Albrecht der Bär in Ballenstedt Grablege mit goldenem Fingerabdruck
Das über Ballenstedt gelegene Schloss ist barock geprägt und erinnert beim Anblick wenig an die Anfänge als Benediktinerkloster. In der Krypta und der Nikolaikapelle aber lebt noch die Geschichte von Albrecht dem Bären. Zum 850. Todestag wird seine einstige Rolle erzählt.
Ballenstedt - Die schmiedeeiserne Tür ist angelehnt, der Blick geht hinein in einen fensterlosen Raum. Dezent ist das künstliche Licht gesetzt. Es beleuchtet romanische Bögen und eine große Grabplatte auf dem steinernen Fußboden. Albrecht der Bär, gestorben am 18. November 1170, wurde einst vermutlich in der Klosterkirche begraben. Im Westwerk befindet sich sein Grabdenkmal. 1938 wurde es von den Nationalsozialisten umgestaltet.
Diese Vereinnahmung ist ein Thema in der neuen Dauerausstellung über Albrecht den Bären. Die Pandemie machte die ursprünglich zum 850. Todestag geplante Eröffnung nicht möglich. Aber jetzt ist die Ausstellung zu sehen und mit ihr auch die durch Kunst gestaltete Grablege.
Es gibt wenig historisch Belegtes zu Albrecht dem Bären, der schon zu Lebzeiten so genannt worden sein soll. Er entstammt dem anhaltischen Geschlecht der Askanier, machte Karriere und wurde einer der großen Fürsten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Er hatte etliche Titel wie jenen des Grafen von Ballenstedt, war Herzog von Sachsen und ging in die Geschichtsbücher ein als erster Markgraf Brandenburgs. In der Ausstellung wird der Besucher auf diese Lebensstationen mitgenommen. „Sein Leben war geprägt von Höhen und Tiefen“, sagt Projektleiterin Sandra Leinert. Das Rad der Fortuna als Symbol für das Auf und Ab des Lebens dreht sich, das Mittelalter wird mit Geräuschen in die Räumlichkeiten geholt.
Aber vieles in der Biografie von Albrecht dem Bären bleibt unklar, so sein Geburtsdatum, das auf das Jahr 1100 geschätzt wird. In der Ausstellung heißt es, dass Urkunden, die Albrecht der Bär selbst ausgestellt hat, rar sind: „Insgesamt kennen wir gerade einmal 20, vielleicht 21 Stück. Nur fünf davon sind im Original erhalten.“
Die Replik eines Brakteaten zeigt den Grafen stehend mit Helm, Rüstung und Lanze, seine Gemahlin Sophie neben ihm. Beide Namen sind auf der Grabplatte verewigt. „Sehr wahrscheinlich ist Albrecht der Bär hier begraben“, sagt Leinert in den Resten der Kapelle stehend. Fast fünf Jahrzehnte war der Herrscher Graf von Ballenstedt.
Die Grablege wurde zum 850. Todestag neu gestaltet. Die Stadt Ballenstedt hatte einen Wettbewerb veranstaltet, den die Kunststiftungs-Stipendiatin Margit Jäschke gewann. Die Hallenserin hatte die Idee zu einem goldenen Fingerabdruck für die Spuren, die Albrecht der Bär hinterlassen hat. Wo jetzt dieser Abdruck die Blicke auf sich zieht, war eine Platte in die Wand eingelassen mit dem Spruch „Markgraf Albrecht der Bär – Der Wegbereiter ins deutsche Ostland“. Verfasser war Paul-Schultze-Naumburg, ein Architekt und glühender Anhänger des Nationalsozialismus. Er hatte in den Jahren 1937/38 die Grablege im Ballenstedter Schloss grundlegend umgebaut. Wie im nur wenige Kilometer entfernten Quedlinburg Heinrich I. von den Nazis instrumentalisiert wurde, sollten auch am Grab Albrechts Jungnazis den Eid auf Hitler schwören. Auf dem nahegelegenen Großen Ziegenberg war in den 1930er Jahren eine der sogenannten Nationalpolitischen Bildungsanstalten, kurz „Napola“ genannt, wo die Elite des „Dritten Reiches“ lernte. Fotos sind zu sehen, eine Einordnung gibt es. Nach dem Krieg zog die Forstfachschule ein, die Grablege wurde zur Waffenkammer. Auch das ist dokumentiert in der Ausstellung. Zweckentfremdet war ebenso die Krypta. An diesem historischen Ort kann der Besucher mit einem Tablet durch Raum und Zeit gehen – ins Mittelalter und in die 1980er Jahre, als hier Möbel gelagert wurden und ein Motorrad von der Decke hin.
Heute ist die Krypta saniert und restauriert und mit dem Westwerk wieder Zeitzeuge aus Albrechts Zeit.