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Betrugsvorwurf Sachsen-Anhalt legt sich mit EU an

Sachsen-Anhalt drohen Rückzahlungen von bis zu 92 Millionen Euro. Finanzminister André Schröder (CDU) will dagegen vorgehen.

Von Michael Bock 26.04.2018, 17:33

Magdeburg l Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung, kurz "Olaf", hatte Ende 2017 einen knapp 100-seitigen Bericht vorgelegt, der Sachsen-Anhalts Landesregierung ein vernichtendes Zeugnis ausstellte. Die EU-Korruptionsjäger listeten 44 Fälle auf, in denen bei der Vergabe von EU-Geld gegen geltende Regeln verstoßen worden sein soll. Vorwurf: Firmen sollen Kapital erhalten haben, ohne die Förderkriterien zu erfüllen. Konkret geht es um 92 Millionen EU-Geld.

Das Finanzministerium schickte am Donnerstag eine 85-seitige Antwort an die EU-Generaldirektion „Regionalpolitik und Stadtentwicklung“. Darin weist Sachsen-Anhalts Finanzminister André Schröder die Vorwürfe scharf zurück. Der Ermittlungsbericht von „Olaf“ sei „keine geeignete Grundlage für eine seriöse Einschätzung, ob Regelwidrigkeiten begangen wurden oder gar Betrug stattgefunden hat“, sagte er. Trotzdem bestehe ein finanzielles Risiko für den Landeshaushalt, räumte er ein  – „aller Wahrscheinlichkeit nach bis zu 92 Millionen Euro“.

Das Land halte die Argumente im Ermittlungsbericht von Olaf „für unzureichend“. Sie würden „schon gar nicht einen Beweis für schuldhaftes Beteiligen zum Nachteil des europäischen Haushaltes darstellen“. Daher sei Sachsen-Anhalt,  „notfalls auch bereit juristisch gegen finanzielle Konsequenzen seitens der EU vorzugehen“.

Es geht dabei um den Zeitraum 2000 bis 2013 und einen Skandal, mit dem sich sogar ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss im Landtag befasste. Im Fokus stand die landeseigene Fördergesellschaft IBG. Diese sollte kleine und mittlere Unternehmen im Land eigentlich mit Risiko-Kapital aushelfen und so innovative Firmen stützen.

Tatsächlich aber schaltete und waltete die IBG nach Gutdünken. So förderte sie unter ihrem Manager Dinnies von der Osten Briefkastenfirmen und auch solche, die in finanziellen Schwierigkeiten steckten. Das „AWS Achslagerwerk Staßfurt“ etwa erhielt Millionen, bevor kurze Zeit später das Aus kam.

Der frühere IBG-Manager selbst machte Geschäfte, indem er heimlich eigenes Geld in Unternehmen steckte (etwa den Solarmodulhersteller Q-Cells), für die er auch öffentliche Beteiligungen auf den Weg brachte.

Der Landesrechnungshof attestierte den IBG-Aufsichtsgremien, in denen auch Wirtschafts- und Finanzressort vertreten waren, später „kollektives Versagen“. Bei der IBG seien Verstöße gegen die eigenen Regeln durch fehlende Kontrollen, Intransparenz, mangelnde Organisationsstrukturen und nicht vorhandenen Sanktionsmöglichkeiten begünstigt worden.

Nun ist die EU-Generaldirektion „Regionalpolitik und Stadtentwicklung“ am Zuge. Schröder sagte, das Finanzministerium setze auf eine „faire Bewertung“ aller vorgebrachten Erklärungen.

Kommentar "Zweifelhaftes Muskelspiel des Ministers" zum Thema.