FCM-Fan im Koma Rückschlag bei Ermittlungen
Von der entscheidenden Szene bei dem aus einem Zug gestürzten FCM-Fan gibt es keine Videoaufzeichnung.
Magdeburg l Mit Spannung war auf die Videoaufzeichnungen aus der Regionalbahn 16431 gewartet worden. Nun, nach sechs Tagen Ermittlungen, wird bekannt: die entscheidende Szene, als Hannes S. in der Nacht zu Sonntag aus dem Zug stürzte, gibt es nicht auf Video. Das bestätigte Polizeisprecher Frank Küssner der Volksstimme auf Nachfrage. Warum die entscheidenden Szenen nicht auf Video zu sehen sind, konnte die Polizei auf Nachfrage nicht beantworten. Deshalb ist nicht klar, ob die Kamera abgeklebt wurde, der Kamerawinkel nicht stimmte oder schlicht im entscheidenden Moment gar keine Aufnahme gemacht wurde.
„Wir sichten jetzt weiteres Videomaterial“, sagte Küssner und meint damit etwa Aufzeichnungen aus dem Hauptbahnhof Magdeburg, wo die an dem Vorfall beteiligten Halle-Fans ausstiegen. Bislang konnten 28 Hallenser, ein unbeteiligter Fahrgast und drei Freunde von Hannes S. ermittelt werden.
Weil immer weitere offene Fragen auftauchen und der Fall immer komplexer zu werden droht, wurde jetzt die Ermittlungsgruppe „Hannes“ gegründet. Das Team besteht aus sieben Ermittlern der Polizeidirektion Nord und der Bundespolizei, da der Vorfall in einem Zug passierte. Zudem soll ein unabhängiges Gutachten klären, wie die Tür des Zuges geöffnet werden konnte und warum die Regionalbahn nicht anhielt. „Wir ermitteln aber nicht gegen die Bahn“, sagte Küssner und korrigierte damit einen Medienbericht aus Halle vom Donnerstag.
Hannes S. liegt noch immer im Koma. Sein Zustand war auch am Freitag unverändert sehr kritisch.
Laut Polizei war in der Nacht zum Sonntag FCM-Fan Hannes S. (25) 300 Meter hinter dem Bahnhof Haldensleben aus dem fahrenden Zug gestürzt. Dabei verletzte er sich am Kopf. Er wurde erst nach einer Stunde von einem Unbekannten gefunden. Im Zug mit ihm war eine Gruppe von 80 zum Teil stark alkoholisierten und gewalttätigen HFC-Anhängern, die bereits in Gifhorn einen Fahrgast verletzten, woraufhin der Zug 15 Minuten halten musste. Die Gruppe bestand aus Mitgliedern der Saalefront und der Merseburger Domfalken, beides Ultra-Gruppierungen des Halleschen FC.
Laut Polizei betätigte Hannes S., selbst offenbar Teil der Magdeburger Ultragruppierung Block U, in Panik die Notöffnung der Zugtür, als er sich von den Hallensern bedroht fühlte. Was dann geschah, bleibt nebulös.
Es ist unklar, ob Hannes S. gestoßen, gesprungen oder gefallen ist. Es gibt keine Antwort darauf, warum niemand den Notruf wählte: nicht die Halle-Anhänger. Nicht andere Zuggäste. Nicht die drei Freunde von Hannes S., die mit im Zug waren.
Die Ermittlungsakte „Hannes“ birgt enorme Sprengkraft für die Fußballlandschaft. Sollte sich herausstellen, dass die HFC-Fans am Sturz von Hannes S. beteiligt gewesen waren, befürchten Szenekenner eine Eskalation der Gewalt unter Teilen der Anhängerschaft beider Drittligavereine. Auch aus diesem Grund riefen Fans beider Clubs dazu auf, eine Eskalation der Gewalt zu verhindern.