Kunden im Laden und im Internet bedienen Media Markt und Saturn verlagern Preiskampf ins Netz
Media Markt und Saturn haben den Trend zum Onlinehandel verpasst. Die Aufholjagd beginnt in den kommenden Monaten ganz klassisch: Mit Preissenkungen bei mehreren tausend Artikeln wollen die Elektronikmärkte aus dem Tief.
Aschaffenburg (dpa). "Keiner schlägt die Nummer eins": In der Werbung präsentiert sich Media Markt als Preisführer wie eh und je. In den Läden ergibt sich nicht selten ein anderes Bild. Kunden kommen mit Internetpreisen oder Fragen nach Preisnachlässen. Die Kassenpreise von Media Markt liegen nach einer Analyse vom Jahresbeginn im Durchschnitt um drei Prozent unter den Preisen an den Regalen. Der Branchenriese Media Markt und sein Schwesterunternehmen Saturn sind von Jägern zu Gejagten geworden.
Media-Saturn-Finanzchef Rolf Hagemann zieht eine schonungslose Bilanz: "Wir haben ein Problem, wenn der Kunde nicht mehr das Gefühl hat, er kriegt einen hervorragenden Preis, wenn er in einen Media Markt geht." Das geht nach seinen Worten an die "DNA" des Unternehmens. Jahrelang hatten Media Markt und Saturn erfolgreich auf den Preis gesetzt mit ihrer Werbung "Ich bin doch nicht blöd" und "Geiz ist geil". Jetzt müssen sich die Ketten neu erfinden.
Internet-Händler wie der US-Riese Amazon ziehen immer mehr Kunden an. Jeder zweite Deutsche kauft häufig oder gelegentlich im Internet ein, wie eine Studie des Beratungsunternehmens Ernst Young im Frühjahr ergeben hat. Das Internet biete nicht nur Wachstumschancen, es könne auch zur Bedrohung für Ladenketten ohne Online-Präsenz werden.
Große Bedeutung habe das Netz für Unterhaltungselektronik. "Media-Saturn ohne Internet würde auf Dauer nicht funktionieren", sagte Handelsexperte Thomas Harms vor wenigen Monaten. Die Internet-Offensive des europäischen Marktführers sei überfällig.
"Wir wollen unsere Marken Media Markt und Saturn wieder richtig sexy machen", verdeutlicht Hagemann. Den klassischen Stammkunden, der immer in den Media Markt gehe, gebe es nicht mehr. "Am Samstag will er vielleicht in einem unserer Märkte einkaufen, an einem anderen Tag ist er dagegen froh, wenn er von zu Hause bestellen kann und alles geliefert bekommt". Um den verwöhnten Verbraucher zufriedenzustellen, will Media-Saturn sie im Laden und Internet bedienen. Auch online bestellen und im Laden zurückgeben soll möglich sein.
Es geht aber nicht nur um Service, sondern auch wieder um den Preis: Mit dem Start der deutschen Online-Shops von Saturn (Oktober) und Media Markt (Januar) werden die Preise purzeln. Das Online-Startsortiment von 2500 Artikeln soll zu Online-Preisen auch im Laden erhältlich sein. Das ist eine Zäsur für die Preisgestaltung. Jeder Media Markt und Saturn macht seine Preise bisher selbstständig, die Geschäftsführer sind mit bis zu zehn Prozent am Gewinn beteiligt. Das System der Preisgestaltung hatte lange Zeit den Internetstart erschwert.
Für weitere Preissenkungen braucht Media-Saturn neuen Spielraum, der Rotstift wird unter anderem bei den Arbeitsplätzen angesetzt. In diesem Jahren fallen europaweit 3000 Stellen einem Sparprogramm zum Opfer. Davon ist vor allem die Verwaltung betroffen. Die Kunden sollen davon nichts spüren. Während Media-Saturn Einschnitte vornimmt, schafft beispielsweise Amazon allein mit dem Bau eines Logistikzentrums in Rheinberg am Niederrhein 1000 neue Arbeitsplätze. Branchenkenner zählen Amazon zu den fünf größten Elektronikhändlern Deutschlands.
Saturn.de und MediaMarkt.de sind für den Mutterkonzern Metro aber nicht die einzigen Projekte der Online-Offensive. Mit Redcoon hat der Handelsriese in diesem Jahr bereits einen reinen Internet-Händler gekauft. Das Unternehmen mit Sitz in Aschaffenburg erzielte mit 500 Mitarbeiter 2010 einen Umsatz von rund 400 Millionen Euro. 2015 soll der Redcoon-Umsatz auf eine Milliarde Euro klettern. Darüber hinaus hält Media-Saturn nach weiteren Zukäufen im Internet Ausschau. "Wir scannen den Markt genau", sagt Media-Saturn-Manager Hagemann.