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Verfahren vor Oberverwaltungsgericht Lehrer in Sachsen-Anhalt klagen gegen Pflicht-Zusatzstunde

Lehrer aus Sachsen-Anhalt wehren sich gegen die vom Land beschlossene zusätzliche Pflichtunterrichtsstunde pro Woche. Zwei von ihnen haben jetzt vor dem Oberverwaltungsgericht Klagen eingereicht.

Von Alexander Walter Aktualisiert: 29.08.2023, 10:25
Eva Feußner und Reiner Haseloff: Bei einem Bildungsgipfel im Januar hatte die Landesregierung die Pflich-Zusatzstunde für alle Lehrer beschlossen.
Eva Feußner und Reiner Haseloff: Bei einem Bildungsgipfel im Januar hatte die Landesregierung die Pflich-Zusatzstunde für alle Lehrer beschlossen. Foto: dpa

Magdeburg - Erstmals seit Jahren konnte das Bildungsministerium von Eva Feußner (CDU) zum Schuljahresstart vor zwei Wochen eine Entspannung des Lehrermangels im Land verkünden – trotz 4000 Schülern mehr in den Schulen als im Vorjahr.

Richter könnten Mehrarbeit kippen / Ministerium hat einen Monat für Stellungnahme

Wichtigster Grund: Nach einem von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) einberufenen Bildungsgipfel im Januar hatte die Landesregierung eine zusätzliche Pflichtunterrichtsstunde pro Woche für alle Lehrer eingeführt. Sie gilt seit 1. April und bis Juli 2028. Rein rechnerisch stehen dank des Schritts rund 500 Lehrer mehr an den gut 860 allgemeinbildenden Schulen im Land zur Verfügung.

Bei Urteil zugunsten der Kläger droht mehr Unterricht auszufallen

Jetzt allerdings wehren sich ein angestellter und ein verbeamteter Lehrer mit je einem Normenkontrollverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gegen die sogenannte Vorgriffsstunde.

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Die Antragsteller sind der Auffassung, dass die Mehrarbeit mit höherem Recht unvereinbar ist, sagte Gerichtssprecherin Claudia Schmidt gestern. Das Ministerium habe bis Ende September Zeit für eine Stellungnahme.

GEW: Unterrichtsversorgung könnte unter Tiefststand von 2022 sinken

Möglich sei, dass die Richter die Verordnung, die die Extra-Stunde regelt, danach für unwirksam erklären, ergänzte Schmidt. Käme es so, hätte das Folgen für die Personalausstattung an den Schulen. Nach Einschätzung Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) dürfte die zentrale Kenngröße – die Unterrichtsversorgung – auf ein noch niedrigeres Niveau als im Vorjahr fallen. Damals hatte sie mit 92 Prozent einen Tiefststand erreicht.

Das Bildungsministerium wollte mit Verweis auf zahlreiche Variablen wie Teilzeit keine eigenen Berechnungen dagegensetzen. Gestartet waren die Schulen nach den Sommerferien mit 95,5 Prozent über alle Schulformen hinweg – mit Extra-Stunde. Bei 103 Prozent geht man davon aus, dass Unterricht auch bei Krankheit einzelner Lehrer nicht ausfallen muss.

Bildungsministerium arbeitet an monatlicher Auszahlung der Zusatz-Stunde

Die GEW unterstützt die Klagen der Lehrer: „Die Mehrarbeit ist schlecht umgesetzt, denn der Effekt, kommt nicht dort an, wo er am dringendsten gebraucht wird“, sagte Landeschefin Eva Gerth. Gemeint sind vor allem die Sekundarschulen – die Unterrichtsversorgung lag hier auch mit Zusatzstunde zuletzt bei nur 88,5 Prozent (2022: 88,1 %).

Darüber hinaus verstoße das Ministerium gegen eigene Vorgaben, denen zufolge die Extra-Stunde monatlich ausgezahlt werden müsste, sagte Gerth. Tatsächlich wird die Vorgriffsstunde bislang nur jährlich ausgezahlt. Ministeriumssprecher Elmer Emig erklärte, man arbeite aber mit Hochdruck an einer monatlichen Auszahlung.

Lehrer können selbst entscheiden, ob sie sich die Vorgriffsstunde auszahlen lassen oder diese auf einem Arbeitszeitkonto für späteres Abbummeln ansammeln wollen. Laut Ministerium haben sich von 12.300 Lehrern rund 75 Prozent (9300) für die Auszahlung entschieden.