Prozessauftakt in Stendal Mit Video: Auftakt im Mordprozess der getöteten „Kezhia“ aus Klötze
Unter großem öffentlichen Interesse begann am 19. September vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht Stendal der Prozess, bei dem es um die Tötung der 19 Jahre alten Kezhia aus Klötze geht. Mehr dazu auch im Video.
Stendal/Klötze - Am Dienstag hat der Prozess um die getötete Kezhia H. aus Klötze am Stendaler Landgericht begonnen.
Der Mordprozess vor der 2. Großen Strafkammer am Stendaler Landgericht wird weder unterbrochen noch ausgesetzt. Diesen Antrag, den die beiden Strafverteidigerinnen des Angeklagten Tino B. gleich nach Verlesung der Anklage gestellt hatten, zogen die Rechtsanwältinnen zurück. Im Vorfeld hatte es eine längere Diskussion mit dem Vorsitzenden Richter Ulrich Galler und die Ablehnung des juristischen Vorstoßes durch Anklagevertreterin Schlüter und Holger Stahlknecht, der die Mutter der Getöteten vertritt, gegeben.
Im Video: Hat Tino B. Keziha aus Klötze getötet? Prozessauftakt in Stendal
Die Oberstaatsanwältin hatte zum Auftakt der Hauptverhandlung den Fall aus Sicht der Staatsanwaltschaft geschildert. Tino B. und Kezhia H. soll seit mehreren Jahren „ein intimes Verhältnis“ verbunden haben. Am 4. März 2023 habe der Angeklagte die 19-Jährige mit seinem Dienstfahrzeug – einem VW- Crafter-Transporter – um 13.01 Uhr an einer Bushaltestelle in Klötze abgeholt.
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Das Paar sei nach Niedersachsen gefahren. In einem Waldstück zwischen Jembke und Hoitlingen sei es nach 13.31 Uhr „auf der Ladefläche oder neben dem Transporter zum einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gekommen“. Schlüter: „Unmittelbar danach stach der Angeklagte 32-mal mit einem messerähnlichen Gegenstand in Brust und Bauch seines Opfers, das völlig überrascht und wehrlos war.“
Von Übertötung spricht man, bei einer völlig überzogenen Anzahl von Messerstichen, was als Anzeichen für besondere Wut und Aggression hinweist. Ein deutlicher Hinweis auf eine persönliche Beziehung zwischen Täter und Opfer. Kezhia H. starb innerhalb weniger Minuten an Herzkreislaufversagen.
Trauerfeier: Klötze nimmt Abschied von Kezhia
Den Leichnam habe er vorerst in Jeggau in einer ehemaligen LPG versteckt, die als Müllhalde genutzt wird. Am 7. März habe er die Tote zum Kieswerk im niedersächsischen Bahrdorf gebracht, wo er sie mit Benzin übergoss und angezündet habe. Danach habe B. die Leiche verscharrt. „Dafür nutzte er einen Minibagger seiner Firma.“
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Sachsen-Anhalts Ex-Innenminister Holger Stahlknecht hatte sich als Nebenklagevertreter am Montag in einem Pressegespräch bei der Antwort auf die Frage zurückgehalten, ob bei einer Verurteilung möglicherweise auch die „besondere Schwere der Schuld“ festgestellt werden könnte. „Der Angeklagte wäre Ersttäter mit Blick auf Gewaltverbrechen. Verurteilt wurde er lediglich aufgrund von Eigentumsdelikten. Man muss abwarten, wie die Staatsanwaltschaft den Fall wertet.“
Stahlknecht führte als Hinweis auf die Haltung des Angeklagten einen WhatsApp-Verlauf nach der Tat an: „Um 5.05 schrieb B. an Kezhia zwei Nachrichten, um den Mord zu verschleiern: ,Ich komme um vor Sorge’ und ,Ich liebe dich’. Da war die 19-Jährige bereits tot.“ Zwei Minuten später dann die Nachricht an seine Ehefrau: „Ich liebe dich.“
Übertötung: Das steckt dahinter
Der Angeklagte habe Kezhia viele Jahre mit dem Versprechen hingehalten, mit ihr zusammen zu bleiben und sich von seiner Familie trennen zu wollen. „Die Rede soll davon gewesen sein, mit Kezhia in Braunschweig ein neues Leben beginnen zu wollen.“
Strafverteidigerinnen Julia Melz und Catharina Bombach hatten unmittelbar nach dem Verlesen der Anklageschrift den Antrag gestellt, die Hauptverhandlung auszusetzen oder zumindest zu unterbrechen. Als Grund gaben die Rechtsanwältinnen an, dass es ihnen nicht möglich gewesen sei, sich „ordnungsgemäß vorzubereiten“, weil die Zeit für Akteneinsicht nicht ausgereicht habe. Sie führten aus ihrer Sicht das „vorläufige Gutachten des Rechtsmediziners“ an, sowie unvollständige Untersuchungen zur DNA und des Landeskriminalamts. Außerdem seien weitere Zeugen, die ihnen nicht bekannt waren, vernommen worden beziehungsweise werden.
Der Vorsitzende Richter Galler verwies darauf hin, dass Gutachten immer vorläufig seien und erst der mündliche Vortrag während der Hauptverhandlung abschließend seien. Die Akten seien fristgerecht bereitgestellt gewesen. Auch, wenn sich die Verteidigung unzureichend vorbereitet sehe: „Ich bin vorbereitet!“, so Galler. Letztlich zogen die Rechtsanwältinnen ihren Antrag zurück.
Der Prozess in Stendal wird am 10. Oktober 2023 fortgesetzt.