1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Leseranwältin
  6. >
  7. Leseranwältin: Sensiblerer Umgang mit der Sprache

EIL

Leseranwältin Sensiblerer Umgang mit der Sprache

Aktualisiert: 09.12.2024, 12:10
Leseranwältin Heike Groll
Leseranwältin Heike Groll VS

„Problemwolf“, „Miethammer“, „Bundesliga-Poker“ – wetten, dass Sie beim Lesen dieser Wörter sofort Bilder im Kopf hatten? Wenn es darum geht, Themen knapp und zugleich anschaulich auf den Punkt zu bringen, und zwar so, dass die Beschreibung auch in die Überschriftenzeile einer einspaltigen Meldung passt, dann sind Journalisten erfinderisch. Leider kann das Bemühen, griffig zu formulieren, über das Ziel hinausschießen, so wie in einem Beitrag im Rahmen unserer Spendenaktion „Leser helfen“ über eine Initiative, die Mädchen und Jungen aus sozial schwierigen Verhältnissen einen für sie sonst unerreichbaren Ausflug ins Wissenschaftsmuseum Phaeno ermöglichen will.

Dass sie als „Problemkinder“ bezeichnet werden, kritisiert eine Leserin, und wünscht sich einen sensibleren Umgang mit der Sprache. Sie hat recht. Das Wort war zwar in Anführungszeichen gesetzt, was eine gewisse Distanzierung von dieser Formulierung ausdrücken soll. Deutlich stärker ist aber die Wirkung des Begriffs selbst, der als schwer wieder zu entfernendes Etikett auf einer Schublade mit vermeintlich eindeutigem Inhalt klebt und signalisiert: Wer hier drin ist, hat nicht nur ein Problem, er ist selbst eines – ein gravierender Unterschied.

Schwierigkeiten klar zu beschreiben, gehört zum journalistischen Auftrag. Den Eindruck entstehen zu lassen, dass Menschen an sich Probleme seien, widerspricht hingegen der Pflicht, ihre Würde zu achten. Dies lag nicht in der Absicht der Redaktion. Das Projekt wurde gerade deshalb für die Aktion ausgewählt, weil wir davon überzeugt sind, dass jeder Erwachsene und jedes Kind ein Recht darauf haben, geachtet zu werden und die Freude zu erfahren, gemeinsam mit anderen etwas zu erleben und zu lernen. Aus dem Zusammenhang geht deutlich hervor, in welchen Lebenssituationen sich die Betreffenden gerade befinden.

Statt eines starken Signalworts hätte ein einziges Wort ausgereicht, die zu benennen, um die es geht: Kinder, ganz einfach.