Industrie Potsdamer Theaterschiff wird in Genthiner Werft flott gemacht
Das passiert mit dem fast 100-jährigen Schleppkahn in den kommenden Wochen.

Genthin - Auch abseits des Wassers hat die Sturmvogel noch etwas majestätisches. 50 Meter lang, sechs Meter breit und vier Meter hoch, liegt der Schleppkahn aktuell auf dem Trockenen auf dem Werftgelände in Genthin. Das riesige Steuerblatt am Schiffsende wiegt knapp 500 Kilo und ist aus massivem Stahl.
Seit 2015 betreibt der Verein „Theaterschiff“ das 1924 gebaute Binnenschiff als Theaterbühne mit Gastronomie. „Alle fünf Jahre müssen wir mit dem Schiff in die Werft, damit uns die Fahrtauglichkeit vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt neu bestätigt wird“, erklärt Timo Schöps* vom Vorstand des Betreibervereins.
Er ist mehrfach in der Woche in Genthin und begleitet die Arbeiten. Eigentlich habe der Verein das Theaterschiff sonst in eine Werft nach Berlin gebracht, aber organisatorische Gründe verhinderten diese Reise. „Wir sind dann auf Genthin aufmerksam gemacht worden und haben rund ein Jahr gemeinsam den Werftaufenhalt vorbereitet“, sagt Schöps.
Dass die Planungen sich so hinzogen, hat auch mit der Finanzierung der Arbeiten durch verschiedene Mittelgeber zu tun. Zu ihnen gehören Bund, Land Brandenburg, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und dem Denkmalpflegeamt. Auch sei die Überführung eine herausfordernde logistische Leistung gewesen. Denn der "Sturmvogel" besitzt keinen eigenen Motor und werde mittels Schlepper auf dem Wasser bewegt.
Genthiner Werft hat überregional guten Ruf

Vorteil sei gewesen, dass der Kontakt zur Genthiner Werft unkompliziert vonstatten ging und man sich schnell einig wurde. Überhaupt habe die Genthiner Werft einen überregional guten Ruf. Etwa bei der „Weißen Flotte“ in Potsdam, die den Theaterleuten nur Gutes über die Mitarbeiter in der Kanalstadt berichteten.
So weiß der Potsdamer Verein sein Schmuckstück in guten Händen. Aktuell wird der Unterboden gereinigt und von Muscheln und Algen befreit, unter anderem da eine Bodenprüfung beim Schiff ansteht, bei der die Materialstärke der Bordwand gemessen wird. „Dort wird dann an 50 Messpunkten geprüft, wie dick die Bordwände sind und ob die Wände noch dick genug sind“, erläutert Schöps die anstehenden Arbeiten.

Oberhalb der Wassergrenze werde das Schiff von der alten Farbe befreit und erhalte einen neuen Anstrich. Auch das Steuerhaus werde erneuert. Wenn alles gut geht, wird der Sturmvogel noch im August wieder in die Heimat zurückkehren und an seinem angestammten Platz in der Schiffbauergasse am Tiefen See in Potsdam zu finden sein. Pünktlich zum Beginn der neuen Spielzeit.
Für Fabian Karbe, Geschäftsführer des Genthiner Werftstandortes ist der Sturmvogel ein weiterer besonderer Gast. „Wir freuen uns natürlich über solche Aufträge, die auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden“, sagt er. Ein ähnlich prominenter Gast ist das Schiff „Kaiser Friedrich“. Ebenfalls bis August wird das historische Fahrgastschiff in Genthin zu Gast sein und auf Elektrobetrieb umgerüstet.
Weitere Aufträge für Berlin und Hamburg

Wenn im Jahr 2024 die neue Ausflugssaison der Flotte beginnt, wird die „Kaiser Friedrich“ für die Reederei „Berliner Welle“ in Berlin unterwegs sein. Aktuell läuft die Produktion für das Wasserwirtschaftsamt Kempten, für das drei Aluminium-Arbeitsboote entstehen. Allerdings wird sich die Auslieferung auf Oktober verzögern. Grund seien unter anderem Lieferengpässe bei verschiedenen notwendigen Bauteilen.
Im August werde hingegen Steuerhäuser nach Tangermünde geliefert. Auf dem dortigen Werftstandort werden drei neue Hafenfähren für Hamburg beziehungsweise die Elbe gebaut. Die Genthiner unterstützen diese Arbeiten mit der Herstellung der Steuerhäuser. „Wir stehen aktuell gut da“, bestätigt Fabian Karbe. Trotz Lieferverzögerungen und Preissteigerungen. Die Auftragsbücher seien bis in das kommende Jahr gefüllt. Auch das sei ein Beleg für den guten ruf der Genthiner.
*In einer ersten Version hatten wir den Gesprächspartner mit dem Namen Henrik Horn bezeichnet. Auch er ist Mitglied im Vorstand des Vereins „Theaterschiff“, war aber nicht der Gesprächspartner in Genthin. Wir haben den Namen daher korrigiert.