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Mittelalterfest Fantasiewesen erobern Walbeck

Turmfalken sind Gastgeber der 17. Irisch-Keltischen Mittsommernacht an der Stiftskirchenruine. Warum beim Spektakel das Fratzenschneiden verboten ist. Sehen Sie Fotoimpressionen von den Akteuren!

Von Anett Roisch Aktualisiert: 01.07.2024, 18:16
Die Orks sind grottenhässlich und tragen Kleidung aus Tierhäuten und Fellen. Wie gut, dass eine Elfe die Mächte des Bösen in Schach hält.
Die Orks sind grottenhässlich und tragen Kleidung aus Tierhäuten und Fellen. Wie gut, dass eine Elfe die Mächte des Bösen in Schach hält. Foto: Anett Roisch

Walbeck. - Wie ein Wirbelwind tanzt Lina als Gespenst mit den anderen „Hagenwichteln“ bei der Irisch-Keltischen Mittsommernacht zwischen den Elfen, Orks, Rittern, Gauklern, Fabelwesen und Handwerkern herum.

Ugluck der Bucklige (v.l.), der Marktvogt und Narr Klausi führen den Umzug an.
Ugluck der Bucklige (v.l.), der Marktvogt und Narr Klausi führen den Umzug an.
Foto: Anett Roisch

„Musiker lassen ihre Klänge schmettern. Händler bereichern mit einzigartigen Waren den Markt. Wirtsleute sind gekommen, um die Gäste mit edlem Speis’ und Trank zu beglücken. Das Volk ist da, um zu staunen und zu feiern“, verkündet der Marktvogt und verliest die mittelalterlichen Marktregularien. Darin verordnet ist, dass das Maul zu halten sei, wenn der Marktvogt spricht. Weibsbilder sollen sich keusch verhalten und auch nicht ihren nackten Busen zeigen. „Man kann sich auch in der Sonne braten lassen. Wir haben dafür vorn noch ein paar Plätze frei“, ergänzt Ugluck der Bucklige. Ugluck motiviert das Volk – trotz Hitze – mit Handgeklappere zu beweisen, dass es noch froh und munter sei. „Jeder hat unseren Spott verdient – ohne Ausnahme“, betont der Vogt und gesteht, dass niemand beim Durch-den-Kakao-Ziehen ausgegrenzt werden dürfe.

Lina gehört zu den kleinen Geistern im Programm der Kita „Hagenwichtel“.
Lina gehört zu den kleinen Geistern im Programm der Kita „Hagenwichtel“.
Anett Roisch

„Sollte einer von euch bei dem Fest Fratzen schneiden oder trotzig dreinschauen, werde dieser aus der Stadt geworfen“, droht der Vogt. Erklärt wird, woher das Wort Schlitzohr kommt: „Handwerker trugen einen Ring im Ohr. Wenn sie ihre Kunden betrogen haben, wurde ihnen zur Strafe der Ring rausgerissen.“ Heute könnten Schlitzohren einfach einen Insolvenzantrag stellen und am nächsten Tag mit einem anderen Namen ihre Geschäfte weiter führen.

Als Kumpaneien werden die Roten Adler willkommen geheißen. Zu den Gästen zählen auch die edlen Recken und die holden Maiden aus Hannover. Die Orks aus der Unterwelt, die wahrlich furchterregend aussehen, sorgen für Angst und Schrecken. „Ich bin hier, um Sklaven einzufordern – aus jeder Familie der Jüngste“, brüllt der Anführer der gruseligen Wesen. Die bösen Mächte schlagen sich mit Schwertern gegenseitig die Köpfe ein. Wie gut, dass dann eine Elfe auftaucht, die mit Zauberkraft und der Hilfe der Kinder das Böse vertreibt.

Schmied Jo zeigt seine Kunst.
Schmied Jo zeigt seine Kunst.
Foto: Anett Roisch

„Jeder soll so viel fressen und saufen, wie mit aller Gewalt hineingeht“, heißt es. Alle sollten ihr Geldsäckel leeren, die nicht allzu sehr auf den Hund gekommen sind. Die Redewendung „Auf den Hund gekommen“ stamme aus dem Mittelalter. „Die meisten Leute hatten damals eine Truhe, auf deren Boden ein Hund gemalt war. Der Hund sollte das Geld vor Dieben bewachen. Gleichzeitig bedeutete diese Sitte, dass man kein Geld mehr hatte, sobald der Hund in der Kiste zu sehen war. Hatte man all sein Geld ausgegeben, war man also auf den Hund gekommen“, erklärt der Bucklige.

Byanca und Björn Ernst sind ein Hingucker.
Byanca und Björn Ernst sind ein Hingucker.
Foto: Anett Roisch

Marc Blanck als erster Mann des Magistrates der Stadt gesteht, dass die Kommune in Sachen Finanzen auf den Hund gekommen sei. Aus diesem Grund wäre es so wichtig, dass die Vereine vor Ort unterstützt werden. Blanck überreicht einen Geldschein und bedankt sich: „Ohne die Turmfalken und die vielen Freiwilligen funktioniert so ein großes Fest nicht.“

Der Vogt erklärt: „Heute steht unser Martin Herrmann als Walbecks Ortsmagistrat das letzte Mal in seiner Funktion auf der Bühne.“ Gemeinsam mit Mario Bernsdorf, dem Vorsitzenden der Turmfalken, habe der Vogt sich Gedanken gemacht und dabei die Nacht durchgezecht. „Wie kann man einem Mann, der 16 Jahre mit Rat und Tat sowie vor allem mit seiner sehr menschlichen und sympathischen Art uns begleitet hat, danken?“, fragt der Marktchef und überreicht einen „Stolpermann“. Herrmann trinkt das Gesöff sofort aus. „Alles hat mal mit einem Ritteressen angefangen. Damals musste ich alle halbe Stunde die Glocke läuten, damit wieder getrunken werden konnte“, erinnert sich der Ortsmagistrat und wünscht den Turmfalken für die Zukunft alles Gute.

Ritter und Burgfrauen singen und tanzen für die Gäste des Mittelalterfestes.
Ritter und Burgfrauen singen und tanzen für die Gäste des Mittelalterfestes.
Foto: Anett Roisch

„Wenn wir in Walbeck unser Lager aufschlagen, ist es so wie nach Hause kommen“, beschreiben die Akteure. „Es gibt auch neue Händler, die begeistert sind und sagen, dass sie zuvor nicht gewusst haben, dass Walbeck so schön sei“, erzählt Ilona Sorge, die zum Vorstand gehört und die Organisation des Festes in ihrer Regie hat.

Gespenst Lina möchte auf jeden Fall im nächsten Jahr wieder mit ihren Ritterfreunden um die Ruine herumgeistern.