Kommunen könnten mit Zerbster Erfindung zwei Drittel ihrer Stromkosten sparen Städte im Schlummerlicht - Dimmen von Straßenlampen ist manchem nicht geheuer
Dimmen statt Abschalten: Um Strom und Geld bei der Straßenbeleuchtung zu sparen, hat ein Zerbs-ter Unternehmen eine patentierte Lösung entwickelt. Doch Kunden sind skeptisch - zwei Drittel Ersparnis scheinen vielen zu gut, um wahr zu sein.
Zerbst l 20 Uhr im thüringischen Städtchen Großbreitenbach: Unsichtbar für die Passanten fahren die 31 Straßenlaternen der Hauptstraße ihre Leistung um ein Drittel zurück. Zwei Stunden später wird der orange Lichtschein nun sichtbar um ein weiteres Drittel reduziert - bis fünf Uhr morgens bleiben die Lampen im Sparbetrieb, verbrauchen nur ein Drittel der üblichen Energie - und sparen der Gemeinde jährlich rund 900 Euro an Energiekosten.
Die Idee, Straßenlampen wie die Wohnzimmerbeleuchtung zu dimmen und so Strom zu sparen, ist nicht neu und schon lange aus dem heimischen Wohnzimmer bekannt. Doch die Technik dieser Dimmlampen sei nicht einfach auf die Straße übertragbar, erklärt Bernhard Dombrowski, Vertriebsleiter von KD Elektroniksysteme in Zerbst. Den Chef der Firma, Ralf Kleinodt, ärgerte früher, dass viele Kommunen nachts die Straßenbeleuchtung abschalten, um Strom zu sparen. Das erhöht die Unfallgefahr und verringert das Sicherheitsgefühl der Anwohner.
Kleinodt suchte deshalb vor rund zehn Jahren ein neues Verfahren, das Dimmverfahren anderer Anbieter ersetzt. Denn die haben alle das gleiche Wirkprinzip: Die 230 Volt aus der Steckdose werden abgesenkt, deshalb verringert sich die Leistung und damit die Kosten. Der Nachteil: Durch die Spannungssenkung kommt die Lampe schnell in Bereiche, wo sie nicht mehr funktioniert. Der Lichtbogen in Hochdrucklampen verlösche schon bei 190 Volt und es gebe oft Voltverluste durch lange Leitungen, erklärt Dombrowski.
Die KD-Entwicklung Dimmlight geht einen anderen Weg: Die Spannung bleibt konstant, dafür wird die Frequenz der Lampenspannung von 50 auf 100 Hertz erhöht. "Damit erhöht sich der induktive Widerstand der Vorschaltgeräte, der Stromfluss in den Lampen sinkt. Das lässt sich zentral vom Schaltschrank aus steuern", erklärt Bernhard Dombrowski. Diese patentrechtlich geschützte, weltweit einzigartige Technik wurde mit dem Institut für Leistungselektronik in Ilmenau (ISLE) entwickelt und 2006 als EU-Förderprojekt gemeinsam mit dem Bundesumweltamt eingeführt.
Der Clou: Die Höhe der einstellbaren Reduzierung ist bis 67 Prozent stufenlos senkbar und die Betriebsspannung bleibt bei 230 Volt. So sei der sichere Betrieb der Lampen garantiert, egal wie alt oder welchen Typs sie sind. Das lohne sich für Kommunen, egal ob drei Lampen oder eine ganze Stadt umgerüstet werden, so der Vertriebsleiter.
Längst stehen Pilotanlagen in Thüringen und Steckby am Rand von Zerbst, Naumburg und Parchim stellten komplett auf Dimmlight um, doch der Prophet habe es im eigenen Lande oft schwer, berichtet Bernhard Dombrowski. "Wir haben auch angenommen, dass die Lösung schlagartig breiten Einsatz findet, aber genau das ist nicht der Fall." Kommunen täten sich äußerst schwer, Entscheidungen zu fällen, es gebe große Verunsicherung. Die Öffentlichkeit diskutiere über LED-Lampen und Effizienzsteigerung, doch die Technik sei teuer und werde nur aus aus Prestigegründen verbaut. "Die Industrie erweckt den Eindruck, es würde in fünf Jahren nur noch LED-Lampen geben, aber die heutige Straßenbeleuchtung ist noch mindestens 30 Jahre in Betrieb", weiß Dombrowski. Über die Verbrauchsreduzierung mit bestehenden Lampen durch das 2009 als "Land der Ideen"-Projekt ausgezeichnete System spreche leider niemand.
Dabei garantiert die Firma eine Mindestreduzierung der Energiekosten um 46 Prozent. In drei bis vier Jahren ammortisiere sich die Investition bei bestehenden Anlagen, bei neu installierten Lampen in zwei bis drei Jahren und bei LED erst nach 15 Jahren. "Wir bieten sogar eine Lösung, bei der Kommunen keine finanziellen Mittel beschaffen müssen: Wir berechnen die Höhe der Ersparnis und garantieren das schriftlich, die Investitionssumme wird auf zum Beispiel fünf Jahre aufgeteilt und die erste Rate wird erst anderthalb Jahre später fällig", sagt Dombrowski. Der Kämmerer könne also buchstäblich abwarten, ob die Ersparnis eintrifft und geht kein Risiko ein. Das mache die Technik gerade für die kleinen Kommunen interessant. Bei Nichterfolg stellt KD den Originalzustand wieder her.
Und jetzt geschehe etwas Paradoxes: "Vor diesen Garantien war die Skepsis groß, weil andere Anbieter weniger Ersparnis anbieten und heute antwortet man uns, das ist zu gut, das kann gar nicht sein", berichtet der Vertriebsleiter. Die Zuständigen hätten offenbar Angst, die falsche Entscheidung zu treffen. Sie werden täglich von Vertretern bombardiert, und auch der langwierige politische Entscheidungsprozess in den Gemeinden und die Interessen der Energieversorger spielten eine Rolle.
Dennoch ist Bernhard Dombrowski zuversichtlich, dass sich die Technik verbreitet. "Das ist kein Zauberwerk, wir legen alles offen."