Freizeittipp So entsteht Musik für Magdeburg
Reiko Füting ist längst tief verwurzelt in der Musiklandschaft der USA. Doch nun hat er sich als „Componist in Residence“ in Magdeburg hiesigen Themen gewidmet.
Magdeburg. - „Zwischen Berlin und New York“ heißt es diesen Sonnabend, 15.6., im Programm des Magdeburger Gesellschaftshauses als einen zentralen Ort der mitteldeutschen Musikkultur. Unter diesem Titel erwartet das Publikum an diesem Tag ab 19.30 Uhr ein Porträtkonzert, das Reiko Füting gewidmet ist. Er ist in diesem Jahr der „Componist in Residence“. Will heißen: Er hat zwar für die Saison nicht den Wohnsitz vom Hudson River an die Elbe verlegt. Wohl aber hat er bedeutende Teile seiner Arbeit der Region gewidmet, hat für Konzerte im Gesellschaftshaus Musikstücke entwickelt und ist auch immer wieder in Magdeburg vor Ort gewesen.
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Doch was ist es, warum er sich als Komponist der heutigen Zeit gerade für Magdeburg als eine Stadt mit großer Geschichte interessiert? Es ist das Bewusstsein, dass die Geschichte die Kultur stets mit definiert, dass also auch bei vorwärtsgewandter Kunst die Vergangenheit eine Rolle spielt. Und da hat die Region eben einiges zu bieten, dem sich Reiko Füting auch in der eigenen Vergangenheit bereits gewidmet hat. So war im Jahr 2022 seine Oper „Mechthild“ in der Klosterkirche im Kunstmuseum der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt zur Premiere gebracht worden, als diese nach ihrer Sanierung seit dem Jahr 2019 feierlich wiedereröffnet worden war.
In diesem Jahr sind so Aufnahmen zu einer CD entstanden, in der der Komponist sich dem Dreißigjährigen Krieg widmet. Jener Auseinandersetzung also, in der die Elbestadt grundlegend zerstört wurde. „Ich beziehe mich auf eine Liedflugschrift, die jenen 20. Mai 1631 beschreibt.“ Die Choralmelodie von Johann Hermann Schien begleitet in ihrem Ursprung einen Text anonymer Herkunft. In einer Art Ballade wird berichtet, was an jenem Kriegstag geschah. „Das muss damals eine Art von Nachrichtenübermittlung gewesen sein, die auch in gesungener Form weitergetragen wurden.“ Die historischen Vorlagen werden von dem Komponisten als Fragmente für die eigene Arbeit genutzt. „Man muss sich das vorstellen wie die Kunst des Kintsugi in Japan, bei der mit wertvollen Materialien wie Gold und Platin zersprungene Keramiken repariert werden. Auf diese Weise entsteht etwas, das in einer ganz anderen Weise den Betrachter in seinen Bann zieht.“
Es geht auch um die Gegenwart
Neben den historischen Themen zeigt Reiko Füting freilich auch, dass er nicht allein an der Vergangenheit, sondern auch an der Gegenwart der Region interessiert ist: Seine Kompositionen im Jahr seines Amts als Componist in Residence waren eingebettet in die renommierten Konzertreihen und Festivals wie KlangART, die das kulturelle Leben in Sachsen-Anhalt maßgeblich bereichern.
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Und im Herbst wird von Reiko Füting nach dem eigentlichen Ende seiner Amtszeit als Haus-Komponist im Gesellschaftshaus im Magdeburger Dom wieder zu hören sein: Dann trägt er mit einer Arbeit zum Internationalen Chorfest bei. „Vokalensembles zu arrangieren, ist meine private Leidenschaft“, bekennt Reiko Füting.
Leben und Werke
Reiko Füting wurde 1970 in Königs Wusterhausen im damaligen Bezirk Potsdam geboren. Seine Abiturprüfung legte er am heutigen Landesgymnasium für Musik in Wernigerode ab. Anschließend begann er ein Studium an der Hochschule für Musik in Dresden. Weitere Etappen seiner Ausbildung waren in Houston, Seoul und an der Manhattan School of Music. Heute ist er ein Wanderer zwischen den Welten: Die renommierte Manhattan School of Music in New York berief ihn zunächst zum Professor für Komposition und schließlich zum Head of Department der Kompositionsabteilung. Seit langem in New York lebend, zieht es ihn immer wieder in die Heimat. Einige seiner Werke beziehen sich auf Magdeburger Themen oder wurden durch hiesige Ensembles uraufgeführt.
In der zu Ende gehenden Konzertsaison 2023/24 ist er nun auch Composer in Residence am Gesellschaftshaus Magdeburg. In dieser erklangen von seinen Stücken unter anderem „L’ Apothéose“, Kammermusikstücke und ein Beitrag zum Tonkünstlerfest.
Diesen Sonnabend zum Porträtkonzert spielen das spanische Ensemble „El Perro Andaluz“, das Leipziger Vokalquartett und sein Sohn Johann Davin Füting. Es erklingen Werke von Ludwig van Beethoven, Reiko Füting, Arnold Schönberg, Hans Leo Hassler, Josquin Desprez und Johann Herrmann Schein sowie ein Volkslied.
Im Herbst leistet Reiko Füting dann noch einen Beitrag zum Internationalen Chorfest Magdeburg: Am 13. Dezember ab 19 Uhr erklingt die Komposition für Solisten, Chor und Orchester unter Beteiligung des Ensembles Märkisch Barock.