Abwasser Kampf gegen Müll in der Elbe
Nach Starkregen gelangt in Magdeburg Abwasser in die Elbe - und damit immer auch wieder Müll, der über die Toilette entsorgt wird.
Magdeburg l Die Unterwelt der Landeshautstadt ist gigantisch. 1000 Kanalkilometer allein für die Entwässerung schlängeln sich durch Magdeburgs Untergrund. Darunter sind auch die alten Mischwasserkanäle, die nach extremen Regentagen auch heute noch Abwässer in die Elbe befördern. Und mit ihnen einigen Müll. Damit haben die SWM zu kämpfen.
Manch ein Leser rieb sich verwundert die Augen. „Ich dachte, das gehört längst der Vergangenheit an“, so Ilse Tietze am Lesertelefon. Was sie meint, ist das Abwasser, das nach Stark- oder langanhaltenden Regenfällen über Mischwasserkanäle noch immer in die Elbe gelangt. Ganz legal. Das passiert dann, wenn die Speicherkapazität dieser Kanäle, die sowohl das Abwasser aus den Haushalten als auch Regenwasser sammeln, überschritten ist. Allein an der Elbe im Stadtgebiet gibt es 16 solcher Überläufe.
Das Problem: Mit dem durch das Regenwasser stark verdünnten Abwasser landet regelmäßig auch Müll direkt im Fluss. Feuchttücher, Kondome, Binden und Lappen schwammen zum Beispiel schon in der Buckauer Elbe. Hier traten im August zwei extreme Fälle auf, die ein Anwohner deshalb sogar bei der Polizei zur Anzeige brachte. Unzersetzbare Abfälle – aus dem stillen Örtchen sozusagen direkt in die Elbe.
Empörung auch beim Magdeburger Anglerverein. Dieser Zustand sei auf Dauer nicht hinnehmbar, hatte Vereinschef Harald Rohr betont. Doch lässt sich an dem System überhaupt etwas ändern?
Das muss es gar nicht, so betonen die Städtischen Werke Magdeburg (SWM). Bei dem in die Elbe geleiteten „stark verdünnten Abwasser“ liege man bei allen Parametern „weit unter“ den zulässigen Höchstgrenzen. Das System unterliege einer lückenlosen Kontrolle. Es gebe zudem die Auflage, nach Starkregen die Überläufe zu kontrollieren.
„Das machen wir auch“, sagt Unternehmenssprecherin Anja Keßler-Wölfer. „Dann räumen unsere Mitarbeiter den Dreck der anderen weg“, sagt sie mit deutlichen Worten. Denn diese Fremdstoffe gehörten nun mal nicht in die Toilette. Das sei die Verantwortung der Bevölkerung. An technischen Lösungen, wie solche Fremdstoffe ausgefiltert werden könnten, arbeiten die Fachverbände.
An der Existenz von Mischwasserkanälen wird aber auch in den nächsten Jahrzehnten niemand rütteln, macht der zuständige Bereichsleiter Andreas Lehnert klar. Rund 50 Prozent der Kanäle in den Großstädten seien Mischwasserkanäle. In Magdeburg sind es 40 Prozent. Nahezu die gesamte Altstadt ist damit untertunnelt.
Die Kanäle entstanden hier Ende des 19. Jahrhunderts. Zu den Gebieten, die noch heute vorwiegend im Mischsystem entwässert werden, zählen auch Rothensee, Alte und Neue Neustadt, Stadtfeld, Cracau sowie Sudenburg.
Stadtweit gibt es 141 Überläufe, die überschüssiges Abwasser in Strom- und Alte Elbe sowie Bäche abführen. In Buckau habe man 2010 in einen neuen Staukanal und ein neues Mischwasserpumpwerk 11,4 Millionen Euro investiert. Effekt: Wurden vorab 93.490 Kubikmeter Abwasser pro Jahr in Buckau in die Elbe geleitet, seien es jetzt noch 31.500. Also nur noch rund ein Drittel.
„Wir werden das Problem nicht durch Rückbau von Mischwasserkanälen lösen“, sagt Andreas Lehnert. Denn das sei unbezahlbar und werde vom Gesetzgeber auch nicht gefordert. Die Lösung liege vielmehr in größeren Zwischenspeichern und mehr Versickerungsflächen, so dass nach Starkregen die Kanäle nicht so schnell überlastet sind.
Bei Neuerschließungen kommen zudem vorwiegend Trennsysteme zum Einsatz. Und wer heute neu baut, egal ob Eigenheim oder Supermarkt, muss auf seinem Grundstück selbst die Regenentwässerung bzw. -nutzung sicherstellen. Auch ein Beitrag, damit künftig weniger Abwasser in der Elbe landet.