Grünen-Chefin zu Besuch Mit Video: Brennende Barrikaden in Magdeburg - Bauerndemo eskaliert
Landwirte aus Sachsen-Anhalt nutzen einen Besuch von Grünen-Chefin Ricarda Lang in Magdeburg zu einer Demonstration. Bei der Abreise der Politikerin kommt es zur Eskalation.
Magdeburg. - Als Ricarda Lang am Samstagabend gegen 19.30 Uhr den Versammlungsort in den Schönebecker Straße im Magdeburger Stadtteil Buckau verlassen möchte, eskaliert die Lage. So einfach wollen die demonstrierenden Bauern die Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen nicht ziehen lassen.
Trecker versperren die Straße, eine Feuerschale und mehrere Reifen stehen plötzlich in Flammen. Die Polizei versucht zunächst, die aufgebrachte Menge zu zerstreuen, doch dies löste Tumulte aus, bei denen es auch zu Handgreiflichkeiten zwischen Beamten und Demonstranten kommt.
Weitere Polizeikräfte, ausgestattet mit Helmen, werden hinzugerufen, und die Wasserwerfer der Polizei sind auf dem Weg zur Einsatzstelle. Nach langwierigen Verhandlungen gelingt es schließlich, die Bauern davon zu überzeugen, die Straße wieder frei zumachen. Nach etwa einer Stunde kann Lang Magdeburg verlassen. Festnahmen gibt es nicht.
Grünen-Chefin Ricarda Lang in Magdeburg: Protest zunächst friedlich
Eigentlich ist Lang in Magdeburg, um ihre Partei auf den bevorstehenden Kommunal-und Europawahlkampf einzuschwören. Doch dies ist an diesem Tag Nebensache. Seit sie erfahren haben, dass die Spitzenpolitikerin kommt, mobilisieren die Freien Bauern und „Land schafft Verbindung (LsV), zwei landwirtschaftliche Interessenvertretungen“, zur Demo. Immer mehr Traktoren fahren im Laufe des Tages vor. Etwa 120 sind es am Ende insgesamt. Die Teilnehmerzahl schätzt die Polizei auf 200. Die Demonstranten kommen aus Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Brandenburg.
Zunächst verläuft der Protest friedlich. Die Polizei weist den Demonstranten eine Fläche vor dem Eingang der Stadtoase, dem Veranstaltungsort des Grünen-Treffens, zu. Die Bauern versammeln sich an Feuerschalen und grillen Würstchen.
An ihrer Entschlossenheit lassen sie aber keinen Zweifel. Mit Lang wollen sie unbedingt ins Gespräch kommen und ihr einen Forderungskatalog übergeben. Den Tierwohlcent lehnen sie grundsätzlich ab, die Steuervergünstigungen beim Agrardiesel sollen erhalten bleiben. Außerdem: Kein pauschales Verbot von Pflanzenschutzmittel, keine Kohlendioxid-Abgabe für Landwirte und ein Totalverzicht auf Flächenstilllegungen.
Kurz nach ihrer Ankunft um 17 Uhr stellt sich die Grünen-Vorsitzende der Diskussion mit einer Bauern-Delegation. Empfangen wird sie von der Menge mit Pfiffen und „Wir haben die Schnauze voll“-Sprechchören.
Die Politikerin betont, wie wichtig es sei trotz verschiedener Standpunkte die Dialogbereitschaft aufrechtzuerhalten. Deshalb bietet sie den Demonstranten an, sich bei einem weiteren Termin intensiver über die angesprochenen Themen auszutauschen. Sie verweist außerdem darauf, dass die Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung zurückgenommen worden sei.
Protest der Bauern: „Frust hat sich entladen“
Die Bauern überzeugen die Einlassungen nicht. Nur hohle Phrasen zu wenig Konkretes, kritisiert, Martin Dippe vom LsV, der die Demo mitorganisiert hatte. Offenbar reift deshalb bei einigen der Entschluss, die Abreise zu stören. „Da hat sich offensichtlich der Frust entladen“, sagt Dippe. Dass die Eskalation bereits im Vorfeld geplant war, könne er sich nicht vorstellen. Distanzieren möchte er sich von der Blockade ausdrücklich nicht.
Auch von den Freien Bauern und dem Landesbauernverband hört man im Nachgang kein kritisches Wort zur Eskalation. „Die spontane Blockade nach der Beendigung der Versammlung verdeutlicht den Frust der Protestierenden“, heißt es in einer Stellungnahme des Bauernverbandes. Lang sei nicht darauf eingegangen, dass die Sorgen der Landwirte von der Bundesregierung nicht verstanden oder ernst genommen werden.
„Unser erstes kurzes Gespräch verlief ergebnislos, aber wir konnten dabei zumindest deutlich machen, dass wir die Steuererhöhung beim Agrardiesel nicht akzeptieren und auch keinen Tierwohl-Cent wollen“, sagte Frerk Arfsten von den Freien Bauern.
Beim nächsten Gespräch im April wolle man Nägel mit Köpfen machen. Dann empfängt die Grünen-Chefin nämlich eine Delegation aus Sachsen-Anhalt. Den Termin habe man noch am Samstagabend ausgemacht, so Arfsten.