Händel-Festspiele Halle Im Businessjet zu Liebe und Krieg
Eine grandiose Inszenierung von „Serse“ bei den Händel-Festspielen in Halle
Halle - Modernisierungen von Barockopern sind selten originell ausgefallen. Dass man künstlerisch nach den Sternen greifen und dennoch die Gegenwart subtil reflektieren kann, wurde jetzt an der Oper Halle mit der Inszenierung von „Serse“ (Xerxes) bewiesen. Mit den kleinsten Details in Inszenierung, Bühnenbild und Dramaturgie werden Politik, Zeitgeist und Beziehungen cool wie ironisch hinterfragt.
Das Team um Regisseurin Louisa Proske, Jon Bausor (Bühnenbild und Kostüme), Dramaturg Carlo Mertens und Dirigent Attilio Cremonesi entwirft mit seiner Fassung der Händel-Oper ein Gesamtkunstwerk, das man ohne Änderung auf die großen Bühnen des Kontinents transferieren könnte, und wo das Werk ohne Zweifel reüssieren würde, wenn man noch ein paar überzogene Mätzchen austriebe.
Der persische Großkönig Serse (großartig: Anna Bonitatibus) reist standesgemäß zu seinen Geschäften um Krieg, „Dates“ und Wirtschaft im Businessjet. Eine Beschreibung der Liebeshändel und Hofspiele um ihn herum ist unnötig. Die eingeblendeten Untertitel wirken als Satire ohnehin deutlicher: „Was wird die Community sagen?“. Anders als die Operette, die nach Karl Kraus weder einen psychologischen noch sonst irgendeinen Sinn ergeben sollte, ergibt hier alles einen Sinn. Die Folgen der Verschränkung von (kalkulierter) Liebe, Sex, Heuchelei, Rohstoffgeschäften, Korruption, Krieg und Party in einer Oper sind ziemlich genau das, was die Krisen unserer Jetztwelt auf immer neue Stufen treibt.
Und die musikalische Ausführung ist über jeden Zweifel erhaben. Leandro Marziotte (Arsamene), Yewon Han (Romilda), Vanessa Waldhart (Atalanta), Yulia Sokolik (Amastre), Andreas Beinhauer (Eliviro) und Michael Zehe (Ariodate) geben alles – wie auch das Händel-Festspielorchester.
Nächste Vorstellungen von „Serse“ am Theater Halle: 3. Juni, 11. Juni und 5. Oktober 2023.