Veterinärmedizin Tierseuchen auf dem Vormarsch
Drei Viruskrankheiten der Tierwelt, deren Verbreitung das Veterinäramt Sachsen-Anhalt im Blick behalten muss.
Magdeburg l Die Ausbreitung vieler Tierseuchen wird in den kommenden Jahrzehnten wahrscheinlicher. Davon ist Sachsen-Anhalts Umweltministerin Claudia Dalbert überzeugt. Zum einen begünstigt durch den Klimawandel, die Erderwärmung trage zur Verbreitung von Infektionen durch Insekten bei. Zum anderen begünstige die Globalisierung die Ausbreitung.
Die Folgen sind nicht nur für die Tiere fatal. Viehhaltern können Seuchen wirtschaftlich zu schaffen machen. Außerdem wird es für den Menschen gefährlich, wenn es sich um sogenannte Zoonosen handelt – Infektionskrankheiten, die vom Tier zum Menschen übertragbar sind.
In Sachsen-Anhalt hat das Veterinäramt die Verbreitung von Tierseuchen im Blick. Drei Krankheiten stehen derzeit besonders im Fokus:
Noch gibt es keinen nachgewiesenen Fall in Sachsen-Anhalt, trotzdem bereitet die Krankheit den Fachleuten aktuell die größten Sorgen. Notfallpläne sind ausgearbeitet, Jäger sollen seit 1. Januar eine Abschussprämie für Wildschweine von 50 Euro bekommen. Für das Land sind das Mehrkosten für die Seuchenbekämpfung in Millionenhöhe. Laut Dalbert haben Sachsen-Anhalts Jäger im vergangenen Jahr rund 40.000 Wildschweine erlegt.
Der Grund für den höheren Aufwand: Das Einschleppen der Seuche durch Wildschweine ist wahrscheinlicher geworden. Im September war nach Jahren der Ausbreitung in Osteuropa der erste nachgewiesene Fall in Deutschland bekannt geworden, seitdem gab es Hunderte weitere Fälle bei Wildschweinen in Brandenburg und Sachsen. „Wir befürchten, dass die Afrikanische Schweinepest auch zu uns kommt“, sagte Dalbert.
In der Regel tödlich ist das Virus für Wild- oder Hausschweine. Für den menschlichen Körper hingegen besteht keine Gefahr. Allerdings sind die wirtschaftlichen Verwerfungen für Schweinehalter enorm. Nach Bekanntwerden des ersten Falls in Deutschland fielen die Fleischpreise, China und weitere Länder erließen einen Importstopp für deutsches Schweinefleisch.
Der erste Fall in Deutschland ist 2018 bei einer Eule im Bergzoo Halle nachgewiesen worden. Seitdem breitet sich das Virus aus, es übersteht offensichtlich auch die deutschen Winter. Laut Umweltministerium gab es in Sachsen-Anhalt in den vergangenen drei Jahren insgesamt 57 nachgewiesene Fälle, vor allem in den ostdeutschen Bundesländern hat es sich ausgebreitet.
Blutsaugende Stechmücken übertragen das Virus, einige Vogelarten sind besonders anfällig, darunter einige Eulenarten. Empfänglich für eine Infektion sind außerdem Pferde.
Auch der Mensch kann sich mit dem Virus infizieren. In Sachsen-Anhalt sind laut Umweltministerium bislang fünf Infektionen beim Menschen nachgewiesen, vier davon im vergangenen Jahr. Meistens verläuft die Erkrankung jedoch ohne Symptome. „Nur etwa 20 Prozent der Infizierten zeigen leichte Krankheitssymptome wie Fieber und grippeähnliche Erscheinungen“, berichtet Elke Reinking, Sprecherin des Friedrich-Loeffler-Instituts, dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit in Greifswald.
„In weniger als einem Prozent der Fälle kann allerdings ein schwerer, hoch fieberhafter Krankheitsverlauf mit Entzündungen im Gehirn auftreten“, berichtet Reinking. In den USA und Südeuropa sind über die vergangenen Jahrzehnte viele Hundert Todesfälle dokumentiert.
Könnte das Virus durch eine Mutation für den Menschen noch gefährlicher werden? Reinking sagt: „Dafür gibt es keine Hinweise“. Einen Impfstoff gibt es für Pferde, nicht aber für den Menschen.
Seit einem Ausbruch der Geflügelpest in einem Landwirtschaftsbetrieb in der Börde im vergangenen März, sind die zuständigen Behörden in erhöhter Alarmbereitschaft. Vielerorts gilt eine Stallpflicht für Geflügel.
Natürliche Wirte der Viren sind Wasservögel. Es gibt eine ganze Reihe von verschiedenen Vogelvirentypen, einige sind auch für den Menschen gefährlich. Allerdings nicht jene, die derzeit in Europa nachgewiesen würden, betont Reinking. „Die derzeit auftretenden Geflügelpestviren haben den Sprung vom Vogel auf Säugetiere bisher nicht geschafft“, sagt sie.
Dass sich die Vogelgrippeviren verändern, ist jedoch nicht ausgeschlossen. „Influenzaviren sind sehr mutationsfreudig und verändern sich ständig“, sagt Reinking. Der Vogelgrippe-Typ H5N1 wurde in der Vergangenheit für Hunderte Todesfälle auf der Welt verantwortlich gemacht.