Osterwieck Baugebiete sind voll

Der Bedarf nach Eigenheimbauplätzen in Osterwieck ist riesig. Der Ortschaftsrat plant am Fichtenweg ein weiteres Baugebiet.

Von Mario Heinicke 13.12.2020, 00:01

Osterwieck l Man kann nicht behaupten, die Stadt hätte in den vergangenen drei Jahrzehnten nach der Wende keine Bauplätze für Eigenheime gehabt. Allein im „Dichterviertel“ entstanden um die 50 Häuser, im „Blumenviertel“ rund 20, zuletzt an Fichtenweg und Weinberg über 20. Letztere Grundstücke, privat erschlossen und vermarktet, waren schnell verkauft. Mit den vielen einzelnen Bauvorhaben hier und da sind es deutlich über hundert neue Einfamilienhäuser in Osterwieck geworden. Doch der Bedarf ist noch lange nicht gedeckt.

„Uns erreichen fast täglich Anfragen nach Bauland“, berichtete Rathaus-Mitarbeiter Peter Eisemann. Meist seien es junge Familien, darunter auch Rückkehrer in ihre alte Heimat. „Grundstücke gehen weg wie warme Semmeln“, so sein Eindruck. Die Stadtverwaltung ist dran, neues Bauland anzubieten. Indem sie eigenes Land Bauwilligen zur Verfügung stellt und private Vorhaben bei den notwendigen Bebauungsplänen begleitet. Wie am Fichtenweg.

„Fichtenweg III“ heißt der Bebauungsplan, mit dessen Aufstellungsbeschuss sich der Ortschaftsrat  beschäftigt. Die 4500 Quadratmeter große Baufläche befindet sich gegenüber vom Friedhofsparkplatz, ein Informationsschild kündigt das Vorhaben dort bereits an.

Eine Wernigeröder Immobilienfirma möchte hier aktiv werden. „Wir planen mit sieben Häusern“, berichtete deren Vertreter, Gunther Müller. Eigenheime mit Bauträgerbindung, nicht nur an der Straße, sondern auch hinterliegend. Deswegen ist ein Planverfahren notwendig. Müller rechnet mit einem Baustart im Sommer oder Herbst 2022.

Derzeit läuft in Osterwieck bereits ein Bebauungsplanverfahren für das „Issigland“ zwischen altem Westbahnhof und Humanas. Ein kommunales Vorhaben auf eigenem Land. Hier geht es bisher um fünf bis sechs Eigenheimbauplätze, möglicherweise auch noch mehr. Die Stadt ist nun dabei, das Grundstück der früheren WAZ-Ilsetal-Verwaltung vom TAZV Vorharz zu kaufen. Für Januar ist der Notartermin geplant. Außerdem wird eine zusätzliche Erweiterung des Plangebiets auf Privatflächen geprüft. Was in der Praxis bedeutet, dass noch einige Zeit verstreichen wird, bis hier Häuslebauer loslegen können. Ein Bebauungsplanverfahren dauert meist ein bis eineinhalb Jahre.

Das Issigland wird aber mutmaßlich nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein sein und die Lage nur bedingt entspannen. Im Osterwiecker Ortschaftsrat wird noch über eine vor ein, zwei Jahren beräumte Fläche an der Ecke Am Langenkamp/Vor dem Kapellentor gesprochen. Die Bauvoranfrage sei erfolgreich ausgegangen, sagte Eisemann. Ob hier ein oder zwei Häuser entstehen können, dazu soll sich der Ortschaftsrat äußern.

In die Ausschreibung kommen soll nächstes Jahr ein 1200 Quadratmeter großes Eckgrundstück am Fichtenweg hinter dem Friedhof. „Wir haben den Auftrag zur Vermessung erteilt“, berichtete Eisemann. Es werde aber nur Platz für ein Haus bieten.

Um wirklich eine Entspannung auf dem Baulandmarkt zu erreichen, hat die Stadt ganz neu ein Vorhaben zwischen der Straße An der Ilse und dem Ilseradweg im Visier. Mit insgesamt rund zwei Hektar Fläche. Der Kommune gehörte bereits ein Flurstück mit über 4700 Quadratmetern. „Ganz frisch erworben haben wir zwei Flurstücke mit 8271 und 5103 Quadratmetern“, berichtete Eisemann. „Geplant ist hier, natürlich vorbehaltlich der Zustimmung und Beschlussfassung der Gremien, ein Eigenheimgebiet.“ Die genaue Ausgestaltung und Projektierung werde vorbereitet. Im Idealfall kämen zwei private Flurstücke, die eine große, zusammenhängende Fläche bisher trennen, noch dazu. „Dann hätten wir ein geschlossenes Gebiet. Hierzu laufen noch Gespräche.“

Die städtische Wohnungsgesellschaft wird nach dem Abriss ihrer beiden Plattenbauten Vor dem Kapellentor an dieser Stelle nicht nur ein Mehrfamilienhaus errichten, sondern auch fünf bis sechs Eigenheimbauplätze anbieten. Allerdings „frühestens 2022“, schätzt Geschäftsführer Silvio Erdmann. Die Vorbereitungen benötigen Zeit, und Priorität habe der geplante eigene Neubau.

Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, dass es im „Blumenviertel“ seit etwa 20 Jahren noch ein einzelnes Restgrundstück an einer Straßenecke gibt. Offenbar aber nicht attraktiv für eine Bebauung. „Das ist bei uns in einer Dauerausschreibung“, sagte Eisemann.

Im Flächennutzungsplan der Stadt befindet sich ein mögliches Bauland am Kälberbachsweg nördlich des „Blumenviertels“. Peter Eisemann berichtete, dass die Stadt darauf langfristig keine Zugriffsmöglichkeit hätte. Es handele sich um Privatland, das als Acker verpachtet sei.

Auch auf dem Immobilienmarkt ist es nicht leicht, in Osterwieck ein Einfamilienhaus zu erwerben. Nicht nur die Nachfrage, auch die Preise seien gestiegen, berichtete Sandra Hundertmark-Patorra von der Osterwiecker Niederlassung der Volksbank Börßum-Hornburg. „Einfamilienhäuser gehen schnell weg.“ Und die Verkäufer könnten dabei gute Preise erzielen. Diese Entwicklung bestehe schon seit längerem.

Kurzfristig ist also keine Entspannung in Sicht. Aber im Rathaus wird ja nicht nur das Bauland der Kernstadt betreut, sondern auch der anderen Orte in der Einheitsgemeinde. Dort sorgte der Bauboom in Deersheim dafür, dass das vor etwa 25 Jahren über die Gemeinde erschlossene, verhältnismäßig große Wohngebiet „Tiefes Feld“ durch weitere Verkäufe jetzt so gut wie ausgebucht ist. „Nur noch drei Grundstücke sind bisher nicht verkauft, wobei auf zwei von ihnen eine Reservierung läuft“, informierte Peter Eisemann.

Freies kommunales Bauland gibt es derzeit noch in Hessen am Sportplatz. Dort können noch vier Grundstücke bebaut werden. Sie sind zuletzt derart aufbereitet worden, dass die früher hier behindernden Nässeprobleme im Boden beseitigt sind.

Verkauft sind die privat vermarkteten Baugrundstücke im kleinen Gebiet am Schauener Ortsrand. Aber eine Erweiterung ist im Gespräch. Freie Bauplätze gibt es in Dardesheim, ebenfalls privat erschlossen. Für Lüttgenrode besteht ferner ein Bebauungsplan „Dorfstraße“. 3100 Quadratmeter, auf denen bei Bedarf ein Bauträger Fertighäuser erstellen möchte.

„Es wurden in den 1990er Jahren vielerorts Baugebiete ausgewiesen, auf die man eigentumsrechtlich keinen Zugriff hatte und die daher bis heute nicht entwickelt werden konnten“, machte Peter Eisemann auf ein Problem aufmerksam.

Die bereits erwähnte Fläche am Osterwiecker Kälberbachsweg steht dafür als Beispiel. Weiterhin die Baugebiete Siedlung Süd in Lüttgenrode (etwa 1,5 Hektar) und Kahlenberg in Rhoden (etwa 1,9 Hektar). „In beiden Fällen erscheint kurz- bis mittelfristig aufgrund der Eigentümerstruktur schwerlich eine Entwicklung möglich zu sein. Auch potenzielle Erschließungsträger tun sich bei solchen Eigentumsverhältnissen sehr schwer“, erläuterte Eisemann.

Osterwieck hat unterdessen auch eine Altstadt. Die Kommune selbst kann hier aber nur wenig anbieten. Im Hagen gibt es eine kleine Lücke gegenüber der Hafenbar, die neu bebaut werden könnte. Freilich mit Denkmalauflagen. Die Kapellenstraße 5 gehört noch der Stadt, von ihr vor wenigen Jahren notgesichert. Aber eher kein Einfamilienhaus. In der Altstadt warten auch darüber hinaus überwiegend nur noch größere Objekte auf ihre Sanierung.