Gedenkstätte Zwischen Ablehnung und Erwartung
Die Gardelegener reagieren mit geteiltem Echo auf den Neubau des Besucherzentrums. Vor allem Jüngere halten das Projekt für wichtig.
Gardelegen l Privatleute, Verbände und Schulen in Gardelelegen haben sich der Gedenkstätte Isenschnibbe seit Jahrzehnten verschrieben. Doch welchen Stellenwert hat der Ort heute für die ganz „normalen“ Bürger. Halten sie den Neubau auf ihrer Gedenkstätte für sinnvoll? Und werden sie ihn als Erinnerungsort annehmen? Eine Umfrage ergibt ein geteiltes Bild:
Da ist mit Dieter Wedau etwa ein Mann, den man als Gardelegener Urgestein bezeichnen könnte. Über Jahrzehnte hat er eine Wäscherei in der Stadt betrieben. „Zu DDR-Zeiten mussten wir zu jedem Jahrestag zur Gedenkstätte hinaus“, erzählt er am Donnerstag auf dem Wochenmarkt am Rathaus. Das war gut und richtig. Man sollte die Anlage weiter pflegen. „Warum man jetzt ein neues Gebäude bauen muss, verstehe ich aber nicht“, sagt der 82-Jährige.
Ähnlich sieht das Christian Matthes, der auf dem Markt seine Mittagspause eingelegt hat. Mit den Millionen-Ausgaben setze der Staat falsche Prioritäten. Die Sorgen der Bürger seien ganz andere. Eine Rentnerin am Nachbartisch, die ihren Namen nicht nennen will, wird noch deutlicher: „Das ist doch Geldverschwendung“, sagt sie und winkt ab. Der Staat solle Geld besser für Kindergärten ausgeben. Die seien nämlich vollkommen unterversorgt. Andere Gardelegener widersprechen, darunter auffällig viele jüngere Leute. „Ich finde es richtig, dass dort Geld investiert wird“, meint Josephine Lindecke (33). Eine Visualisierung, wie sie die Gedenkstätte plant, sei vor allem für Kinder wichtig. „Schüler müssen die Ereignisse von damals nachvollziehen können.“ Der 28-jährige Eike Pieper sieht das genauso. „Das gehört nun mal zu unserer Geschichte“, sagt der Gardelegener. Das müsse unbedingt vermittelt werden. „Viele, die sich heute auf rechte Parolen einlassen, haben doch keine Ahnung, wovon sie sprechen.“
Gardelegens Bürgermeisterin Mandy Zepig (SPD) hört solche Rückmeldungen gern. Als das Gedenkstätten-Projekt Ende 2016 auf der Kippe stand, kämpfte sie vehement für dessen Umsetzung. Stadtrat und Kreistag sandten damals Resolutionen an den Landtag. „Wir sind froh, dass es nun mit dem Neubau klappt“, sagt Zepig. Von der neuen Gedenkstätte erhofft sich die Bürgermeisterin gleich mehrere Impulse: „Wir erwarten eine viel bessere Zusammenarbeit mit unseren Schulen“, sagt sie. Außerdem sei beim Thema Todesmärsche viel Forschungsarbeit zu leisten.“ Nicht zuletzt dürfte Gardelegen durch die Gedenkstätte bekannter werden. „Wir hoffen natürlich, dass sich Gäste auch unsere Stadt ansehen.“