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Windrad Die Anlage läuft und läuft und läuft

Vor 20 Jahren ging das Windrad der Familie Dieckmann ans Netz. Die Privatleute hoffen, dass die Anlage noch lange Strom erzeugt.

Von Ralf Franke 24.07.2017, 20:00

Bretsch l Früher war das Windrad von Friedrich und Marietta Dieckmann am Ortsrand von Bretsch noch etwas besonderes. Quasi eine Anlage mit Alleinstellungsmerkmal. Denn erst an der Kreveser Feldscheune gab es 1997 zwei vergleichbare Windmühlen.

Wenn auch unter anderen Vorzeichen gilt das Alleinstellungsmerkmal immer noch. Zum einen, weil der Turm – wenn auch nicht mehr auf weiter Flur, aber in einem gewissen Umkreis – wirklich für sich alleine dasteht. Zum anderen, weil das Bauwerk, das einst in Privatinitiative auf eigener Scholle das Licht der Welt erblickte, mit 20 Betriebsjahren sozusagen der Methusalem unter den Windrädern ist, die im Umland in Form ganzer Parks aus der Erde geschossen sind. Und – nebenbei gesagt – nicht nur Zustimmung genießen. Denn die geflügelte Konkurrenz ist mittlerweile fast dreimal so hoch beziehungsweise ausladend wie die alte Enercon E 40 und überragt damit längst den Dequeder Fernsehturm.

Allerdings sind die jungen Wilden auch um ein mehrfaches leistungsfähiger als die Anlage der Familie Dieckmann, die auch deshalb wieder etwas besonderes ist, weil gleichalte Bauten oft schon verschwunden und durch größere und modernere Exemplare ersetzt sind – repowert, wie das neudeutsch heißt.

Letzteres kommt für die beiden Bretscher Windradpioniere höchstwahrscheinlich nicht in Frage, weil der Standort kein ausgewiesenes Vorranggebiet ist. Aber so lange die Anlage Bestandsschutz genießt und so lange sie mit vertretbarem Aufwand in Gang zu halten ist, so lange wird sie auch Strom produzieren. Deshalb sollen in diesem Jahr übrigens alle drei Flügel demontiert und beim Hersteller wieder aufgearbeitet werden.

Na klar hat das einen Preis ebenso sie wie die regelmäßigen Wartungen. Dafür muss der Windmüller eben Rücklagen bilden. Diese Ausgaben, aber auch Vater Staat sorgen dafür, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, lässt Friedrich Dieckmann durchblicken, dem bekannt ist, was für Geldsummen in den großen Parks bewegt werden. Aber da, so der Bretscher, mache es die pure Masse und die Leistungsfähigkeit, die mit einer Nennleistung von deutlich über drei Megawatt mehr als das Sechsfache über dem seiner Anlage liegt, die seinerzeit mit 500 Kilowatt konzipiert wurde.

Allerdings hat die Bretscher Anlage einen wichtigen Vorteil gegenüber ihren größeren Brüdern, der für ein langes Windradleben spricht. Bei Dieckmanns sitzt der Generator nämlich auf der Nabe. Ein Getriebe, das verschleißt oder Öl verbraucht, ist damit überflüssig. Was damals seinen Preis hatte, weshalb der Windmüller auch vom Mercedes unter den Anlagen spricht.

Auf die Frage, ab wann sich die Investition gelohnt habe, antwortet Dieckmann ohne zu zögern „vom ersten Tag an“. Allerdings spricht da vor allem der Freund regenerativer Energien aus ihm. Denn rechnerisch amortisiert hatte sich das Windrad erst nach zwölf Jahren. So lange verdiente vor allem erst einmal die Bank an dem Windrad. Außerdem sorgten Kupferdiebe vor ein paar Jahren für einen herben Rückschlag (wir berichteten).

Erfahrung mit Energieerzeugung hat der Fernmelde-Spezialist im Ruhestand übrigens schon vor der E 40 gemacht. Bereits zu DDR-Zeiten konstruierte er auf seinem Hof ein Windrad mit einem Rotor-Durchmesser von sieben Metern, das der Kraft des Windes allerdings nicht lange standhielt. Die Windmüllerei wurde ihm genau genommen sogar in die Wiege gelegt. Der Großvater war Müller. Und sein Vater war der letzte in Bretsch, der bis zum Zweiten Weltkrieg mit der Kraft des Windes Korn zu Mehl mahlte. Was auch ein Grund dafür ist, warum Friedrich Dieckmann im örtlichen Heimatverein bei dem Museumstagen regelmäßig in die Rolle des Müllers schlüpft.

Dieses Kostüm blieb am Sonnabend allerdings im Schrank, als er und seine Frau Gäste beziehungsweise Gratulanten zum 20. Windradgeburtstag vor Ort empfingen und mit Hilfe des Bretscher Gasthofes bewirteten. Die Resonanz aus der Gemeinde und dem Umland war trotz des regnerischen Wetters sehr gut, was für die Akzeptanz spricht. Wer es sich zutraute, durfte Sicherheitsgeschirr anlegen, die Leiter zum „Balkon“ knapp unter der Nabe erklimmen und seinen Blick über die „Altmärkische Höhe“ schweifen lassen.