Freizeit „Mr. Gum und das geheime Geheimversteck“ im Theater Magdeburg
Seit dem Wochenende steht eine neue Geschichte um Mr Gum auf dem Spielplan des Schauspielhauses Magdeburg. Was können Kinder erwarten? Und was Erwachsene? Eine Rezension.
Magdeburg - In der vergangenen Spielzeit hat das Theater Magdeburg mit „Mr. Gum und der sprechende Kirschbaum“ mit ausverkauften Vorstellungen vorgelegt – mit „Mr Gum und das geheime Geheimversteck“ folgt in dieser Spielzeit das zweite Abenteuer, das für Zuschauer ab acht Jahren empfohlen wird. Diesen Sonnabend feierte diese nächste aufregende Geschichte aus Andy Stantons Kinderbuchreihe im Schauspielhaus mit zwei Vorstellungen Premiere. Regie führte auch dieses Mal Markus Heinzelmann.
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Die sechs Ensemblemitglieder schlüpfen in mehr als 20 Rollen, von denen einige den Zuschauern aus der vorherigen Inszenierung bekannt sind. Mit dabei sind natürlich der Bösewicht Mr Gum und die heldenhaften Gegenspieler Polly und Freitag O’Leary, aber auch Björn Schneyder und Uromimi.
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Die Geschichte des Stücks: Im bestgehüteten Versteck in der Literaturgeschichte hat Mr. Gum dieses Mal das Wetter im Visier. Wolken fallen bereits vom Himmel, und in den allgegenwärtigen Sherryduft, der das Städtchen Bad Lamonisch an der Bibber durchzieht, vermengt sich der Geruch von verdorbenem Fleisch. Polly und Freitag O’Leary sind in höchster Alarmbereitschaft. Es steht nichts Geringeres als alles auf dem Spiel: Der Bösewicht möchte die Luft so sehr verschmutzen, dass die Hitze die Stadt in einen Ort verwandelt, an dem das Bisherige nicht mehr gilt, an dem er also die Macht übernehmen kann. Doch während von Mr. Gum dank dessen Geheimversteck jede Spur fehlt, nähern sich Piraten über die Bibber, angeführt von Kapitän Brasil.
Futuristische Perspektiven auf der Bühne des Magdeburger Schaupielhauses
Die Mitglieder des Magdeburger Schauspielensembles sind ausgestattet von Kostümbildner Clemens Leander. Er hat ihnen einen retro-futuristischen Look verpasst, der an Science-Fiction-Filme erinnert. Das unterscheidet dieses Stück deutlich von der Vorgängerinszenierung „Mr Gum und der sprechende Kirschbaum“.
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Doch der Wechsel passt. Der Blick auf etwas Zukünftiges kann als Zeichen dafür verstanden werden, dass der Kern der Geschichte die Menschen auch in der Realität noch beschäftigen kann: Dass eben die Wolken vom Himmel fallen, dass die Sonne erbarmungslos böse vom Himmel brennt und dass sich Kakteen in den Straßen von Bad Lamonisch ausbreiten. Folgerichtig ist zwar immer wieder von Bad Lamonisch die Rede – gezeigt werden aber Bilder aus Magdeburg. Und als die Helden sich auf die Suche nach Mr Gums Geheimversteck begeben, orientieren sie sich an einer Karte, die einem Stadtplan von Magdeburg gleicht.
Dass die Kostümierung an einen Science-Fiction-Film der 1960er und 1970er Jahre erinnert und dass sich das Instrumentarium für die Bühnenmusik von Thomas Leboeg ebenfalls an jener Zeit orientiert – auch das gibt einen Fingerzeig auf den Weg: Was damals als futuristische Ferne definiert wurde, ist ein Zeitpunkt, den die Menschheit heute bald erreicht haben dürfte.
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Bei all diesem hintergründigen Ernst: Wird sich das Publikum an dieser Geschichte erfreuen können? Dies kann nur mit einem klaren „Ja“ beantwortet werden. Und zwar aus mehrfacher Hinsicht. Zum einen beeindruckt das Ensemble mit seiner Spielfreude – allen voran Iris Albrecht als böse dreinschauender Bösewicht Mr Gum, aber auch Marie-Joelle Blazejewski als Freitag O’Leary überzeugt – auch wenn hier der Bart immer einmal suboptimal sitzt –, ebenso wie Luise Hart als tatendurstige und mutige Polly, Lorenz Krieger als leicht durchgedrehter Piratenkapitän, Oktay Önder als gern durch eine Seitentür in die Szene platzender Überraschungs-Franz und Michael Ruchter als Mr. Gums etwas tumber Helfer Willi Wilhelm der Dritte.
Darum lohnt sich der Blick auf die Bühne des Theaters Magdeburg
Zwar ist die Inszenierung mit anderthalb Stunden für ein Kinderstück lang. Doch die flotten Wechsel auf der Bühne sorgen für Abwechslung. Dazu trägt auch die Bühne von Stephan Weber bei. Auf den ersten Blick wirkt diese mit ihren großen weißen Bällen zunächst einfach. Sie sind zunächst die vom Himmel gefallenen Wolken. Doch nach und nach entpuppen sie sich als clevere Wahl fürs Bühnenbild: Mal verdecken sie Dinge, die das Publikum nicht sehen muss und nur akustisch vermittelt bekommt. Mal verwandeln sie sich in ein Verließ oder in ein Piratenschiff.
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Und sie dienen als Projektionsflächen für Videosequenzen. Diese schaffen wie im Vorgängerstück neue Ebenen, bringen durch überraschende Perspektiven zusätzlich Abwechslung und Witz ins Spiel – und bieten wohl vielen jungen Menschen die vielen von ihnen vertrauten Sehgewohnheiten via Smartphone und Netbook. Dass hierbei in der Premiere in einigen Sequenzen der Ton nicht ganz synchron mit den Bildern lief, mag da zu verschmerzen sein.
Warum sich Mr Gum im Magdeburger Schauspielhaus auch für Erwachsene lohnt
Und wie steht es um die Erwachsenen? Die haben auch ihre Freude. Nicht allein daran, wie die Geschichte in Szene gesetzt wird. Auch daran, dass in schnellem Wechsel mit Worten und Sprache gespielt wird. Die Wortneuschöpfungen und Erfindungen à la „Abteilungen für Wolken und Joghurt“ lassen aufhorchen ebenso wie noch nie gehörte Vergleiche. Das dürfte auch ganz im Sinne von Andy Stanton als Autor der Buchvorlage sein, der erklärtermaßen mit seinen aberwitzigen Vergleichen sein Publikum immer wieder aufs Neue zu überraschen sucht.
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Weitere Vorstellungen sind bislang am 29. November um 18 Uhr, am 15. und 20. Dezember um 19.30 Uhr, am 16. Dezember um 16.30 Uhr und am 7. Januar um 16 Uhr. Zusätzliche Termine sind in Vorbereitung.
Mehr über Mr Gum
Der Bösewicht Mr Gum ist eine Erfindung des Londoner Kinderbuchautors Andy Stanton. Er hatte zunächst an der berühmten Universität in Oxford Englisch studiert – aber sein Studium nicht beendet. Stattdessen verlegte er sich darauf, die Menschen als Stand-up-Comedian und mit Cartoons zu unterhalten. Außerdem schreibt er Kinderbücher und Drehbücher, die die Grundlage für die Produktion von Filmen sind.
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Zu Hause ist Mr. Gum in Bad Lamonisch. Er sei ein wildwütiger und durch und durch böser Mann. Er wohnt in einem vergammelten Haus und er hasst Kinder, Tiere, Spaß und Maiskolben mit Butter, so sein Erfinder. Aus der Reihe sind die deutschen Übersetzungen von Harry Rowohlt von 2010 bis 2015 erschienen: „Sie sind ein schlechter Mensch, Mr Gum“, „Mr Gum und der Mürbekeksmilliardär“, „Der entsetzliche Mr Gum und die Kobolde“, „Mr Gum und die Kristalle des Unheils“, „Mr Gum und der fliegende Tanzbär“, „Mr Gum und der fettige Ingo“, „Mr Gum und der sprechende Kirschbaum“, „Mr Gum und das geheime Geheimversteck“ sowie „Mr Gum und der schauerliche Hund von Bad Lamonisch“.