Langenstein l Eine große Wiese, eine Barackenwand, steinerne Gebäudereste. Schwarzweiß, etwas krisselig. Lange, ruhige Kameraführung, ein Gong. Blick aus einem dunklen Stollen zum hellen Tunnelausgang. Eine Stimme, die aufzählt: "Ein paar Schuhe, ein paar Strümpfe, Mantel, Rock, Hose, ein Unterhemd, eine Unterhose, ein Koffer, ein Drehbleistift..." Und dann die Beschreibung desjenigen, dem diese Alltagsdinge gehören. Es ist ein blonder Mann, 1,69 Meter groß - ein Häftling im KZ Langenstein-Zwieberge.
Im Film die Beine junger Menschen, erkennbar im Heute lebend, dazu die Aufzählung von Nummern, Daten. Und immer wieder der Begriff Malachit.
Malachit - ein schwarzgrünes oder smaragdgrünes Kupfercarbonat. Und Deckname des Konzentrationslagers Langenstein-Zwieberge. Das Außenlager des KZ Buchenwald war 1944 errichtet worden, um für die unterirdische Rüstungsproduktion ein Stollensystem in die Thekenberge bei Halberstadt zu treiben.
Dieser Geschichte widmet sich der kurze Film, den 16 Jugendliche aus verschiedenen Schulen im Harzkreis binnen vier Tagen produziert haben. Sie alle hatten die Einladung des Netzwerkes "Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage" angenommen und trafen sich für eine Woche. Untergebracht im Naturfreundehaus Blankenburg, fanden die Jugendlichen aus der Hagenberg-Schule Gernrode, der Bosse-Schule Quedlinburg, der Seelandschule Nachterstedt und aus dem Woltersdorff-Gymnasium Ballenstedt rasch zueinander, um sich vor Ort intensiver mit der Geschichte des KZ Langenstein-Zwieberge zu befassen und sich kreativ damit auseinanderzusetzen.
Den Jugendlichen stand in dieser Zeit nicht nur die Gedenkstättenpädagogin Gesine Daifi zur Seite. Zum Projektteam gehörten auch Jennifer Fulton, Regionalkoordinatorin der Netzwerkes "Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage", Musiker und Klangtherapeut Peter Filter, die junge Dramaturgin Anna-Maria Schwindack, der Maler Michael Zeitzmann und André Baud, Sohn des Zwieberge-Überlebenden Claude Baud.
Träger des Projekts ist der Quedlinburger Dachverein Reichenstraße, der noch in den Sommerferien einsprang, als mit wochenlanger Verspätung der zuerst angefragte Geldgeber feststellte, das er vergessen hatte, diese Absage zu übermitteln. "Der Dachverein hat uns rasch geholfen und einen Antrag bei der Landeszentrale für politische Bildung gestellt, die mit ihrem Zuschuss das Projekt doch noch ermöglichte", berichtet Hanka Rosenkranz. Die Vorsitzende des Fördervereins der Gedenkstätte war in den vergangenen Jahren mit als Gedenkstättenpädagogin im Einsatz, ihre Abordnung wurde jedoch nicht mehr verlängert. Und so sah auch sie erst am letzten Tag der Projektwoche, was in intensiver Arbeit entstand an Zeichnungen und Filmaterial. "Ein bisschen muss noch am Film gearbeitet werden, zum Beispiel am Tonschnitt", sagt Anna Schwindack, das erledigt sie in diesen Tagen in den Räumen des Dachvereins Reichenstraße.
In dem kleinen Studiokino des Vereins dort soll der Film gezeigt werden. "Wir laden die anderen SoR-Schulen dazu ein", sagt Stefan Helmholz, "mal sehen, wie viele Vorstellungen es werden." (SoR - Schule ohne Rassismus, Anm.d.Red.)
Hoffentlich viele und auch eine öffentliche. Denn die Jugendlichen haben eine erstaunliche Bildersprache gefunden, setzen geschickt Musik, Klänge, Zitate und die eigene, poetische Sprache ein, um das nicht einfach zu begreifende grauenvolle Geschehen begreifbar zu machen. Dass der Film mit klugen Fragen endet, macht ihn noch sehenswerter.