Eigenanteil für Pflegeheim Kosten für Seniorenheime in Sachsen-Anhalt explodieren
Der Eigenanteil für Heimbewohner in Sachsen-Anhalt ist binnen sechs Jahren auf fast das Doppelte gestiegen. Die Linke fordert vom Land, Betroffene stärker zu unterstützen. Ändert sich nichts drohen immer mehr Menschen in die Altersarmut zu stürzen, vor allem im Osten Deutschlands.
Magdeburg - Knapp 28.000 Menschen in Sachsen-Anhalt sind auf einen vollstationären Pflegeplatz angewiesen. Dafür müssen Betroffene immer höhere Eigenanteile aufbringen. Lag die Beitragshöhe für einen Heimplatz laut Sozialagentur 2017 im Schnitt noch bei 1.132 Euro im Monat, waren es in diesem Jahr bereits 2.150 Euro. Das entspricht einem Anstieg auf fast das Doppelte (knapp 90 Prozent).
Die Beträge setzen sich aus den Kosten der Unterkunft, der Verpflegung, einer Ausbildungsumlage sowie Investitionskosten zusammen. Verantwortlich für den Zuwachs ist neben der Inflation die erst 2020 eingeführte Ausbildungsumlage sowie die Einführung verpflichtender Tariflöhne in Pflegeheimen.
Durchschnittsrente im Osten weit unterhalb der Eigenanteile fürs Heim
Die durchschnittliche Rente im Osten liegt parallel deutlich unter dem Eigenanteil-Niveau. Bekamen Frauen 2022 1.133 Euro im Monat, waren es bei Männern 1.353 Euro. In einer Debatte im Landtag warnte die Linke gestern vor einem Abrutschen vieler Heimbewohner in die Altersarmut:
Rund ein Drittel sei davon bedroht, sagte Sozialpolitikerin Nicole Anger. „Viele Betroffene können sich die Eigenanteile nicht lange – wenn überhaupt – leisten.“ Tatsächlich waren zuletzt fast 7.900 Heimbewohner im Land auf Sozialhilfe angewiesen. Vor dem Anspruch müssen Betroffene bis auf einen Selbstbehalt von 10.000 Euro ihr Vermögen einbringen.
Linke fordert „Landespflegegeld“ als Zuschuss für Betroffene
Als Lösung fordert die Linke die vollständige Übernahme des Investitionskostenanteils durch das Land. Dafür rechnet sie mit Kosten von 100 Millionen Euro pro Jahr für den Etat. Außerdem sollen Heimbewohner einkommensabhängig ein „Landespflegegeld“ als Zuschuss bekommen.
Die Landesregierung soll sich darüber hinaus beim Bund für die Begrenzung der Eigenanteile sowie für eine Pflegevollversicherung einsetzen. Die Vollversicherung würde ähnlich dem Krankenkassensystem beitragsfinanziert sämtliche Pflegekosten übernehmen.
Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) bewertet die Pläne als zu teuer. Von Vorteil wäre es aber, die Ausbildungsumlage aus dem Eigenanteil herauszulösen, sagte sie.
Lesen Sie auch: Vermögenswirksame Leistungen: Was lohnt sich wirklich?
Auch die CDU hält eine Vollversicherung für schwer finanzierbar. „Wir brauchen eine Debatte dazu, welche Pflege wir uns im Alter leisten wollen“, sagte Politikerin Anja Schneider.
AFD und FDP begrüßen eine Vollversicherung
AfD-Politiker Ulrich Siegmund betonte, das bestehende System bestrafe durch die Pflicht-Einbringung von Vermögen diejenigen, die sich ihr Leben lang Werte erarbeitet hätten. Auch die AfD plädiert prinzipiell für eine Vollversicherung.
FDP-Politiker Konstantin Pott sagte indes: „Angesichts der demografischen Lage ist eine Privatvorsorge unerlässlich.“ Auf Antrag der Koalition soll sich die Landesregierung jetzt beim Bund für eine Begrenzung des Anstiegs der Eigenanteile sowie für eine Reform der Pflegeversicherung einsetzen.