Corona Sachsen-Anhalt Die Dunkelziffer der Infizierten ist doppelt so hoch
Die Zahl der tatsächlich Corona-Infizierten ist etwa doppelt so hoch wie die der offiziell Gemeldeten. Das fand die Unimedizin Magdeburg heraus.

Magdeburg - Das Uniklinikum Magdeburg untersucht in einer Antikörper-Studie, wie stark sich das Corona-Virus verbreitet hat und wie gut die Menschen nach gut einem Jahr der Pandemie mittlerweile geschützt sind. Am Donnerstag stellten die Experten erste Ergebnisse vor. In einer ersten Runde wurde von Januar bis April das Blut von gut 2100 Probanden aus Magdeburg und Umgebung untersucht. Die allermeisten – nämlich fast 1900 – waren noch nicht geimpft.
Reale Inzidenz höher
Interessant war die Frage, wie viele Menschen unerkannt infiziert waren und daher in keiner Statistik auftauchen. Bei 110 der fast 1900 ungeimpften Probanden wurden Antikörper im Blut gefunden. 57 von ihnen wussten von ihrer Infektion. „53 von ihnen waren aber total überrascht“, sagt Professor Achim Kaasch, Chef der Mikrobiologie. Die Betroffenen hatten sich unbemerkt angesteckt.
Wenn auch die Zahlen nicht repräsentativ sind, so lässt die recht große Zahl der Untersuchten nach Ansicht der Wissenschaftler den Schluss zu, dass die tatsächliche Zahl der Infizierten etwa doppelt so hoch ist wie die gemeldete. Für Sachsen-Anhalt hieße das: Knapp 200 000 Menschen hatten tatsächlich bereits Corona.
„Der Faktor zwei ist allerdings deutlich niedriger als 2020 befürchtet – da gingen Schätzungen bis zum 20-fachen“, sagt Kaasch. Auch die reale Inzidenz ist demnach etwa zweimal höher als die offizielle. Dies sei aber kein Grund zur Beunruhigung. „Wir benötigen keine schärferen Grenzwerte. Entscheidend ist die Belastung des Gesundheitswesens.“
Erst 30 Prozent geschützt
Erst etwa 30 Prozent der Sachsen-Anhalter sind bislang gut gegen Corona geschützt. 13 Prozent der Probanden haben Antikörper: entweder durch eine Infektion oder aber nach einer ersten Spritze. Hinzu kommen 18 Prozent vollständig Geimpfte in Sachsen-Anhalts Bevölkerung. Für eine Herden-Immunität sind laut Robert-Koch-Institut aber 80 Prozent nötig. Kaasch meint: „Das Virus wird wahrscheinlich nicht ganz verschwinden. Wir hoffen aber, dass sich die Ausbreitung verlangsamt und die Zahl schwerer Erkrankungen zurückgeht.“
Spritze wirkt
Bisherige Daten zeigen: Nach einer zweiten Spitze haben alle Probanden Antikörper im Blut. Nach der Erstimpfung war das bei fast 80 Prozent der Untersuchten der Fall. „Ein zügiges und vollständiges Impfen bleibt daher wichtig“, sagt Professor Christian Apfelbacher, Chef der Sozialmedizin. Aus seiner Sicht erfreulich: Während des ersten Untersuchungszeitraums von Januar bis April sei die Impfbereitschaft der Probanden von 73 auf 82 Prozent gestiegen.
Land gibt 240 000 Euro
Die Unimedizin will die Studie bis zum Oktober nächsten Jahres fortsetzen. Bislang hat man 2100 Blutspender gefunden. Darunter sind etwa gleich viele Männer und Frauen; das Durchschnittsalter liegt bei 44 Jahren. „Es können auch noch neue Spender hinzukommen“, sagt der Chef der Transfusionsmedizin Professor Hans-Gert Heuft.
Das Land finanziert das Forschungsvorhaben mit 240.000 Euro. Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) hält das für gut angelegtes Geld: „Erkenntnisse zur Immunität sind wichtig für weitere Lockerungen.“