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Amateurfunkkdienst Ein Funknetz für den Notfall

Amateurfunker aus Sachsen-Anhalt sind weltweit vernetzt und haben sogar Kontakt ins Weltall. Doch die Technikfans haben große Probleme.

14.04.2018, 15:25

Halle/Baunatal l "Delta, Lima, Zero, Hotel, Alpha, Lima!" – Michael Radig (59) wiederholt immer wieder die Wortfolge. Es ist der Code "DL0HAL", das Rufzeichen der Funkamateur-Clubstation in Halle. Der Tisch im Raum ist vollgestellt mit technischen Geräten und zwei Bildschirmen. Es dauert nicht lange, da ruft eine fremde Stimme zurück. Auch ein Code. "Ein Chinese!", freut sich Radig. "Das ist schon sehr weit weg und deshalb selten."

Die halleschen Amateurfunker treffen sich einmal in der Woche. Dann werden Erfahrungen ausgetauscht und in den Weiten des "Äthers" per Funk Kontakt zu anderen Funkern aufgenommen. Mittlerweile werden von Amateurfunkern auch Bilder und sogar Fernsehen übertragen. "Amateurfunk-Fernsehen gibt es auch in Sachsen-Anhalt. Eine Sendestation befindet sich auf dem Brocken. Auf den Frequenzen der Amateurfunker kann das Programm empfangen werden", sagt Radig.

Clubfreund Günter Struck (72) hält es mit der klassischen Art. Was dem Laien wie eine unregelmäßige Folge von Pieptönen erscheint, ist für ihn Kommunikation mit Hilfe von Morsezeichen. Aus der Kombination von langen und kurzen Tönen ergeben sich Wörter und aus diesen Nachrichten.

"Auf jeden Fall macht Amateurfunk in den Zeiten von Internet noch Sinn. Zum Beispiel ist das Funken über das Internet, per DMR (Digital Mobile Radio) beliebt geworden", sagt Amateurfunkerin Herdis Lüttke aus Dessau-Roßlau. Sie besitzt ihre Funk-Lizenz bereits seit 1986. "Die normale Verbindung findet über Kurzwelle oder UKW statt. Zum Beispiel hatte ich vor einigen Tagen einen Funkkontakt zu einer russischen Station in der Antarktis. Auch die Raumstation ISS hat Amateurfunker an Bord", sagt Lüttke. "Einfacher und schneller ist vielleicht das Internet, aber über den Funk bekommt man Kontakte zu Menschen, die man sonst gar nicht kennengelernt hätte und die mit einem über das gleiche Hobby verbunden sind."

"Amateurfunk ist in erster Linie ein Hobby, was Spaß macht", sagt die Sprecherin des Deutschen Amateur-Radio-Clubs (Baunatal/Hessen), Sina Kirsch. "Die Zahl der Funkamateure in Deutschland ist in den letzten Jahren leicht gesunken. Wobei in letzter Zeit ein leichter Anstieg bei den Jugendlichen registriert wird. In Deutschland gibt es etwa 65.000 Funkamateure, davon 547 im Distrikt Sachsen-Anhalt."

Eine praktische Berechtigung hat der Amateurfunk auch: "Im Notfall, wenn alle anderen Kommunikationswege wie Internet, Fernsehen, Radio ausgefallen sind, kann immer noch über das Funknetz kommuniziert werden", sagt Kirsch.

Aber es gibt auch Probleme. Es fehlt der Nachwuchs. "Die meisten Schüler sind auf Handy spezialisiert", sagt Reinhold Prühs, Amateurfunker aus Halle. Und der Chefredakteur des Funk-Telegramms (Hamburg), Joachim Kraft, sagt: "Der Amateurfunk hat es über lange Zeit nicht geschafft, sich öffentlichkeitswirksam darzustellen. Er hat außerdem zu wenig Unterstützer in Politik und Wirtschaft, so dass es in den letzten Jahren vermehrt zur einer "Verschmutzung' der wichtigen Ressource Frequenz, die für die Ausübung des Amateurfunks lebenswichtig ist, kam. Störungen gibt es durch andere Geräte, wie PLC-Modems, LED-Lampen und Solartechnik." Zukünftig werde die drahtlose Ladetechnik von Elektroautos zu einer weiteren Verschärfung dieser Problematik führen.

In Halle können sich Interessierte beim "Feldtag" der Funker am 1. Mai im Passendorfer Schlösschen in Halle-Neustadt informieren. Zudem wird am 14. und 15. Juli die Amateurfunk-Weltmeisterschaft in Sachsen-Anhalt ausgetragen. Im Raum Wittenberg-Jessen treffen sich 130 Amateurfunker aus aller Welt mit 65 Stationen. Wer die meisten Funkkontakte in 24 Stunden erzielt, hat gewonnen.