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Hormonelle Störung mit weitreichenden Folgen Eine kranke Schilddrüse kann für Stimmungstiefs verantwortlich sein

Von Ilka Kreutzträger 11.06.2011, 04:32

Die Sonne scheint, nur ein laues Lüftchen weht und trotzdem fühlt man sich abgeschlagen und müde. Ursache kann eine Schild- drüsenerkrankung sein.

Leipzig/Hamburg (dapd). "Heute soll es Standard sein, dass bei Patienten mit Depressionen oder Stimmungstiefs die Schilddrüsenfunktion getestet wird", sagt die Professorin Dagmar Führer-Sakel vom Universitätsklinikum Leipzig. "Denn Schilddrüsenhormone können sich auf die Psyche auswirken und regelrecht wesensverändernd sein."

"Eine nicht erkannte Schilddrüsenunterfunktion und eine damit einhergehende falsche Behandlung kann eine Depression im Zweifel sogar noch verstärken", sagt Professor Christoph Keck, Gynäkologe am Endokrinologikum Hamburg. Ein Problem, das vor allem Frauen betrifft, die in die Wechseljahre kommen, denn in dieser Lebensphase sei eine depressive Stimmung nicht ungewöhnlich.

Symptome werden oft falsch gedeutet

"Viele Ärzte denken bei Frauen Ende 50, Anfang 60 reflexartig an Wechseljahressymptomatik und nicht zuerst an die Schilddrüse, wenn sie mit depressiver Stimmung in die Sprechstunde kommen", sagt Keck. Untersuche der behandelnde Arzt die Eierstöcke, werde er naturgemäß einen Hormonmangel feststellen und diesen mit Hormonersatzpräparaten behandeln. Die Behandlung der Schilddrüsenunterfunktion werde dann leicht übersehen. "Die Folge der falschen Behandlung kann sein, dass sich die depressive Symptomatik verstärkt und dass es den Frauen immer schlechter geht", sagt Keck.

Die Schilddrüse beeinflusst unseren Körper: Das reicht vom Herz-Kreislauf-System über die Verdauung und die Muskelkraft bis hin zur Aktivität der Schweißdrüsen und dem Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel. Ganz besonders wichtig ist eine normale Schilddrüsenfunktion für das Gehirn. Über die Nahrung wird Jod aufgenommen, der wichtigste Baustein für die Bildung der beiden Hormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4). "Bei Bedarf werden diese Hormone dann aus der Schilddrüse ins Blut abgegeben – und über das Blut in die Zellen, in Herz, Knochen, Fettgewebe oder das Gehirn transportiert", sagt der Arzt. "Deswegen kann mittels einer Blutuntersuchung im Labor herausgefunden werden, ob zu viel oder zu wenig T3 und T4 im Blut sind." Weichen die Werte vom Normbereich ab, müssten weitere Tests durchgeführt werden, um die Ursache der Fehlfunktion zu finden und die richtige Behandlung zu beginnen.

Hirnbilder liefern wichtige Hinweise

Es kommt jedoch nicht selten vor, dass Patienten auch nach einer Behandlung weiter über Beschwerden klagen. Patientinnen, denen die Schilddrüse operativ entfernt wurde, nähmen oft deutlich Gewicht zu. Andere Patienten beklagten mangelnde Leistungsfähigkeit, Konzentrationsstörungen und eine verminderte Lebensqualität. Das bedeute, dass zwar ausreichend Hormone im Bluts vorhanden sind, aber nicht an ihr Ziel gelangen können oder dass man die Hormone über Tabletten nicht im richtigen Verhältnis ersetze.

Eine neue Untersuchungsmethode, die Wirkungen von Schilddrüsenhormonen auf das Gehirn zu untersuchen, stellt zum Beispiel die funktionelle Magnetresonanztomographie (funktionelle MRT) dar. Mit einer Kombination aus Kernspintomographie und funktionellen Tests kann man herausfinden, für welche Hirnregionen und Hirnfunktionen Schilddrüsenhormone besonders wichtig sind.