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Freizeit Mit Video: Warum Magdeburg Glacis-Anlagen ein Park zwischen den Welten sind

Die Glacis-Anlagen in Magdeburg sind ein Park, der in Häppchen serviert wird. Schuld ist die Geschichte. Und doch lieben viele Menschen ihn.

Von Martin Rieß Aktualisiert: 18.08.2023, 10:34
Auch wenn die Magdeburger Glacis-Anlagen vom lautstarken Magdeburger Ring, von weiteren Straßen und einer Eisenbahnstrecke durchschnitten werden, schätzen viele Magdeburger den Park als wohnortnahes Grün.
Auch wenn die Magdeburger Glacis-Anlagen vom lautstarken Magdeburger Ring, von weiteren Straßen und einer Eisenbahnstrecke durchschnitten werden, schätzen viele Magdeburger den Park als wohnortnahes Grün. Foto: Uli Lücke

Magdeburg - Rund 80.000 Quadratmeter umfassen die Glacis-Anlagen. Doch wer eine geschlossene Parklandschaft erwartet, in der die zwitschernden Vögel und das Rauschen des Windes in den Blattkronen der Bäume den Ton angeben, wird enttäuscht. Es handelt sich bei den Glacis-Anlagen um ein Areal zwischen den Welten – in mehrerlei Hinsicht. Spiegelt er doch auch den Wandel von einer Festungs- zu einer Industrie- zu einer Autostadt wieder.

 
Glacis-Anlagen: Ein Park für drei Magdeburger Stadtteile.(Kamera: Martin Rieß, Schnitt: Christian Kaldubietz)

Wie der Park durchschnitten wurde

Ausdruck dafür ist, dass der Park heute durch Straßen in Ost-West-Richtung durchschnitten wird, und dass durch die verbliebenen Baumbestände in Nord-Südrichtung der Magdeburger Ring als meistbefahrene Straße den Park durchzieht. Dass geht soweit, dass Teile des Parks nur durch eine Brücke über den Ring, durch eine Passage über die Maybachstraße und durch einen Tunnel unter der Eisenbahn verbunden sind.

Ganz zu schweigen durch den nördlichen Bereich am Editharing, der seit Jahrzehnten von den übrigen Teilen der Glacis-Anlagen gänzlich abgetrennt ist. Verbunden ist er mit dem nächsten Abschnitt über den Fußweg entlang des Adelheidrings – einer der meistbefahrenen Straßen in Stadtfeld-Ost.

Mehr zum Thema: Ausflug in Magdeburgs Parklandschaft - jetzt mit Videos auch zu Nordpark, Schneidersgarten und den Sohlener Bergen

Ein Park für drei Magdeburger Stadtteile

Und auch räumlich kann man von einem Park zwischen den Welten sprechen: Auf der Westseite des Magdeburger Rings gehört er zu Stadtfeld-Ost, dem einwohnerstärksten und gleichermaßen mit viel Selbstbewusstsein ausgestatteten Stadtteil, der ab dem 19. Jahrhundert vor den Toren des ursprünglichen Magdeburgs wuchs.

Der Bereich östlich der Westtangente wiederum gehört zur Altstadt, jenem zentralen Teil Magdeburgs, in dem sich wie in anderen Städten Handel und Wandel konzentrieren. Nur: Vielen Menschen in der Altstadt dürfte gar nicht bewusstsein, dass das auch einer der ihren Parks ist. Der Grund dafür ist einfach: Auf der gesamten Länge zwischen Hauptbahnhof und Hasselbachplatz schirmen Gleisanlagen der Bahn den Park wirksam gegen eine zu große Inanspruchnahme durch die Altstädter.

Kunst im öffentlichen Raum: Im südlichen Teil der Glacis-Anlagen steht der Lebensbaum aus Edelstahl von Son Hag Ky.
Kunst im öffentlichen Raum: Im südlichen Teil der Glacis-Anlagen steht der Lebensbaum aus Edelstahl von Son Hag Ky.
Foto: Martin Rieß

Ein kleines Stück vom großen Glacis-Kuchen haben schließlich auch die Sudenburger abbekommen. Der Südzipfel zählt zu dem Stadtteil, der außer Schneidersgarten ansonsten kaum über entsprechende Flächen verfügt.

Was der Park für die Freizeit bietet

Wenn der Begriff des Freizeitparks nicht schon mit kostenpflichtigen Einrichtungen mit Karussellbetrieb und Achterbahn belegt wäre – womöglich wäre das der treffende Ausdruck für die Magdeburger Glacis-Anlagen. Denn angesichts des omnipräsenten Verkehrslärms kann von Ruhe und Erholung im Grünen kaum die Rede sein – doch an Freizeitmöglichkeiten bietet der durch Straßen zerstückelte Park zwischen dem Stadtzentrum und Stadtfeld-Ost allerhand.

Eine Grillwiese steigert den Freizeitwert der Glacis-Anlagen auf der Westseite der Brücke über den Magdeburger Ring.
Eine Grillwiese steigert den Freizeitwert der Glacis-Anlagen auf der Westseite der Brücke über den Magdeburger Ring.
Foto: Martin Rieß

Zum einen findet sich hier eine der acht Grillwiesen der Landeshauptstadt. Unweit der Brücke, die zwei Teile des Parks über den Ring verbindet, erstreckt sie sich von der Rampe über eine Wiese hinab bis zum Baumbestand. Dieser Bereich wird gern benutzt, es vergeht kaum ein Tag, dass hier keine Menschen halt machen. Nicht allein zum Grillen, sondern auch, um Ball zu spielen oder einfach nur um auf einer Decke auf der Wiese zu liegen, um zu lesen.

Spielen im „Haus in den Bäumen“ in Magdeburg

Einen weiteren Freizeitwert bietet ein Spielplatz. Auch wenn das östliche Stadtfeld beispielsweise mit den Anlagen auf dem Schellheimerplatz, an der Schenkendorfstraße oder an der Motzstraße auch über größere Spielplätze verfügt – mit seinem Baumhaus und einem Pfahlhaus und einer Rutsche ist auch er attraktiv. Passend zu den hohen Gehölzen rundherum trägt er den Titel „Wohnen in den Bäumen“.

Im Herzen des Parks lockt ein Spielplatz mit Stelzenhaus, Klettermöglichkeiten und Rutsche die Kinder zu einem Besuch.
Im Herzen des Parks lockt ein Spielplatz mit Stelzenhaus, Klettermöglichkeiten und Rutsche die Kinder zu einem Besuch.
Foto: Martin Rieß

Gleich doppelt berücksichtigt sind in dem Park die Belange von Hundebesitzern. Da nämlich in Magdeburg im öffentlichen Bereich bis auf die Hundeauslaufwiesen eine Leinenpflicht herrscht, sind die entsprechenden Wiesen bei den Vierbeinern ebenso wie bei ihren Herrchen gefragt. Und die Glacis-Anlagen können gleich mit zwei entsprechenden Flächen aufwarten. Eine Hundewiese befindet sich im Bereich der Maybachstraße, die andere im Süden nahe dem Platz des 17. Juni. Ein Grund, dass der Park so großzügig mit entsprechenden Flächen bedacht wurde, mag an seiner langgestreckten Form liegen: Für mehrere Wohngebiete kann der Bedarf nach entsprechenden Flächen gedeckt werden.

In unmittelbarer Nachbarschaft zu den Glacisanlagen befinden sich Überreste der Magdeburger Festung, unter anderem das zu einem Zentrum für Festungsgeschichte weiterentwickelte Ravelin 2. Ebenfalls in Nachbarschaft und in altem Festungsgemäuer sitzt die Partylocation der „Insel der Jugend“. Zwar sind die beiden Orte abseits von Veranstaltungen nicht frei zugänglich – doch mit Veranstaltungen wie dem Glacis-Open-Air machen sie immer wieder gemeinsame Sache und sorgen wie auch 2023 für Leben im Park.

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In Teilen sind die Wege gut asphaltiert, so dass die Glacis-Anlagen zudem für Skater ebenso wie für Menschen mit Mobilitätseinschränkung attraktiv sind.

Gastronomie: Eine Parkgastronomie gibt es in den Glacis-Anlagen nicht. Und auch in direkter Nachbarschaft sieht es eher mau aus. Für Kaffee, Cola Döner und Bockwurst können Besucher beispielsweise einen Abstecher in den Hauptbahnhof, zum Hasselbachplatz oder in die Stadtteilmitte von Stadtfeld-Ost unternehmen.

Blick in die Blüte einer Lilie: Im mittleren Bereich des Parks gibt es auch eine Blumenrabatte.
Blick in die Blüte einer Lilie: Im mittleren Bereich des Parks gibt es auch eine Blumenrabatte.
Foto: Martin Rieß

Geschichte: Nachdem der Zwang der Festung zur freien Schussbahn um die Altstadt im 19. Jahrhundert gebrochen war, wuchsen um die Stadt die Parks, Nordpark – zunächst genutzt als Friedhof –, Klosterbergegarten, Hohepfortewall beispielsweise. Zu diesem Ring gehören auch die Glacis-Anlagen. Zunächst ein Spazierweg an den Festungsmauern, musste dieser mit dem Bau der Eisenbahnstrecke westwärts in Richtung des damals noch nicht bebauten Stadtfelds weichen. Um 1870 wurden die Parkanlagen nach den Ideen von Gartendirektor Paul Viktor Niemeyer entwickelt.

Mit dem Wachstum der Stadt wurden aber Straßen durch den Park gelegt. Und in den 1970er Jahren waren die Verkehrsplaner wohl froh, mit den Glacis-Anlagen Platz für die neue Magdeburger Stadtautobahn gefunden zu haben, für den keine Wohnhäuser abgerissen oder Gewerbeflächen geräumt werden mussten. Dies bedeutet nicht allein einen weiteren Flächenverlust – durch den Verkehrslärm verlor der alte Park deutlich an Aufenthaltsqualität.

Name erinnert an eine Festungsanlage

Der Name Glacis erinnert bis heute an die Geschichte. Der Begriff steht ursprünglich für eine sanft ansteigende Erdanschüttung, die sich von der Feldseite her vor dem Graben erstreckt. Diese Konstruktion ermöglichte den Verteidigern auf den Wällen eine freie Schusslinie und minimierte potenzielle Deckung für Angreifer, indem tote Winkel vermieden wurden.

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Natur: Die Glacis-Anlagen verfügen über vielfältige und alte Baumbestände. Die ältesten von ihnen sind Eschen, Stieleiche und Purpurkastanie, die um 1930 gepflanzt wurden und die am Rand des Parks nördlich der Einmündung der Gerhart-Hauptmann-Straße auf dem Adelheidring wachsen.

Nur über die Hauptstraße des Adelheidrings mit den übrigen Teilen verbunden ist die Parkanlage am Editharing.
Nur über die Hauptstraße des Adelheidrings mit den übrigen Teilen verbunden ist die Parkanlage am Editharing.
Foto: Martin Rieß

Unweit des Spielplatzes gibt es eine 30 Meter hohe Esche, auf der Altstadt-Seite ebenfalls zwei Bäume dieser Art und diesen Ausmaßes sowie eine 31 Meter hohe Schwarzpapel-Hybride als höchsten Baum des Parks.

Unterhalb der Glacis-Anlagen befinden sich Reste der Festung und der Festungsgraben Künette. Der Bereich ist für Besucher gesperrt.
Unterhalb der Glacis-Anlagen befinden sich Reste der Festung und der Festungsgraben Künette. Der Bereich ist für Besucher gesperrt.
Foto: Martin Rieß

Anfahrt in die Magdeburger Glacis-Anlagen

Bus und Straßenbahn: An mehreren Stellen gelangen Fahrgäste des öffentlichen Personennahverkehrs in die Glacis-Anlagen. Fußläufig zu erreichen sind beispielsweise der Hauptbahnhof und der Haltepunkt Hasselbachplatz ebenso wie die Bushaltestelle Maybachstraße der MVB-Linie 59 und die Straßenbahnhaltestellen Adelheidring und in etwas weiterer Entfernung Kölner Platz, Gerhart-Hauptmann-Straße, Hasselbachplatz und Leipziger Straße/Halberstädter Straße.

Das sind die Glacis-Anlagen in Magdeburg.
Das sind die Glacis-Anlagen in Magdeburg.
Kartenmaterial: Mapcreator.io / Grafik: prePress Media Mitteldeutschland GmbH

Fahrrad: Die mittleren und südlichen Bereiche des Parks sind gut für Fahrräder erschlossen. Der ausgeschilderte Glacis-Radweg verbindet Buckau mit dem Neustädter Feld und führt auch durch die Glacis-Anlagen.

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Auto: Das Auto kann man in einigen Anliegerstraßen abstellen, wenngleich der Parkdruck in den angrenzenden Wohngebieten nicht unerheblich ist. Kostenpflichtig ist ein fußläufig erreichbarer Parkplatz an der Maybachstraße neben dem Konrad-Adenauer-Platz.