sie ihre Erfindungen im Fraunhofer-Institut Magdeburg. Die fünf besten Jugend-Teams bekamen gestern ihre Tickets für das Bundesfinale Ende Mai in Darmstadt. Die Wettbewerbe werden im Land von Firmen unterstützt - voran vom Netzbetreiber Avacon.
Etliche Unternehmen haben hohes Interesse an dieser seit 1966 laufenden Talente-Messe. Einige Erfindungen wurden Renner. So entwickelte Bundessieger Thomas Nesch aus Baden-Württemberg 2008 einen Sensor, der Flüssigkeitsverluste an Lackierrobotern aufspürt. Daimler war begeistert und setzt das Gerät in der Autoproduktion ein. Ähnlich erfolgreich war Marc Bruhnke: 1992 überzeugte er die Jury mit einem neuen Soundsystem. Er nutzt Glasfaser statt Kupfer. Ein Segen für Großveranstaltungen mit Dutzenden Mikrofonen: Das Gewirr aus Kupferkabeln hat ein Ende - und damit auch das störende Brummen. Seine Optocore-Geräte sorgten 2004 für den guten Stadion-Ton bei den Olympischen Spielen in Athen.