Trauer auch in der Altmark Wir sind Magdeburg
Im Altmarkkreis Salzwedel läuten am Sonnabend um 17 Uhr die Glocken vieler Kirchen. In Gardelegen ist die Marienkirche offen für ein gemeinsames stilles Gedenken.
Gardelegen. - 17 Uhr am Sonnabendabend. Wie in vielen Orten der westlichen Altmark läuten die Glocken der Marienkirche, verstummen schließlich. Die Menschen im Gotteshaus schweigen. Minutenlang. Pfarrer Tobias Krüger unterbricht schließlich die Stille. Im „Schreck angesichts des Unvorstellbaren“ sollte niemand allein sein an diesem Abend, betont Krüger.
Mit Blick auf das furchtbare Leid nach dem Attentat auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt, einem Ort, an dem wohl jeder - schon mal oder auch gerade erst - war, so Krüger, solle die Marienkirche und die Gemeinschaft Raum bieten „für Trauer und Gedenken“. Auch für Dankbarkeit sei Platz, mit Blick auf die Helfer und die Retter, „die gestern Abend da waren, es jetzt teilweise immer noch sind“, erinnert der Pfarrer. Und er mahnte die Anwesenden, „dem Hass keinen Raum zu geben“, weil Hetze die Hoffnung zerstört.
Krisenstab in Gardelegen nach dem Magdeburger Attentat
Bereits am Sonnabendmorgen hatte sich im Gardelegener Rathaus ein Krisenstab zusammengesetzt. Gemeinsam sei entschieden worden, die fröhliche Tradition des Kalendertürchens auf dem Rathausplatz ausfallen zu lassen, ebenso den Glühweinausschank, informierte Krüger über das Ergebnis der Beratung.
Anstelle dessen habe man sich in der Runde der Verantwortlichen der Stadt und der evangelischen Kirchengemeinde darauf verständigt, die Marienkirche für einen Ort des Stillen Gedenkens für alle Menschen zu öffnen. Und so wurde das Gotteshaus am Sonnabendabend symbolisch zu einem Kalendertürchen. Die Tür blieb weit offen.
Bürger werden über das Gedenken in Gardelegen über Sozial Media informiert
Über die sozialen Netzwerke, auch auf der Homepage der Stadt Gardelegen waren die Bürger über diese Entscheidung informiert worden. Für jene, die es noch nicht gelesen hatten, wurden Schilder an der Weihnachtshütte angebracht. Und viele, viele kamen, nahmen das Angebot zum gemeinsamen Gedenken gern an.
Ein weiteres, starkes Symbol gab schließlich allen das Gefühl von Gemeinschaft: Seit wenigen Tagen steht das Licht aus Bethlehem auch in der Gardelegener Marienkirche. An ihm entzündete zunächst Küster Maik Klopp eine große Kerze. Und Pfarrer Tobias Krüger forderte die Menschen auf, dasselbe zu tun, also Teelichter anzuzünden, um diese dann auf den Stufen vor dem Altar abzustellen. „Nutzen Sie es als Zeichen für Trauer, für Dank oder für ein Gebet“ und nicht zuletzt „für Hoffnung“, sagte Krüger.
Weit über 200 Kerzen leuchten für die Opfer
Am Ende waren es weit mehr als 200 Teelichter, die den Altarraum beleuchteten. Gekommen waren Menschen eines jeden Alters, etliche trugen die Uniform der Gardelegener Feuerwehr. Auch Familien mit Kindern reihten sich in die Schlange ein, zündeten Teelichter an der Kerze mit dem Licht aus Bethlehem oder untereinander an.
Eine junge Familie war extra aus Bismark gekommen, um gemeinsam mit anderen zu trauern. Töchterchen Thora durfte selbst ein Licht entzünden. „Wir haben ihr erklärt, dass in Magdeburg etwas Schlimmes passiert ist, und dabei auch Kinder verletzt wurden“, sagen Mandy Thur und Jens Zissler bewegt. „Alles andere erklären wir ihr wohl später“, und: „Es ist gut, dass man hierherkommen kann, und dass so viele da sind.“