Landwirtschaft Güllebremse stinkt den Bauern
Noch immer ist der Nitratgehalt im Grundwasser zu hoch, auch in Teilen Sachsen-Anhalts. Die Europäische Kommission verliert die Geduld.
Magdeburg l Julia Klöckner reist am Mittwoch nach Brüssel. Viele Landwirte fürchten, dass die Souvenirs der Bundesagrarministerin nicht unbedingt erfreulich sein werden. Vor der Europäischen Kommission präsentiert sie einen neuen Vorschlag für strengere Dünge-Regeln. Die Düngeverordnung von 2017 ist der EU-Kommission nicht weitreichend genug. Noch immer ist zu viel Nitrat im Grundwasser. Nach Angaben des Umweltministeriums weisen auch in Sachsen-Anhalt 20 Prozent der 505 Grundwassermessstellen eine höhere Nitratkonzentration als die erlaubten 50 Milligramm je Liter auf.
Ist Brüssel zufrieden, kommt Klöckner mit neuen Pflichten für die Landwirte im Gepäck zurück, darunter: Regeln zur Dokumentation der Düngermenge und längere Sperrfristen. „Für uns werden die Herausforderungen noch größer“, befürchtet Olaf Feuerborn, Präsident des Bauernverbandes. „Landwirte in Sachsen-Anhalt sind sauer.“ Vor allem deshalb, weil „ein Generalverdacht“ über ihnen schwebe. So müsse man bereits jetzt den gleichen Regeln folgen wie zum Beispiel Bauern in Niedersachsen, die jedoch deutlich mehr Vieheinheiten pro Hektar haben und damit mehr Gülle produzieren. Auch Umweltministerin Claudia Dalbert erklärte: „Ich fordere die Einführung des Verursacherprinzips.“ Eine Bindung der Tierzahlen an die Fläche sei erforderlich, um die Nitrat-Überschüsse in Regionen mit intensiver Tierhaltung einzudämmen.
Zudem liegen zwei Trockenjahre hinter den Bauern. Das Problem sei nicht zu viel Dünger, „sondern zu wenig Regen, dadurch ist die Verdünnung zu gering“, so Feuerborn. Seit Anfang Juli gelten in Sachsen-Anhalt für nitratgefährdete Gebiete besondere Regeln. Unter anderem darf zwischen 15. November und 31. Januar keine Gülle mehr aufgetragen und der Düngebedarf um maximal zehn Prozent überschritten werden. „Das stellt Landwirte mit Tierhaltung vor große Probleme“, so Feuerborn. „Wir brauchen neue Lagerkapazitäten, aber das geht nicht von heute auf morgen.“ Weil die Erteilung von Baugenehmigungen im Land viel Zeit in Anspruch nehme. Feuerborn erhofft sich mehr Untersützung vom Land.
Auch Feldflächen der Landwirtschaftlichen Betriebsgemeinschaft Groß Germersleben in der Börde zählen zu den nitratgefährdeten Gebieten. Die Düngebedarfsermittlung bezeichnet Produktionsleiter Sven Borchert als „bürokratisches Monster“. Und sie birgt die Gefahr des Hamsterrads. Landwirte müssen den Bedarf für die vergangenen drei Jahre nachweisen. „Das Programm erkennt die miesen Ernten der letzten zwei Jahre und denkt dann, da muss ja noch was von der Düngung da sein“, beschreibt Borchert das Problem. Sollte nun ein witterungsbedingt gutes Jahr folgen, fehlt unter Umständen die Düngung, um daraus Profit zu ziehen. „Wir schieben die Verantwortung nicht von uns weg“, betont der Landwirt, „es wird aber zu wenig differenziert“.
Als Ursachen für die Nitrat-Belastung gelten Gülle und Massentierhaltung. Zwar wird das Trinkwasser im Land vor allem aus unbelasteten, tiefliegenden Schichten gewonnen. Doch zu viel Nitrat gefährdet auch den Bio-Haushalt von Bächen und Flüssen. Die Landwirte sehen die Brotweizenproduktion in Gefahr. Pflanzen ziehen aus dem Nitrat den benötigten Stickstoff zum Eiweiß-Aufbau - für die gewünschte Konsistenz im Brot.