Corona-Impfungen Sachsen-Anhalt hält an Impfreihenfolge fest - Es gibt noch nicht genug Impfstoff im Land
Anders als Berlin, Bayern oder Sachsen rückt Sachsen-Anhalt vorerst nicht von der Impfreihenfolge für Corona-Impfungen in Arztpraxen ab. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn plant unterdessen, die Priorisierung für alle Vakzine am 7. Juni aufzuheben.
Magdeburg - Anders als Berlin, Bayern, oder Sachsen rückt Sachsen-Anhalt vorerst nicht von der Impfreihenfolge für Corona-Impfungen in Arztpraxen ab. Viele Praxen stoßen unterdessen unter dem Druck der Nachfrage nach Impfterminen an ihre Grenzen.
Immer mehr Bundesländer heben die Impfreihenfolge für Corona-Impfungen in Arztpraxen auf. Nach Bayern, Baden-Württemberg und Berlin stellen nun auch die Nachbarn Sachsen und Thüringen den Schritt in Aussicht.
„In dem Moment, wo in Hausarztpraxen ausreichend Impfmaterial da ist, kann der Hausarzt das entscheiden“, sagte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) am Montag dem ZDF.
Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerium lehnte die Aufhebung der Impfreihenfolge in Praxen – und Impfzentren – auf Anfrage auch am Montag aber ab:
„Grundsätzlich steht noch nicht genug Impfstoff zur Verfügung, um sofort allen Impfberechtigten einen Termin anzubieten“, sagte eine Sprecherin. Selbst in den Impfzentren (die das Land zentral beliefert) könnten derzeit nur wenige Erstimpfungen angeboten werden.
Denn: Die Liefermengen des Bundes hätten sich bislang kaum erhöht, gleichzeitig müssten die Impfzentren viele Zweitimpfungen absichern.
Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) äußerte sich für die Praxen ähnlich: „Aktuell ist die Impfstoffmenge für den ambulanten Bereich weiter zu gering“, sagte eine Sprecherin.
Ärzte bestätigen den Mangel: „Im Moment sieht es schlecht aus“, sagte Holger Fischer, Hausarzt aus Quedlinburg. Für diese Woche hat er ganze 48 Dosen des Impfstoffs von Biontech bekommen. Sie alle sind für Zweitimpfungen verplant. „Erstimpfungen können wir im Moment leider gar nicht anbieten.“ Auch personell stoße die Praxis an Grenzen. „Wir können nicht nur impfen, wir müssen auch andere Patienten behandeln“, so Fischer.
„Das Schlimmste beim Impfen ist die fehlende Planbarkeit“, ergänzte der Mediziner. Jeweils bis Dienstagmittag bestellen die Praxen im Land über Apotheken und Großhändler ihre Vakzine, erst donnerstags erfahren sie aber, was sie bekommen.
Oft ist es weniger als angekündigt. „Dann beginnt das Telefonieren von vorn“, sagte Fischer. „Erst setzen wir die Leute auf die Liste. Dann müssen wir sie zurückrufen und absagen, weil wir den Impfstoff doch nicht bekommen.“ Fischer, zugleich Landes-Vize im Hausärzteverband, fordert trotz Impfstoffmangels die rasche Aufhebung der Impfreihenfolge für alle Corona-Vakzine in Praxen im Land: Mit einer Aufhebung der Reihenfolge erhielten Ärzte die Sicherheit, Impfdosen auch dann verwenden zu können, wenn gerade kein Risikopatient erreichbar sei.
Frustrierende Terminsuche
Fünf Monate nach Beginn der Impfkampagne hätten Hochbetagte zudem genügend Zeit gehabt, sich um einen Termin zu bemühen, sagte er. „Spätestens ab Juni sollte die Priorisierung daher fallen.“
Manche Bürger berichten indes von frustrierenden Erfahrungen bei der Terminsuche: „Als fast 67-jähriger Risikopatient ist es unmöglich in Magdeburg einen Impftermin zu bekommen, es sei denn man ist 24 Stunden am Computer“ schrieb ein Volksstimme-Leser. Ein anderer: „Wir versuchen seit geraumer Zeit einen Impftermin für meine Frau zu bekommen. Sie ist in der Risikogruppe 2, nach einer Krebserkrankung. Leider ist kein Termin zu bekommen, weder über das Internet noch über die zentrale Hotline 116 117 oder über den Hausarzt.
Die telefonische Nachfrage nach Impfterminen ist aktuell in der Tat hoch wie nie. Registrierte die Hotline 116117 noch im März und April rund 60.000 Anrufe in der Woche, waren es am 11. Mai rund 48.000 Anrufer an einem Tag. Vergangene Woche gab das Sozialministerium die Impftermine für die Prioritätsgruppe 3 (Über 60-Jährige und bestimmte Berufe) frei. Seitdem ist die Zahl der Impfberechtigten nochmals gestiegen.
Wie am Montag bekannt wurde, will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Impfreihenfolge am 7. Juni für Praxen und Impfzentren komplett aufheben, obwohl der Impfstoff dann noch nicht für alle reichen dürfte. Bis dahin hatten in Sachsen-Anhalt 35,4 Prozent der Bürger mindestens eine Corona-Impfung bekommen, 11,3 Prozent auch die zweite.