Volksstimme-Aktion „Leser helfen 2024“ Projekt im Harz macht Jugendliche mit Autismus fit für den Alltag - und braucht Unterstützung
Dieses Projekt ist einzigartig im Landkreis Harz: In der Challenge „ Eine Woche Selbstversorgung“ lernen Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störung, wie sie Arbeits- und Alltagsaufgaben meistern. Doch dafür werden Spenden benötigt.
Thale. - Die Mägen knurren schon lange, als das Essen endlich auf den Tisch kommt. Dem Jugendlichen, der sich als Koch ausprobierte, fehlte die Struktur. Bis zum ersten Handgriff benötigte er eine volle Stunde, um die Zubereitung, deren Ablauf penibel durchzuplanen. Beispielsweise sortierte er die Zutaten, legte schon mal das Nudelsieb bereit. Und doch: Er hat für die ganze Gruppe gekocht, alle satt bekommen und gemerkt, dass er es allein schafft. Ein gutes Gefühl für einen Jugendlichen mit einer Autismus-Spektrum-Störung.
Ein Vorhaben wie das Kochen „nicht vorher ,zerdenken‘, sondern einfach mal machen“, das ist für viele mit einer Autismus-Störung schwierig. „Intuitives Handeln funktioniert nicht so gut, sie haben für ein Bauchgefühl kein Gespür“, erklärt Janine Adamski von der Sozialpädagogischen Familienhilfe (SPFH) in Thale. „Es muss unglaublich gut strukturiert sein, für alle Fälle einen Plan geben.“ Dabei können Bildkarten und Trainings unterstützen. Betroffene haben Probleme mit der Kommunikation, im sozialen Umgang und/oder haben stereotypen Verhaltensweisen.
Sozialtraining für Jugendliche mit Kommunikationsproblemen
Die SPFH des Regionalverbands Altkreis Quedlinburg vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) betreut eine im Harzkreis einzigartige Gruppe von Jugendlichen, die unter Autismus-Entwicklungsstörungen oder anderen Kommunikationsbeeinträchtigungen leiden. Hier gibt es Sozialtrainings – etwa, sich in einer fremden Stadt zurechtzufinden –, und im geschützten Rahmen werden altersspezifische Themen wie schulische Herausforderungen behandelt. Adamski: „Je älter sie werden, desto mehr interessieren sie Themen wie: Wie ist es, wenn ich mal alleine wohne, arbeiten gehe?“
Die Selbstständigkeit im Alltag können Teilnehmer im Sommer 2025 erproben: beim von uns geförderten Projekt „Challenge: Eine Woche Selbstversorgung – Fit 4 Life“. Es handelt sich um eine Ferienfreizeit auf einem Schulbauernhof, bei der es Arbeits- und Alltagsaufgaben gibt, wie das Versorgen von Schweinen und Ziegen, den Haushalt zu schmeißen oder das Instandhalten der Unterkunft.
Mit dabei sind Janine Adamski und ihre Kollegin Bianca Kurkowski, auch wenn sie sich zurückhalten, die Jugendlichen machen lassen. Zwei Mal gab es solche Freizeiten mit der bisherigen Gruppe, die vor knapp sechs Jahren ins Leben gerufen wurde und deren Mitglieder nun alle volljährig sind. Eine neue Jugendgruppe ab zwölf Jahren startet.
So lernen Jugendliche bei „Fit 4 Life“ aus eigenen Fehlern
Die Mädchen und Jungen sollen ähnliche Erfahrungen machen, sich selbst und auch ihren Eltern beweisen, dass sie eigenständig sein können. Dazu gehört, aus Fehlern zu lernen. Kurkowski gibt ein Beispiel: Beim ersten Mal kauften sich die Jugendlichen einen Rucksack voll mit Marken-Süßigkeiten; das Geld reichte dann nicht mehr für kostenpflichtige Freizeitaktivitäten. „Im zweiten Jahren wählten sie günstigere Produkte und planten den Einkauf anders.“
Die Teilnehmer erproben, sich zu versorgen und ihren Alltag zu bewältigen, sie werden ermutigt, in sozialen Kontakt zu treten, sie erkennen Stärken und bauen Ängste ab. Adamski: „Man sieht, dass sie in einer Woche auftauen, selbstsicherer werden.“