Schwimmen Ein Lehrgang für den freien Kopf
Franziska Hentke vom SC Magdeburg hat jetzt die B-Lizenz zum Trainieren. Den Lehrgang dafür nutzte sie zudem, um mentale Kraft zu tanken.
Magdeburg l Zschepkau ist eigentlich keine Reise wert, denn zu sehen gibt es in dieser kleinen, also sehr kleinen Gemeinde bei Bitterfeld nicht allzu viel – bis auf einen Teich und ein paar Häuser. Im 130-Seelen-Dorf muss man schon aufgewachsen sein, um das gewisse Gefühl von Verbundenheit zu empfinden. So wie Franziska Hentke also.
Erschwerend zu ihrer allgemeinen Sehnsucht kam zuletzt, dass sie Zschepkau und das Elternhaus bereits seit September nicht mehr gesehen hat – wie es überhaupt in dem ereignisreichen Jahr 2016 mit Gold bei der Europameisterschaft und Rang elf bei den Sommerspielen in Rio Familienzusammenkünfte von ganz dürftiger Zahl für sie gegeben hat. „Ich freue mich jetzt auf Weihnachten“, hat der „Schmetterling“ vom SC Magdeburg deshalb erklärt.
Sie feiert das Fest zu Hause und mit einem neuen Titel, den sie sich in den fast sechswöchigen Lehrgang bei der Bundeswehr in Warendorf angeeignet hat. Franziska Hentke hat nämlich die Trainer-B-Lizenz erworben. „Das ist schon etwas, was man gut gebrauchen kann“, sagte sie, „auch wenn es nie mein Ziel war, mal als Trainer zu arbeiten.“ Gebrauchen konnte sie vor allem die Abwechslung vom normalen Alltag, von diesem langen, stressigen Jahr, das auch mentale Kraft gekostet hat. „Ich war beim Lehrgang gut ausgelastet, ich wurde jeden Tag von 7.30 bis 20 Uhr beschäftigt, das war für mich eine neue Erfahrung. Aber ich habe dadurch den Kopf auch wieder freibekommen.“ Normalerweise hält Hentke nämlich streng ihren Tagesplan mit zwei Trainingseinheiten, geregelten Mahlzeiten und schlafen ein.
Ausgelastet war sie auch bei den verschiedenen Ballsportarten: Der bekennende Handballfan durfte sich mit dem kleinen Spielgerät genauso auseinandersetzen wie mit dem Basket- und dem Fußball. „Fangen ist nicht so meins“, sagte sie lachend. „Besser ging es schon mit dem Ball am Fuß.“ Und ergänzte: „Auch die athletischen Einheiten haben wieder ein paar Muskeln beansprucht, die ich gar nicht mehr kannte.“
Und sie hat ganz neue Leute kennengelernt. Leute, deren Namen auch aus Rio geläufig sind: der Diskuswerfer Daniel Jasinski zum Beispiel, der im August Bronze gewann, und die Kugelstoßerin Christina Schwanitz, die als Favoritin über den sechsten Platz nicht hinausgekommen war. Und am Ende schaffte Hentke nicht nur die praktischen Prüfungen, sondern auch die schriftlichen und die mündlichen, weshalb sie sich also offiziell geprüfter Übungsleiter nennen darf.
Aber dieses Zeugnis liegt längst wieder in der Schublade. Am 27. Dezember geht es für sie bereits weiter – erste Trainingseinheit nach dem Fest. Zuletzt beim Wettbewerb um den Pokal der Landeshauptstadt war sie bereits zufrieden mit ihren Leistungen. 2:09,36 Minuten über die 200 Meter Schmetterling haben die 27-Jährige positiv überrascht.
Aber die Zeit zeigt auch: Es fehlt ihr noch an der Ausdauer und vor allem an der Schnelligkeit, die sie sich nun auf dem langen Weg zur Weltmeisterschaft nach Budapest (Ungarn) im Juli holen will. Für Ende Januar ist dazu auch ihr Start beim Euro Meet in Luxemburg geplant. Und was wünscht sich Franziska Hentke selbst für das Jahr 2017? „Nur Gesundheit, alles andere kommt von allein.“