BKK VBU Magdeburgerin leitet große Krankenkasse mit 550.000 Versicherten
Andrea Galle ist eine der wenigen Frauen in der Top-Etage einer deutschen Krankenkasse – und das schon seit 30 Jahren. Wie die Chefin der BKK VBU aus 500 Versicherten 550.000 machte.

Magdeburg/Berlin - Überall ernste, ältere Herren in schwarzen Anzügen. An ihre erste Konferenz als Geschäftsführerin erinnert sich Andrea Galle noch gut. „Ich war gerade 30. Ich war die Exotin“, sagt Galle, die seit 30 Jahren die Krankenkasse BKK VBU führt.
Was Frauen an der Spitze deutscher Krankenversicherungen angeht, ist sie das noch heute. Eine Exotin. Aber nach der Übernahme von elf anderen Kassen und einem Wachstum von 500 auf 550.000 Versicherte, kann man wohl sagen: Andrea Galle hat ihr Habitat gefunden.
Ihre Wurzeln hat die 61-Jährige, die in Berlin lebt, in Sachsen-Anhalt. Die Familie stammt aus der Altmark. Geboren ist Galle in Magdeburg, zur Schule ging sie in Staßfurt. Beim Industriebaukombinat in Magdeburg machte sie eine Lehre, danach studierte sie in Berlin, halb Bauingenieurwesen, halb Betriebswirtschaft. Als ihr erster Arbeitgeber, das Autobahnbaukombinat in Magdeburg, im Zuge der Wende aufgelöst wurde, kam Galle im Nachfolgebetrieb Verkehrsbau-Union (VBU) unter. Hier baute sie Anfang der 1990er Jahre die Betriebskrankenkasse (BKK) neu auf.
In der DDR gab es das nicht, dass die Betriebe selbst für die Krankenversicherung der Mitarbeiter sorgten. Das änderte sich 1990. „Ich war entschlossen, eine eigene Krankenkasse zu gründen und etwas für die Belegschaft zu tun“, erinnert sich Galle. Am 1. Januar 1993 wurde die BKK VBU errichtet. Alle 500 Arbeiter wurden automatisch zu Versicherten.
Lesen Sie auch: Arzt aus der Altmark verklagt seine 17-jährige Auszubildende
Job von Andrea Galle sollte Mann bekommen
An der Spitze stand von Anfang an Andrea Galle. „Den Job sollte eigentlich ein Mann übernehmen. Aber dem war das wohl zu klein“, sagt die Krankenkassen-Chefin. Anfangs gab es neben Galle nur eine weitere Mitarbeiterin.
Das sollte nicht lang so bleiben. Ab 1996 konnten Arbeiter ihre Kasse frei wählen. Die BKK VBU wuchs. „Damals ging das vor allem über den Preis und klassisch per Telefon“, erinnert sich Galle. Zwischen 2000 und 2020 übernahm die Krankenkasse aber auch elf andere. Heute hat sie 1.250 Mitarbeiter und 45 Standorte. In Magdeburg gibt es zudem eine Geschäftsstelle für die 15.000 Versicherten im Land.
Die Zeit der niedrigen Preise ist mittlerweile vorbei. Die BKK VBU gehört zu den Krankenkassen mit den höchsten Zusatzbeiträgen. „Wir wollten nie Preisführer sein. Es geht auch darum, ob man preiswürdig ist“, sagt Galle. Von Anfang an habe die Kasse viele Extraleistungen übernommen. So sei die BKK VBU die erste Kasse gewesen, die alle Impfungen bezahlt habe. Von Anfang an habe man die HPV-Impfung auch für Jungen übernommen. Komplementärmedizin werde nicht ausgeschlossen. „Wir wollen die Menschen nicht bevormunden, sondern unterstützen sie“, meint Galle.
Andrea Galle von der BKK VBU will nicht bevormunden
Auf das deutsche Gesundheitssystem kommen der Krankenkassen-Chefin zufolge große Herausforderungen zu – allen voran die alternde Bevölkerung. Galle wolle noch stärker daran arbeiten, Krankheiten zu vermeiden, zum Beispiel durch bessere Ernährung. Aber auch hier gelte: „Ich will nicht ideologisieren. Gesundheit soll auch Spaß machen. Das erreicht man nicht mit Verboten.“
Bis 2026 ist Galle gewählt. Weiterzumachen kann sie sich gut vorstellen. Als Chefin hat sie sich auch um mehr Frauen in den Führungsetagen bemüht. Die Quote der BKK VBU liegt jetzt bei 50 Prozent. Mehr Perspektiven führen Galle zufolge zu besseren Entscheidungen: „Vielleicht hätten wir, wenn wir mehr Frauen in entscheidenden Positionen gehabt hätten, schon früher mehr auf die Pflege geschaut“, meint sie. „Die besten Entscheidungen bekommen sie in diversen Teams“, lautet ihre Überzeugung.