1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Landespolitik
  6. >
  7. Amokfahrt auf Weihnachtsmarkt: Trauer und Wut - Magdeburg ein Tag nach dem Anschlag

EIL

Amokfahrt auf Weihnachtsmarkt Entsetzen, Trauer und Wut - Magdeburg ein Tag nach dem Anschlag

Einen Tag nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmark steht die Stadt unter Schock. Hunderte legten an der Johanneskirche Blumen nieder. In das Gedenken mischt sich bei vielen zunehmend aber auch Wut.

Von Alexander Walter Aktualisiert: 21.12.2024, 20:58
Gedenken vor der Magdeburger Johanneskirche am Tag nach dem Anschlag.
Gedenken vor der Magdeburger Johanneskirche am Tag nach dem Anschlag. Foto: Alexander Walter

Magdeburg - Ein Ring aus Menschen umlagert am Sonnabendmittag das Portal der Johanneskirche nur 100 Meter vom Magdeburger Weihnachtsmarkt entfernt. Es ist der Ort, an dem am Abend zuvor ein 50-jähriger Arzt aus Saudi-Arabien mit seiner Amokfahrt ein Blutbad auf einem friedlichen Weihnachtsmarkt angerichtet hatte. Die vorläufige Bilanz: Fünf Tote und rund 200 teils Schwerstverletzte.

Blumen, Kerzen und Plüschtiere vor der Johanneskirche

Am Kircheneingang liegen jetzt, einen halben Tag nach der Tat, Hunderte Blumensträuße dazwischen Kerzen, aber auch Plüschtiere. Auch ein Kleinkind ist unter den Toten. „Ich bin hier. um meine Anteilnahme für die Verletzten, die Opfer und Familien zum Ausdruck zu bringen“, sagt Elke Kunath die extra aus Genthin in die Stadt gekommen ist. Den Verlust von nahen Menschen kenne sie aus der eigenen Familie, sagt die 64-Jährige.

Fernsehteams aus Belgien, Dänemark, Norwegen befragen auch andere umstehende Magdeburger hier vor der Kirche.

In die Stimmen zum Anschlag mischt sich zunehmend auch Wut

Zunehmend mischt sich dabei auch Wut in die Aussagen derjenigen, die gekommen sind. „Natürlich bin ich wütend“, sagt auch Elke Kunath. Für jedes kleine Vergehen würden normale Bürger von den Behörden angekreidet, Täter wie der von Magdeburg aber, der schon Monate vor seiner Tat ensprechende Pläne im Netz äußerte, blieben unterm Radar.

Lesen Sie auch: Im Video: Nach tödlichem Anschlag: Hier wird der Täter von Magdeburg festgenommen

Andere der Umstehenden werden noch deutlicher: „Wenn keine andere Regierung kommt, wird das hier gar nichts mehr in Deutschland“, sagt Bianca Fieseler aus Magdeburg. Seitdem so viele Ausländer im Land sind, gebe es immer mehr Übergriffe und Messerstechereien.

Ärger über Versagen der Behörden und Migrationspolitik der Regierung

Ähnlich äußern sich Anhänger der AfD. Die Junge Alternative, vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Jugendorganisation der AfD, hatte zuvor in den sozialen Medien zu einer Mahnwache aufgerufen. „Wir müssen in Deutschland endlich aufhören, die Symptome zu bekämpfen, wir haben seit Jahren zu viele Muslime im Land“, sagt eine hörbar aufgebrachte Frau ins Mikrofon eines Fernsehteams. Ein Mann ergänzt: „Wenn wir die Ursachen bekämpfen wollen, heißt das CDU und SPD müssen weg.“ Kurz brandet aus einigen Ecken Applaus auf.

„Finden Sie das nicht pietätlos?“

Dann aber wendet sich eine Frau aus dem Kreis der Trauernden in Richtung der TV-Leute. „Finden Sie das nicht pietätlos?“, fragt sie. „Das ist ein Ort der Trauer. Ich finde das pietätlos.“ Die Kritisierten lenken für den Moment ein.

Magdeburg ist an diesem Mittag aber nicht nur ein Ort der Wut. Vor der Oper, weniger Hundert Meter weiter haben sich eher links orientierte Gruppen zu einer eigenen Mahnwache zusammengefunden. „Wir sind Mitglieder der deutschen Gesellschaft und wir konnten die ganze Nacht nicht schlafen. Unsere Solidarität gilt den Opfern und Familien“, sagt ein Mitglied der deutsch-syrischen Gesellschaft. Eine der Mitorganisatorinnen, die ihren Namen nicht nennen will, ergänzt: „Wir wollen hier verhindern, dass diese Tat instrumentalisiert wird. Uns geht es darum, den Opfern und deren Familien unser Mitgefühl zu zeigen und zusammen zu stehen.

Wie Magdeburg an diesem ersten Tag nach dem Anschlag weiter mit dieser beispiellosen Bluttat umgehen wird, ist offen. Am Abend haben rechte Gruppierungen zu einer Demo am Hasselbachplatz aufgerufen. Am Dom ist um 18 Uhr eine Mahnwache geplant. Um 19 Uhr findet im Dom eine zentrale Gedenkstunde statt.