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Leseranwältin Wer zahlt Wasser-Gymnastik?

Streit um Kostenübernahmen von Funktionstraining für Rheuma-Erkrankte nach zeitlicher Verlängerung des Angebotes. Verbandsmitgliedschaft könnte Problem lösen.

Von Gudrun Oelze 18.11.2024, 07:00
Wasser-Gynmastik kann für Rheuma-Kranke eine große Hilfe sein.
Wasser-Gynmastik kann für Rheuma-Kranke eine große Hilfe sein. picture alliance / Kirsten Neumann

Magdeburg. - Als größte Selbsthilfeorganisation im Gesundheitsbereich fühlt sich die deutsche Rheuma-Liga den in Deutschland an Rheuma erkrankten 17 Millionen Menschen verpflichtet. Auch in Sachsen-Anhalt gibt es seit 1990 einen Landesverband mit inzwischen rund 2500 Mitgliedern, der in 31 örtlichen sowie 5 diagnose- und altersspezifischen Selbsthilfegruppen und Arbeitsgemeinschaften Ansprechpartner für Menschen mit rheumatischen Erkrankungen ist. Zu den Angeboten der Rheuma-Liga gehört auch ein spezielles Funktionstraining als wichtiger Therapiebaustein für Betroffene, um Beweglichkeit zurückzugewinnen, Schmerzen zu reduzieren, wieder mehr Lebensqualität zu genießen.

Schmerzen lindern

Auch Marion Runzer aus Blankenburg nutzt dieses Angebot seit mehreren Jahren, um ihre eingeschränkten Gelenkfunktionen und Schmerzen zu lindern. Das Funktionstraining wurde ihr vom Rheumatologen und ihrem Mann Bernd vom Orthopäden verordnet. Bei beiden finanziert ihre Krankenkasse – die IKK gesund plus – dieses Funktionstraining, das im Harzkreis allein die Rheuma-Liga Sachsen-Anhalt anbietet. Bisher konnten die Eheleute dies ohne Mitgliedschaft in der Liga nutzen.

Doch jetzt nicht mehr. Für Nichtmitglieder sei dies nun nicht mehr möglich, teilte man den beiden Blankenburgern mit. Zu dem Jahresbeitrag von 30 Euro kämen weitere 20 Euro im Quartal für „Mehrleistungen“. Denn zwar übernehmen alle gesetzlichen Krankenkassen, die Rentenversicherungen Mitteldeutschland und Bund die Kosten für Funktionstraining bei ärztlicher Verordnung, bestätigt Liga-Geschäftsführerin Yvonne Bothfeld, doch nur für 20 Minuten Wasser- und 30 Minuten Trockengymnastik.

Aus therapeutischen Gründen seien die Funktionstrainingsangebote der Rheuma-Liga aber landesweit um ca. zehn Minuten verlängert worden, um die Wirksamkeit der Behandlung zu steigern. „Dieses kostenpflichtige Zusatzangebot bedeutet zum Beispiel eine 30-minütige Wassergymnastik anstatt der von den Sozialleistungsträgern vergüteten 20 Minuten“, so die Geschäftsführerin.

Bisher war die Inanspruchnahme der Mehrleistung, die auch Familie Runzer gern angenommen hat, für die Teilnehmer am Funktionstraining in der Regel kostenfrei. Doch wegen Kostenerhöhung in vielen Bereichen des Lebens und des Fachkräftemangels sei dies nun nicht mehr möglich.

Mitgliedschaft ist Chance

Die Mitgliedsbeiträge zur Rheuma-Liga würden helfen, dass es weiterhin ein breites Spektrum an hochwertigen Unterstützungsangeboten geben kann. „Und bezüglich des kostenpflichtigen Mehrleistungsangebotes für eine Verlängerung der ärztlich verordneten Therapiezeit sind wir auf eine effektive und bezahlbare Auslastung der uns zur Verfügung gestellten Therapiezeiten der Einrichtungen angewiesen“, so Yvonne Bothfeld. Die Mitgliedschaft für den Zugang zum Funktionstraining sei daher nicht als Nachteil, sondern als Chance zu verstehen.

Doch das Ehepaar aus Blankenburg, beide EU-Rentner und behindert mit einem GdB von 70 - möchte der Liga nicht als Mitglied angehören. Das sei auch keine Voraussetzung, um am Funktionstraining teilnehmen zu können, hatte ihnen die Krankenkasse bestätigt. Sie würden Gymnastik im Wasser dann eben nur in den von der Kasse finanzierten 20 Minuten nutzen und danach das Becken verlassen, schlugen sie vor.

Damit wären auch alle anderen Mitglieder ihrer Trainingsgruppe einverstanden, nicht aber der ehrenamtliche Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Blankenburg, der sich gegen die Teilnahme von Nichtmitgliedern für 20 Minuten ausgesprochen hat.

Die Rheuma-Liga sei hauptsächlich durch das Engagement von Ehrenamtlichen – in Sachsen-Anhalt rund 300 Menschen - geprägt. „Die Unterstützung durch eine Mitgliedschaft trägt somit ganz stark zur Honorierung der Bemühungen dieser vielen Menschen bei“, betont Yvonne Bothfeld.

Sie versichert für ihren lokalen Vorstand in Blankenburg jedoch, dass man sich zusätzlich zu dem dort derzeit gut ausgelasteten Funktionstraining um die Eröffnung einer 20-Minuten-Gruppe bemühe. „Familie Runzer steht dafür auf der Warteliste.“